„Es fällt schwer, den Blick abzuwenden. Ich bin wirklich begeistert“, Bürgermeister Daniel Vogt war die Euphorie nach der Vorstellung der neuen Pläne für den Amselweg in der jüngsten Gemeinderatssitzung leicht anzumerken. Wahrscheinlich war auch ein Stück Erleichterung dabei. Denn es ist ein Bauprojekt in Herbrechtingen mit einer ziemlich langen Vorgeschichte. Seit sieben Jahren will die Kreisbau hier auf einer Fläche von rund 4800 Quadratmetern Mehrfamilienhäuser bauen.
Das Vorhaben war mehrmals gescheitert und der Plan überarbeitet worden. Hauptproblem war die vom Gemeinderat festgelegte Forderung von zwei Stellplätzen pro Wohneinheit. Davon rückte das Gremium aber mehr und mehr ab, erst reduzierte man den Stellplatzschlüssel auf 1,5 und in einer Sitzung des Bau-Ausschusses im Juli dieses Jahres nach langer Diskussion dann auf 1,1. Verbunden allerdings mit der Vorgabe, dass in zumindest einem der neuen Häuser am Amselweg geförderter Wohnraum ermöglicht wird.
Die Stellplätze und die Stockwerke
Ein weiterer Zankapfel war die Höhe der Gebäude. Der Plan der Kreisbau aus dem Sommer sah drei Mehrfamilienhäuser vor, zwei mit je drei Vollgeschossen und einem Staffelgeschoss (Höhe: 13,4 Meter) und ein Gebäude mit vier Stockwerken und Staffelgeschoss (Höhe: 16,5 Meter). Letzteres war nicht nur den meisten Ausschussmitgliedern zu hoch, sondern auch den Anliegern, die Unterschriften gegen diese Umsetzung gesammelt hatten.
Nun also ein neuer Anlauf. Und ein ganz neuer Plan. Statt der drei Mehrfamilienhäuser sollen es nun sechs werden, alle mit drei Voll- und einem Staffelgeschoss. Was den Bürgermeister begeisterte und die Räte wohl auch überzeugte, war aber nicht die Höhe der Gebäude, sondern deren „lockere Anordnung“.

Jörg Steiner von der Planungsgesellschaft Hüper-Plan aus Gerstetten stellte die Details vor: „Die entscheidende Änderung ist, dass wir die Gebäude um 90 Grad gedreht haben“, führte er aus. „Die bestehenden Einfamilienhäuser im Norden erhalten so mehr Licht und Durchblicke.“ Ein wesentlicher Unterschied zur vorher geplanten Reihenbebauung, die „wie ein Riegel dagestanden“ wäre. Außerdem hätten die Neubauten ihre Gartenanteile zwischen den Gebäuden. „So behalten die Bewohner der neuen und der Bestandsbauten ihre Privatsphäre. Mit dieser Neuausrichtung hoffen wir, den einen oder anderen Konflikt zu lösen.“ Zudem wolle man die Grundstückstiefe optimal ausnutzen, so Steiner weiter. „Die Fläche ist nicht ganz rechteckig und so werden die Gebäude in ihrer Tiefe der des Grundstückes angepasst.“ Das heißt, die Häuser werden unterschiedlich lang bzw. tief.
25 Prozent geförderter Wohnraum
Vorgesehen sind insgesamt 51 Wohnungen von zwei bis zu vier Zimmern und mindestens ein Viertel davon soll öffentlich gefördert, also preisgebunden sein. Dank des Stellplatzschlüssels von 1,1 pro Wohneinheit können alle Stellplätze oberirdisch ausgewiesen werden. Und das spart bares Geld, weil keine Tiefgarage benötigt wird. „Nur so können wir noch wirtschaftlich bauen“, sagte Jürgen Schipek, Geschäftsführer der Kreisbau. Der neue Plan sei funktional und doch ansprechend. Und die Durchmischung mit gefördertem Wohnraum sei wichtig und ideal. In der Sitzung des Bau-Ausschusses hatte Schipek schon darauf hingewiesen, dass preisgebundener Wohnraum kein „Arme-Leute-Thema“ sei. Etwa die Hälfte der Beschäftigten im öffentlichen Dienst hätten aufgrund ihres Einkommens Anspruch darauf.

„Die gewünschte Höhe in lockerer Anordnung, die höchstmögliche Anzahl an Wohnungen und preisgebundener Wohnraum – das ist ein Volltreffer für uns“, resümierte Bürgermeister Vogt. Matthias Sturm (Freie Wähler) drängte darauf, die Baulücke im Amselweg endlich zu schließen. „Als Gemeinderat tut es weh, die seit sieben Jahren zu sehen.“ 51 Wohnungen sei eine gewaltige Sache, meinte sein Fraktionskollege Hermann Mader. Auch lobte er der sozial geförderten Wohnraum. „Wir sind alle gefordert, hier zuzustimmen.“
Doch ein Stockwerk mehr?
Einen Wunsch hatte der Planer allerdings noch im Gepäck: „Wenn wir bei dem rechten Gebäude, das sehr weit von den Nachbarn entfernt ist, noch ein Stockwerk draufsetzen könnten, wäre das städtebaulich sensationell.“ Zudem würden drei Wohnungen mehr entstehen, die wahrscheinlich sozial gefördert wären. Damit rannte Steiner beim Gemeinderat aber nicht gerade offene Türen ein. Matthias Sturm pochte darauf, den Stellplatzschlüssel nicht noch weiter zu unterschreiten. Hermann Mader riet zumindest, über das zusätzliche Geschoss nachzudenken, denn: „Wohnungen sind rar in Herbrechtingen.“ Dafür sprach sich auch Bürgermeister Vogt aus und regte eine neue Visualisierung zur besseren Veranschaulichung an. Bis dahin gab der Gemeinderat mit einer Gegenstimme dem Entwurf mit sechs gleich hohen Gebäuden grünes Licht. Die Verwaltung wird nun den Entwurf des Bebauungsplans ausarbeiten. Jörg Steiner von Hüper-Plan rechnet grob mit einem weiteren Jahr für Planung und einem Jahr Bauzeit.