Fünfte Verurteilung

Welche Strafe ein Bolheimer für monatelangen Psychoterror erhalten hat

Ein 29-jähriger Bolheimer wurde aufgrund monatelangen Psychoterrors angeklagt. Die Geschädigten, eine junge Nachbarsfamilie, trugen mittlerweile schwere gesundheitliche Schäden davon. Es kam zur Verurteilung im Hause des Heidenheimer Amtsgerichtes.

Hämmern, übertriebenes Stampfen, hysterisches Schreien, Beleidigungen und das Verängstigen von Kindern – all das ist nichts, womit man sich als Familie neben dem schweren Arbeitsalltag auseinandersetzen möchte. Eine Familie aus Bolheim musste dies im Laufe dieses Jahres über Monate hinweg erdulden. Der Täter: ein junger Nachbar, kein unbeschriebenes Blatt, der schon immer als schwierig galt und nun seinen Psychoterror auf die benachbarte Familie ausweitete.

Der Fall landete vor dem Heidenheimer Amtsgericht, das dem Angeklagten nicht fremd war. Doch im Gegensatz zur Vergangenheit kam er diesmal nicht glimpflich davon. Am Ende der Verhandlung stand fest: Er muss wegen Körperverletzung in vier Fällen eine zehnmonatige Freiheitsstrafe ohne Bewährung antreten.

Ein monatelanger Disput

„Wir konnten monatelang kein Auge zu machen“, erzählt der sichtlich ermüdete Geschädigte vor Gericht.
Seine vierköpfige Familie ist Opfer des Psychoterrors des Nachbarn geworden – mit Folgen: Schlafstörungen, Panikattacken, Übermüdung. „Mein Sohn kann nicht mehr in seinem Zimmer alleine schlafen, weil er Angst hat“, berichtet der Familienvater. Zudem leide das Kind unter nächtlichen Magen-Darm-Beschwerden. Die elfjährige Tochter traut sich nicht mehr alleine vor die Tür und zeigt einen deutlichen Leistungsabfall in der Schule.

Auch den Eltern setzt der systematische Psychoterror zu. Doch wie zeigte sich dieser? Der 29-jährige Nachbar war angeblich seit dem Einzug der Familie im Jahr 2018 ein Querulant. Seit März dieses Jahres eskalierte die Lage jedoch. Nachts hämmert, klopft und schreit der Angeklagte in seinem Reihenhaus umher – laut Protokoll jede Nacht bis in den Juli. Die Mutter und die Kinder werden vor der Haustür abgepasst und verängstigt. Zudem bekommt die Familie ungefragt Zeitschriften zugesendet und muss nicht bestellte Essenslieferungen annehmen. „Wir arbeiten beide sehr hart und lang. Wenn man sich nach der Arbeit dann auch noch stundenlang mit dem Abbestellen von Zeitschriftenabos herumschlagen oder sich mit dem Pizzaboten über eine 60-Euro-Rechnung streiten muss, läuft das Fass irgendwann über“, so der Familienvater.

Kindisches Verhalten des Angeklagten

Während der Familienvater dem verhandelnden Richter Jens Pfrommer das Leiden seiner Familie schildert, grinst der Angeklagte hämisch – offenbar stolz auf seine Taten. Auf Fragen von Pfrommer antwortet er frech und zynisch. Sein Verteidiger sitzt ruhig und fast schon eingeschüchtert daneben. Bei Fragen an die Verteidigung deutet dieser nur auf den Mandanten, der schnell in lange, selbstverherrlichende Monologe abschweift. Einsicht zeigt er nicht. Lieber stellt er sich selbst als Opfer dar: Jahrelang müsse er das Getobe der Nachbarskinder ertragen haben, und so oft habe er den Familienvater beim Gang zur Frühschicht hören müssen.

Für Richter Pfrommer ist dieses Verhalten nicht neu. Schon zum fünften Mal muss er am Heidenheimer Amtsgericht über den 29-Jährigen urteilen. Dieser hingegen sieht sich nicht als schuldig, sondern spricht von einem „abgekarteten Spiel“. „Das kann doch kein Zufall sein, dass schon wieder Sie meinen Fall verhandeln. Das ist doch ein Schauprozess“, sagt der Angeklagte. Pfrommer kann ihm jedoch nach kurzer Erklärung der Rechtslage und des üblichen Vorgehens schnell den Wind aus den Segeln nehmen.

Das Nachstellen war kein Einzelfall

Die vorherige Verhandlung liegt nicht lange zurück: Erst im März dieses Jahres wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung verurteilt. Damals hatte er monatelang einer werdenden Mutter nachgestellt. Hunderte Anrufe und Nachrichten waren nur der Anfang des Stalkings: später folgten Besuche vor ihrem Haus. Zudem erhielt die Geschädigte zahllose Pakete, die sie angeblich bestellt haben sollte. Im Laufe der Ermittlungen wurde das Haus des Angeklagten zweimal durchsucht, jedoch ohne handfeste Beweise gefunden zu haben. Heute will der 29-Jährige keine mobilen Geräte mehr besitzen. „Na los, durchsucht halt nochmal mein Haus“, sagte er provokant zu Richter Pfrommer in der aktuellen Verhandlung.

Auch seine Nachbarn waren bereits in einem früheren Verfahren involviert. Ein Freund des Familienvaters soll vom Angeklagten beleidigt worden sein. Der Mann sagte daraufhin als Zeuge aus – seitdem sei der Familienvater für den Angeklagten „gestorben“. Damals wurde er zu einer Geldstrafe wegen Beleidigung verurteilt. Diese traf den arbeitslosen 29-Jährigen, der kostenlos im Haus seiner Eltern wohnt, dort bekocht und finanziell unterstützt wird, kaum. In einer Konfrontation vor der Haustür soll der Angeklagte der Familie sogar ein „Angebot“ gemacht haben: Wenn er das damals erwirkte Geld „zurückbekomme“, höre der Terror auf.

Freiheitsstrafe wegen Körperverletzung

Trotz fehlender stichhaltiger Beweise war für Richter Pfrommer nach der rund vierstündigen Verhandlung klar: Der 29-Jährige ist schuldig der Körperverletzung in vier Fällen. Das Motiv war eindeutig, und die Taten ähnelten denen aus früheren Verfahren. Aufgrund der Vorstrafen wurde die zehnmonatige Freiheitsstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt. „Hier handelte es sich nicht um Alltagsgeräusche“, sagt Pfrommer. „Das ist systematischer Psychoterror.“

Reue zeigte der Angeklagte nicht. Lediglich die Worte „Falls euch das belastet hat, tut es mir leid“ brachte er vor der Urteilsverkündung kühl hervor. Der Abgang aus dem Heidenheimer Amtsgericht verlief dann wenig überraschend: Unter wüsten Beleidigungen wurde der 29-Jährige von seiner Mutter aus dem Gebäude gezerrt.

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