Musikalisches Kabarett

Wie Christoph Reuter sein Publikum in Herbrechtingen zum Lachen und Staunen brachte

Der Berliner Kabarettist und Komponist Christoph Reuter sorgte mit grandiosem Klavierspiel und herrlichem Witz im voll besetzten Karl-Saal im Koster Herbrechtingen für blendende Unterhaltung.

Die besonderen Veranstaltungen der Musikschule Herbrechtingen sprechen sich langsam, aber sicher herum. Die wenigsten wussten vermutlich, was an diesem Samstagabend – statt FCH und dem „Addnfahrer“ – auf sie zukam. Unspektakulär und sympathisch betrat der Mann aus Berlin mit rotem Einstecktuch und roten Lederschuhen die Bühne im voll besetzten Karl-Saal des Klosters. Man ahnte schon, es würde lustig werden, aber was der Musikkabarettist Christoph Reuter mit seinem Programm „Alle sind musikalisch! (außer manche)“ zum Besten gab, war umwerfend.

Symbiose von Mann und Klavier

Reuter und der Flügel – das war eine Symbiose, wie man sie nur selten erlebt. Man hatte das Gefühl, während er jedes Genre mühelos spielte, Schlager, Pop, Klassik, Jazz, Tango, Kinderlieder, Herzfrequenzen und atemberaubende Improvisationen, nebenbei höchst klug und amüsant von den Anfängen der Musik, der Menschheit und der Musikalität im Besonderen parlierte, dass er alles, was er tat, mit Freude machte. Er dankte dem Publikum – das begeistert mitsang, pfiff, einfiel, lauschte und applaudierte – und leitete mühelos von einem Thema zum nächsten über. Charmant und witzig bezog er die Zuhörerinnen und Zuhörer ein, stellte Fragen, lieferte die Antworten, und dies alles, während er herausragend spielte, sang, performte und das Publikum von einer Pointe zur anderen führte.

Ursprünge der Musik erkundet

Zum Beispiel erkundete er die Ursprünge der Musik, die viel älter ist als die Menschheit und auch in zahllosen Beispielen in der Natur zu finden. Es gebe (männliche) Vögel, die zum Anlocken des Weibchens zehn verschiedene Melodien verwenden („das sind neun mehr, als David Hasselhoff beherrscht“), und auch Reuters eindrückliche Darstellung der Walgesänge war hinreißend. Jeder Mensch, der zwei Töne unterscheiden könne, gelte wissenschaftlich als musikalisch, und so war dann auch der Abend geprägt von dem Lob: „Sie alle sind so musikalisch!“ – was für zufriedenes Gelächter sorgte. Reuter sprach von dem musikalischen Gedächtnis des Menschen, in dem sämtliche Melodien, die uns jemals berührt haben, lebenslang gespeichert sind („es gibt Lieder, von denen ich wünschte, ich hätte sie nie gehört …“). Immer wieder konnte das amüsierte Publikum sein eigenes Wissen wiedergeben und auch die Ratespiele („Was habe ich in diesem Medley gerade gespielt?“) machten großen Spaß, da ging es von Filmmusiken, die die Zuhörer fantastisch erkannten (Fluch der Karibik, Die zauberhafte Welt der Amélie, Die Simpsons, Casablanca, Rocky, Mission Impossible) über herrliche Schlagerimprovisationen zu den vier wichtigsten Tonarten, aus denen neun von zehn der weltweit erfolgreichsten Hits bestehen, was sofort am Flügel bewiesen wurde mit witzigen Seitenhieben und Improvisationen auf berühmte Welthits. Auch seine Erzählung eines Menschenlebens anhand des Herzschlags von der Geburt bis zum ersten Verliebtsein, der darauf folgenden Langeweile bis zum Tod war ebenso komisch wie kurzweilig. Zwischendurch gab es herausragende Klassik-Darbietungen (Mozart, Beethoven, Grieg, Elgar, Piazzolla) mit ebenso fulminanten Improvisationen. Immer wieder stellte er die Frage nach der Herkunft von Musik, erzählte von einer 35.000 Jahre alten Panflöte und der Theorie, dass Mütter die Musik der Menschheit erfunden haben, weil überall auf der Welt die Wiegenlieder gleich seien. Wunderbar auch seine spielerische Abhandlung über Tonleitern, europäische, asiatische sowie arabische – was anhand von „Alle meine Entchen“ herrlich vorgeführt wurde. Fazit: ein Abend, der wie im Flug verging. Und der eine Wiederholung wünschenswert macht.

Nächste Veranstaltung wird rockig

Die nächste Veranstaltung der Musikschule Herbrechtingen ist am 17. Februar, wieder im Karl-Saal des Klosters. Ab 20.30 Uhr lassen die Bands „Fogdriver“ „Isidor SR“ und „MNWHL“ mit Rockmusik und experimentellen Klängen die Grenzen von Raum und Zeit verschwimmen.Text