„Es gibt ganz viel Hoffnung“

Wie es dem zweijährigen Oliver aus Königsbronn nach seiner Rückkehr aus Mexiko geht

Ein Augenblick verändert alles: Bei einem Unfall in Mexiko wird der zweijährige Oliver aus Königsbronn lebensgefährlich verletzt. Querschnittsgelähmt kämpft er nun um jede Bewegung – und die Familie Staub-García kämpft mit ihm, zwischen Operationen, Therapie und der Hoffnung auf Fortschritte. Wie sich sein Zustand durch die Operationen verändert hat:

Ein Unfall, der alles veränderte: Am 17. April war die Familie Staub-García aus Königsbronn in Mexiko, um ihre Familie zu besuchen, als ihr Auto von einem Geldtransporter mit hoher Geschwindigkeit erfasst wurde. Während die nun fünfjährigen Zwillinge Julian und Sebastian leicht verletzt wurden, erlitt der zweijährige Oliver lebensgefährliche Verletzungen an der Wirbelsäule. Seitdem ist er querschnittsgelähmt und auf intensivmedizinische Betreuung angewiesen.

Operation an der Wirbelsäule

Nach der Erstversorgung in Mexiko brachte ein medizinischer Flug Oliver im Juli nach Chicago. Dort übernahm Spezialist Dr. Mohamad Bydon die Behandlung. In einem YouTube-Video mit Stefan Staub, dem Vater von Oliver, erklärt Bydon die komplizierten Operationen: „Olivers Geschichte hat mich von Anfang an beeindruckt: ein zweijähriger Junge mit einer dramatischen Verletzung, die eigentlich nicht mit dem Leben vereinbar ist.“

Olivers Geschichte hat mich von Anfang an beeindruckt.

Dr. Mohamad Bydon, Arzt und Chirurg von Oliver

Die Verletzungen waren extrem schwer: eine Dissoziation zwischen Atlas und Achse (der obere Teil der Wirbelsäule, der den Kopf trägt), die fast den Kopf von der Wirbelsäule trennte. „Wir haben seinen Kopf wieder mit der Wirbelsäule verbunden, die Auskleidung der Wirbelsäule rekonstruiert, das Rückenmark wieder an seinen Platz gesetzt und Knochentransplantate eingesetzt“, beschreibt Bydon. Zwei große Operationen ermöglichten Olivers Überleben. Zwischenzeitlich stand sein Herz still, Schwellungen im Gehirn mussten behandelt und Drainagen gelegt werden.

Hoffnungsschimmer und erste Fortschritte

In den ersten Tagen nach der Operation war unklar, ob Oliver überleben würde. Dann bewegte er plötzlich seine Hand – zunächst hielten Ärzte es für einen Reflex, bis er die Hand seiner Mutter, Laura Staub-García drückte. Inzwischen kann Oliver teilweise Bewegungen seiner Hand und Zehen kontrollieren, wenn er bewusst hinsieht, er spürt seine Blase wieder und versucht sie zu kontrollieren. „Eigentlich hätte er nicht überleben dürfen – und wenn er überlebt hätte, hätte er nichts mehr tun können. Doch Oliver war etwas Besonderes (ein Stand-Out)“, sagt Bydon. Besonders bemerkenswert ist auch, dass Oliver begann, über die Atemfrequenz des Beatmungsgeräts hinaus selbstständig zu atmen. „Das Gerät gab ihm 20 Atemzüge, aber er schaffte 40.“

Auch die Perspektive einer Stammzellentherapie rückt näher. Dr. Bydon und sein Team arbeiten daran, Oliver in eine klinische Studie einzubeziehen. Ziel wäre, das Rückenmark mit Stammzellen zu behandeln und langfristig die Chancen auf eine bessere Beweglichkeit zu erhöhen. „Da würde ich mein Leben dafür geben, dass er wieder laufen kann“, sagt Staub. In vier Monaten kann eventuell die Halskrause entfernt und dadurch ein Linienflug mit United Airways von Chicago möglich werden, da es dort spezielle Sitze für Oliver gibt. Dadurch würden die hohen Kosten eines medizinischen Flugs eingespart, die für den Hin- und Rückflug jeweils 36.000 US-Dollar betragen hatten.

