Kandidatenliste für den Kreistag

Zoff in der Heidenheimer SPD: warum der Fraktionsvorsitzende bei der Kommunalwahl nicht antritt

Rainer Domberg, Fraktionsvorsitzender der SPD im Kreistag, kandidiert bei der Kommunalwahl nicht mehr. Grund für diese Entscheidung ist offenbar ein interner Streit in der Partei. Was die Beteiligten dazu sagen.

Mitte Januar fand die Mitgliederversammlung der SPD Heidenheim statt, bei der die Listen für die Kommunalwahl im Juni aufgestellt wurden. Wer sich überraschenderweise nicht mehr zur Wahl stellte, war Rainer Domberg (73), früherer Heidenheimer Bürgermeister, langjähriger Kreisrat und Fraktionsvorsitzender der SPD. Ein Rückzug aus Altersgründen? Domberg sagt Nein: Eigentlich habe er kandidieren wollen. Und eigentlich sei ihm der Listenplatz 1 für den Kreistag versprochen worden, und zwar bereits vergangenes Jahr im Juni vom damaligen SPD-Kreisvorsitzenden Dr. Florian Hofmann – was dieser auch bestätigt.

Laut Domberg habe er erst wieder im November von der SPD gehört, und zwar in Person der neuen Kreisvorsitzenden Tanja Weiße, die inzwischen das Amt von Hofmann übernommen hatte. „Sie hat mir mitgeteilt, dass ich für Listenplatz 5 vorgesehen sei“, erzählt Domberg. Von Hofmanns Versprechen habe man nichts mehr wissen wollen. Auf Listenplatz 1 für den Kreistag habe man stattdessen den Heidenheimer Oberbürgermeister Michael Salomo gesetzt.

Für Tanja Weiße stellen sich die Ereignisse etwas anders dar: „Zum Zeitpunkt der Listenaufstellung zur Kreistagswahl 2024 war der Findungskommission nichts von einer früheren Zusage über einen Listenplatz bekannt“, sagt sie. Dies wäre auch ungewöhnlich gewesen, „da diese nicht vorab zugesagt, sondern in einem demokratischen Prozess gewählt werden“. Dass es eine Absprache mit dem früheren Kreisvorsitzenden gegeben habe, könne sein, „wäre aber mit den demokratischen Grundsätzen unserer Partei nicht vereinbar“, so Weiße.

Für Tanja Weiße, Kreisvorsitzende der SPD Heidenheim, ist es klar und folgerichtig, dass Oberbürgermeister Michael Salomo den Listenplatz 1 für den Kreistag bekommt. Rudi Penk

Für Tanja Weiße und Heidi Neff, Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, ist es „ein erfreulicher Umstand, dass auf unserer Liste dieses Mal Michael Salomo, Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim, sowie Andreas Stoch, Landtagsabgeordneter und Landesvorsitzender der SPD Baden-Württemberg, kandidieren“. Deshalb sei es folgerichtig, dass Rainer Domberg auf dem dritten Männerplatz der SPD vorgeschlagen werden sollte und somit auf einem besseren Listenplatz als fünf Jahre zuvor.

Ein Misstrauensvotum für Domberg?

Tatsächlich hatte Domberg bei der letzten Kreistagswahl 2019 Listenplatz 7. Auf Platz 1 stand Dr. Florian Hofmann, auf Platz 2 Birgit Koepsel. Bei beiden reichte es nicht für ein Mandat im Kreistag, Domberg hingegen wurde gewählt. Kommt es also am Ende gar nicht auf den Listenplatz an? Das mögliche Wahlergebnis hat Domberg auch nicht im Blick, es geht ihm vielmehr um die Anerkennung seiner bisherigen Arbeit im Kreistag und den Umgang miteinander in der Partei: „Das war ein Misstrauensvotum für den SPD-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag“, sagte er. Er sei verärgert gewesen, weil er eine Zusage für den ersten Listenplatz gehabt hätte. Außerdem habe er ein anderes Kommunikationsverhalten erwartet: „Hätte man mit mir geredet, hätte man sicher auch eine Lösung gefunden“, so Domberg.

