Neuer Fund im Hohle Fels

Forschende sprechen vom „Zeitalter des Mammutelfenbeins“

Tübinger Archäologen haben das bislang größte altsteinzeitliches Werkzeug im Unesco-Welterbegebiet geborgen. Das wird nun im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren ausgestellt.

Große Epochen der Menschheitsgeschichte tragen ihre Namen aufgrund in dieser Zeit vorherrschender Materialien: Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit. Jetzt sprechen Tübinger Archäologinnen und Archäologen vom „Zeitalter des Mammutelfenbeins“ und meinen damit jene Zeit, als vor 40.000 Jahren die ersten anatomisch modernen Menschen auf der Schwäbischen Alb ankamen.

Anlass sind große Gerätschaften, die im Unesco-Welterbegebiet „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ geborgen wurden. Mit einer Länge von 24,7 Zentimetern, einem Maximalumfang von 10,4 Zentimetern und einem Gewicht von 168 Gramm haben sie nun das bislang größte rundum formbearbeitete Elfenbeingerät aus dem Hohle Fels nahe Schelklingen geborgen.

Fund ist 39.000 Jahre alt

Das Team um Professor Nicholas Conard vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen deutet das Objekt als ein großes Werkzeug unbekannter Funktion, das in einen Meißel umgearbeitet worden war. „Der Fund ist datiert auf 39.000 Jahren vor heute und entspricht einem bedeutenden Beleg für die ungewöhnlich häufige und vielfältige Nutzung von Mammutelfenbein bei den ersten modernen Menschen im Oberen Donauraum“, sagte Professor Conard bei der Präsentation des Stücks als „Fund des Jahres“ am Donnerstag im Urgeschichtlichen Museum Blaubeuren.

„Die Frauenfigurine vom Hohle Fels, die Mammutelfenbeinflöte aus dem Geißenklösterle, die kleine Mammutfigur aus dem Vogelherd – sie sind berühmt, weil sie zu den ältesten Kunstwerken und Musikinstrumenten zählen. Am Anfang der Jüngeren Altsteinzeit war Mammutelfenbein das bevorzugte Material für praktische Werkzeuge und Kunst“, sagt Conard.

Schon bei Grabungen im Jahr 2019 waren drei Elfenbeinmeißel mit einer Länge zwischen 14 und 22 Zentimetern aus dem Hohle Fels geborgen worden. Der Frage, wie und wozu die Meißel gefertigt und genutzt wurden, ist Dr. Sibylle Wolf, wissenschaftliche Mitarbeiterin am SHEP, gemeinsam mit einem Archäologieteam experimentell und analytisch nachgegangen: Vor dem Schnitzen von Kunst- oder Schmuckobjekten mussten die Menschen kleinere Elfenbeinstücke aus dem Stoßzahn eines Mammuts gewinnen und häufig auch spalten – das ist mit keilförmigen Elfenbeinwerkzeugen sehr gut möglich. „Dieser Werkstoff ist hart und flexibel genug“, erklärt Wolf.

Zu sehen ist das Elfenbeinobjekt von nun an als Fund des Jahres in einer Kabinettausstellung bis 9. November 2025 im Blaubeurer Museum.

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