Unterstützung aus beiden Ländern

Die finanzielle Belastung ist enorm: Die Krankenhausrechnung beläuft sich aktuell auf rund 1,49 Millionen US-Dollar. Und das ohne Arztkosten – auf welche noch gewartet wird. Ohne Spenden und die Hilfe der Toni-Kroos-Stiftung hätte die Familie die Behandlungen in Chicago nicht finanzieren können. Auch vor Ort erhält die Familie Unterstützung: Staub-Garcías Brüder und die Großeltern haben eine barrierefreie Mietwohnung in der Nähe eines Krankenhauses in Mexiko gefunden und hergerichtet. Und in der Nähe werden die Zwillinge ab September wieder einen Kindergarten besuchen. Außerdem hat die Nachbarschaft aus Staub-Garcías Heimatort Basare, Kuchenverkäufe und am Wochenende sogar einen Rummel geplant. „Es ist wie ein Neuanfang“, beschreibt Staub.

Oliver in seinem Spezialrollstuhl bei einer kleinen Rundfahrt zusammen mit seiner Mutter Laura Staub-García. Familie Staub-García

Dadurch können auch kleine Momente des Alltags zurückkehren: Die Familie hat zwei gelbe Kanarienvögel für Oliver geholt, da er es geliebt hat, aus dem Krankenhausfenster Vögel zu beobachten. Zusammen mit seinen Brüdern kann er sie nun im Wohnzimmer betrachten. Oliver sitzt in einem Spezialrollstuhl, kann ab und zu Spaziergänge machen und hat inzwischen auch mit Physiotherapie begonnen.

Es ist wie ein Neuanfang.

Stefan Staub, über die derzeitige Situation

Über soziale Medien erreichen die Familie täglich hunderte Nachrichten. „95 Prozent der Rückmeldungen sind positiv – die Leute freuen sich, dass Oliver kämpft“, sagt Staub. „Zwei Prozent sind verletzende Kommentare, der Rest sind Spendenanfragen.“ Vor kurzem bot eine Apotheke in Mexiko an, Olivers medikamentöse Versorgung zu übernehmen. Besonders sind auch kleine Gesten, wie die einer Kollegin von Staub-Garcías Schwester in Steinheim, die spezielle Bodys für Oliver genäht hat, in denen Schläuche und Geräte Platz finden. Solidarität zeigen zudem Aktionen aus Staubs Heimatort Steinheim: Bei einem Grillfest, organisiert vom TV Steinheim, werden Spenden für Oliver gesammelt, die Steinheimer Dorffreizeit hat mit ihrer Wasserrutsche Geld für die Familie zusammengetragen und auch das Naturtheater Heidenheim engagiert sich bei seinen Veranstaltungen, um Spenden für Oliver zu generieren. „Dass sich einmal alles um meinen Sohn dreht und Freunde oder auch fremde Menschen sowas organisieren, berührt uns zutiefst“, so Staub. „Es ist beeindruckend, was im Internet alles möglich ist. Ein riesengroßes Dankeschön an alle, die solch tolle Aktionen starten, um Oliver zu unterstützen.“ Die aktuellen Aktionen seien nur einzelne Beispiele, denn auch in der Vergangenheit hätten sich bereits zahlreiche Gruppen engagiert, etwa aktive Fußballer aus Steinheim oder ein FCH-Fanclub, betont Staub.

Blick nach vorn

Noch ist unklar, wann die Familie nach Deutschland zurückkehren kann. Sollte Oliver selbstständig atmen, könnte ein Linienflug möglich werden. Ein Traum wäre, dass die Zwillinge in zwei Jahren in Deutschland eingeschult werden können. Das Haus in Königsbronn steht noch zum Verkauf – vielleicht wäre Ulm mit Nähe zur Uniklinik eine Option. „Oliver ist im Kopf zu 100 Prozent da – und das macht uns Mut“, sagt Staub, „Es gibt ganz viel Hoffnung. Jeder kleine Fortschritt ist ein Schritt in Richtung Zukunft.“

Aktuelle Spendenaktionen

Aktuell läuft für Oliver noch eine Spendenaktion auf GoFundMe unter https://www.gofundme.com/f/Help-in-our-healing-journey-with-Oliver.