Erstaunt über den Rückzug von Domberg

Tanja Weiße hingegen erinnert sich, dass Domberg „in mehreren Gesprächen“ darauf verwiesen habe, „dass es wichtig und richtig sei, dass der Oberbürgermeister für den Kreistag auf Platz 1 kandidiert“. Auch bei der abschließenden Nominierungsveranstaltung habe es hierzu keine abweichenden Wortmeldungen der Anwesenden gegeben. „Mit Erstaunen mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass Herr Domberg von diesem Platz aus nicht für die SPD kandidieren will“, so Heidi Neff und Tanja Weiße. „Die SPD Heidenheim hätte sich sehr gefreut, mit Herrn Domberg in den Wahlkampf zu ziehen, muss aber leider die Entscheidung des Kandidaten akzeptieren“, so die beiden.

Wollte Rainer Domberg zur weiteren Kandidatur für den Kreistag überreden: OB Michael Salomo. Rudi Penk

Und was sagt Michael Salomo, an dem sich der Streit entzündet hat, zu seiner Kandidatur? „Da das Vorschlagsrecht bei der Findungskommission liegt und diese mich im Dezember gefragt hatte, ob ich bereit wäre, auf Platz 1 zu kandidieren, wäre ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass dieser Platz jemand anderem zugesagt sein könnte“, so der Heidenheimer Oberbürgermeister. Er habe sich zu keinem Zeitpunkt in den Prozess eingemischt, sondern versucht, Rainer Domberg zu ermutigen, weiter seine Erfahrung einzubringen. Er finde die Entscheidung von Domberg, nicht mehr zu kandidieren, persönlich sehr schade, aber die SPD müsse diese akzeptieren. Ob Salomo im Falle seiner Wahl auch den Fraktionsvorsitz übernehmen wird, ist hingegen völlig offen: „Darüber wird die SPD-Fraktion beraten und entscheiden“, so Salomo.

Ist dies nun Dombergs endgültiger Abschied von der Kommunalpolitik? „Das habe ich mir noch nicht überlegt“, sagt der noch amtierende SPD-Fraktionsvorsitzende. Denn: Nach Bekanntwerden der SPD-Kandidatenlisten sei er nicht nur von vielen Kommunalpolitikern anderer Gruppierungen angesprochen worden, er habe er auch Angebote für eine Kandidatur auf einer anderen Liste erhalten. Etwas Bedenkzeit hat Domberg noch: Bis spätestens 28. März müssen Parteien und Wählervereinigungen ihre Wahlvorschläge beim Gemeindewahlausschuss einreichen.

So wird der Kreistag gewählt

Die Mitglieder des Kreistages werden nach dem Prinzip der echten Teilgebietswahl gewählt. In den Kreistag des Landkreises Heidenheim sind insgesamt 40 Kreisrätinnen und Kreisräte zu wählen. Dazu ist der Landkreis in folgende sechs Wahlkreise eingeteilt, wobei die Zahl der zu wählenden Mitglieder für jeden Wahlkreis festgelegt ist: Wahlkreis 1: Heidenheim (15 Sitze), Wahlkreis 2: Giengen und Hermaringen (7 Sitze), Wahlkreis 3: Herbrechtingen (4 Sitze), Wahlkreis 4: Königsbronn und Nattheim (4 Sitze), Wahlkreis 5: Gerstetten und Steinheim (6 Sitze), Wahlkreis 6: Sontheim, Niederstotzingen und Dischingen (4 Sitze). Die Wählerinnen und Wähler sind in dem Wahlkreis wahlberechtigt, in dem sie ihre Hauptwohnung haben. Sie haben jeweils so viele Stimmen, wie Mitglieder des Kreistages in ihrem Wahlkreis zu wählen sind. Die Wahllisten werden von den Parteien und Wählervereinigungen für jeden Wahlkreis gesondert aufgestellt.

Jetzt neu: Die Heidenheimer Zeitung ist auf WhatsApp - hier kostenlos den Channel abonnieren, Glocke aktivieren und Nachrichten aufs Handy bekommen.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar