Vom Durchhalten und Weitermachen

Seit 29 Jahren hilft sie in Uganda: Warum machen Sie das immer noch, Frau Dingler?

Helene Dingler aus Könisgbronn engagiert sich zusammen mit anderen Helfern seit fast drei Jahrzehnten für Kinder, Jugendliche und Frauen in Uganda. Dabei hatte sie immer wieder große Probleme zu lösen. Ein Gespräch über Motivation, Vertrauen und das Loslassenkönnen.

Helene Dingler hat schon viele Probleme gelöst. Sie hat es geschafft, dass Hunderte Pakete mit lebenswichtigen Medizinprodukten in Nord-Uganda ankamen, als dort Krieg war. Sie hat mit Spenden unzähligen schwangeren Frauen ärztliche Versorgung ermöglicht, ohne die diese kaum eine Überlebenschance gehabt hätten. Und sie hat Hunderten von jungen Menschen eine Ausbildung ermöglicht, die heute ihre Familien deswegen ernähren können. Doch nun gibt es einen neuen Gegner, ein neues Problem, gegen das auch Helene Dingler nichts unternehmen kann. Es ist nicht die Korruption im Land, es sind keine marodierenden Banden, es ist schlimmer, denn es ist der Klimawandel.

Was dieser seit Jahren in Uganda anrichtet, erzählt Helene Dingler, sei fatal. „Früher konnte man die Uhr danach stellen, wann die Regenzeit beginnt“, sagt sie. „Das stimmte geradezu auf den Tag.“ Heute fehle der Regen oft monatelang komplett. Oder es regnet zu spät und dann zu viel, sodass die zuerst halb vertrocknete Aussaat auf den Feldern anschließend absäuft. Die Folgen: steigende Lebensmittelpreise, Knappheit, Hunger. Familien, die schon nicht für Getreide bezahlen können, können ihre Kinder wiederum nicht mehr in die Schule schicken, denn das kostet Schulgeld. Die Zahl der Schulabbrecher steigt, mit ihnen die Zahl derer, die nie einen Beruf erlernen. Ein Teufelskreis.

Ein bisschen weniger machen, ein bisschen mehr loslassen

Für Helene Dingler ist das dennoch kein Grund, aufzuhören. Seit fast 30 Jahren unterstützt sie die Arbeit der Comboni-Missionare in Uganda. „Da kommt man rein und kann nicht mehr raus“, sagt sie. Zehnmal war sie selbst im Land. „Wer einmal dort war, den lässt das nicht mehr los.“ Loslassen muss sie selbst inzwischen dennoch ein wenig. „Ich mache, was ich schaffe, aber ich habe schon reduziert“, sagt die 88-Jährige. So bindet sie zwar immer noch fast jeden Tag Gestecke und töpfert Figuren. Doch verkaufen möchte sie ihr Kunsthandwerk für den guten Zweck nur noch auf Märkten, „wo ich ein festes Dach über dem Kopf habe“, erklärt sie und lacht.

Seit 1996 verkauft Helene Dingler Floristikgestecke für Projekte in Uganda. Hier ein Bild von 1998. Foto: Archiv

Weil sie selbst nicht mehr nach Uganda fahren kann und möchte, setzt sie – vielleicht noch mehr als bisher – auf Kooperationen mit anderen Vereinen. „Man muss vertrauen, was vor Ort passiert, aber man muss auch kontrollieren.“ Vertrauen funktioniere nur dort, wo sie die Menschen seit Jahren persönlich kennt. Und selbst dort hat sie immer wieder mit Unsicherheiten leben müssen. „Teils hatte ich während des Bürgerkriegs wochenlang kein Lebenszeichen“, erinnert sie sich. Dabei steht so viel auf dem Spiel.

„Wir kontrollieren jeden Euro“

An acht Orten unterstützt sie Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten. Über 1000 Pakete hat sie versandt, sammelt nicht nur Geld, sondern auch Spielzeug, Verbandsmaterial und alles, was eben so gebraucht wird.

Die Verantwortung ist groß, denn die Menschen, die ihr Spenden anvertrauen, verlassen sich darauf, dass die Hilfe ankommt. Deswegen ist Dingler bei diesem Thema kompromisslos: Alles muss dokumentiert, jede Summe quittiert und für jede Ausgabe vor Ort ein Beleg erbracht werden. „Wir kontrollieren jeden Euro“, sagt sie entschieden.

Doch das Geld sei das eine. Es müsse auch jemand vor Ort nachschauen, Kontakte aufrechterhalten, sich einen Eindruck verschaffen. So könne sie Phasen der Unsicherheit besser aushalten. Mit zwei anderen Vereinen arbeitet sie deswegen nun stärker zusammen. „Ich setze große Hoffnung darauf, dass die das auch fortführen“, sagt sie – wohl wissend, dass sich auch für ihre Uganda-Hilfe die Frage der Nachfolge stellt. Wie diese genau aussehen wird, muss sich noch zeigen, sagt sie. Ihre Spender hier in Deutschland wird sie eines Tages wohl direkt an die Comboni-Missionare in Ellwangen verweisen.

Als Protestantin für Katholiken sammeln?

Doch so weit ist es noch nicht. Noch hat sie selbst in der Hand, für welche Station sie jeweils am dringendsten sammelt, weil dort gerade die Lage am schwierigsten ist. Ein Zustand, den sie seit vielen Jahren kennt: Ist dort ein Problem gelöst, erscheint woanders ein neues. Wobei es Probleme nicht nur in Uganda zu lösen galt und gilt. Auch in Deutschland musste sie über die Jahre Überzeugungsarbeit leisten. Zum Beispiel, weil sie als Protestantin für katholische Missionare sammelt. Oder weil sie sich als Frau aus der eher traditionell geprägten Landwirtschaft für Kinder in Afrika einsetzt. Nicht alle hatten und haben dafür Verständnis.

Helene Dingler bei ihrem dritten Besuch in Uganda. Hier zu Gast beim inzwischen pensionierten Pater Josef Gerner in der Pfarrei Kitgum. Foto: privat

Um ihre Ideen und Vorhaben auch gegen Widerstände durchzusetzen, brauchte sie immer Geduld. „Laut war ich nie“, sagt sie. Eher beharrlich. „Aber wenn man helfen kann, dann muss man doch.“ Deswegen macht sie weiter, trotz Klimawandel, der so vieles von dem, was sie mit aufgebaut hat, nun ernsthaft gefährdet. 

Spenden und Kooperationen

Mit dem Verein Lichtstrahl aus Münster und dem Verein Begegnungen mit Menschen aus Wasserburg am Inn arbeitet Dingler seit einiger Zeit enger zusammen. Beide engagieren sich ebenfalls in Uganda und schicken Mitglieder in die von Dingler betreuten Stationen, um von dort zu berichten.

Jüngst kamen beim Schülerlauf in Königsbronn 4000 Euro für die Uganda-Hilfe zusammen.

Beim Straßenfest in Königsbronn wird Dingler Kränze, Töpferwaren und Gestecke verkaufen. Der Erlös fließt in ihre Projekte in Uganda.  

Spenden sind möglich über die katholische Kirchengemeinde Königsbronn. Das Spendenkonto ist zu finden unter www.koenigsbronn.de in der Rubrik Vereine und dort unter Uganda-Hilfe/Katholische Kirchengemeinde.