Beziehungen gehören für fast jeden zum Leben dazu – leicht sind sie selten. Missverständnisse und Konflikte lassen sich kaum vermeiden, manchmal führen sie sogar zur Trennung. Genau diese Momente stehen im Mittelpunkt von Nick Hornbys Buch „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“. Das Schauspieler-Ehepaar Anna Loos und Jan Josef Liefers greift die Szenen in einer Lesung auf, welche die beiden am 14. Dezember ins Congress Centrum Heidenheim bringen. Im Interview erklären sie, warum es sich lohnt, an Beziehungen festzuhalten.
Herr Liefers, Frau Loos – was reizt Sie beide an Nick Hornbys Dialogen?
Jan Josef Liefers: Ich mag an Hornby, dass er Witz und Charme behält, obwohl die Themen durchaus ernst sind. Sein Blick auf die Beziehungen ist messerscharf und schonungslos und trotzdem findet er immer die Pointe, ohne sich über seine Figuren lustig zu machen.
Anna Loos: Hornby erinnert mich daran, dass Beziehungen – zu Partnern, Kindern, Freunden oder entfernten Verwandten – die Grundpfeiler unseres Lebens sind. Im Alltag vergisst man leicht, wie wichtig Kommunikation und Zuhören sind. Wenn man über Probleme spricht und wirklich zuhört, entwickelt man Verständnis füreinander. Hornby zeigt, dass man in Beziehungen Arbeit investieren muss. Im Zentrum stehen Louise, Tom und ihre Beziehung. In dem Text kann sich jeder wiederfinden, er regt die Gedanken darüber an, wie man das eigentlich selbst handhabt, mit sich und seinem Partner und ist ein tolles Stück Unterhaltung, um in eine nächste Runde in seiner Beziehung zu gehen.
Im Buch begegnen sich Tom und Louise immer wieder im Pub. Gibt es für Sie eine Szene, die besonders heraussticht? Welche ist ihrer Meinung nach die wichtigste?
Liefers: Es ist die Reise eines Paares, die beginnt, als eine Scheidung in der Luft liegt. Wenn ich in Europa unterwegs bin, fällt es mir auch schwer, zu sagen, welche Stadt nun die beste ist. Rom ist schön, Paris und Prag aber auch. Jede Szene ist ein neuer Schritt der beiden weg von der Scheidung – mal kürzer, schneller, lauter oder zorniger, mal sehr weich und verständnisvoll.
Loos: Hornby hat die Stationen sehr fein aufgebaut. In einer Szene erkennt Louise, dass Tom ihre Beziehung mit dem Brexit vergleicht. Sie ist schockiert, dass das alles auf eine endgültige Trennung hinauslaufen könnte, obwohl es natürlich die ganze Zeit im Bereich des Möglichen lag. Hornby zeigt, wie Kommunikation und Perspektivwechsel Nähe schaffen – und nimmt uns mit auf eine Reise mit einem Paar, das sich verloren hatte und sich wieder findet.
Dabei geht es ja oft um ernste Themen wie Trennung oder Entfremdung. Wie schaffen Sie es, die humorvollen Aspekte einzubauen, ohne die Ernsthaftigkeit zu verlieren?
Liefers: Wir geben unser Bestes, die Balance zu halten. Nichts ist nur komisch oder nur traurig. In jedem Drama liegt etwas Lustiges, in jeder Pointe etwas, das emotional berührt. Charlie Chaplin hat gesagt: „Das Leben ist aus der Nähe betrachtet eine Tragödie, aus der Ferne eine Komödie.“ So sehen wir das auch.
Und was wünschen Sie sich, was das Publikum aus dieser Lesung für sich mitnimmt?
Liefers: Wie schwierig es ist, einander – vor allem nach langer Zeit – noch zuzuhören, Interesse zu zeigen und über sensible Themen wie zum Beispiel abflauende Sexualität in der Ehe zu sprechen. Louise besteht darauf, dass solche Themen nicht einschlafen. Und Tom fühlt sich schon seit langem nicht mehr richtig gesehen. Ich hoffe, dass gemeinsames Lachen allen die Furcht vor solchen Gesprächen nimmt und unsere Zuschauer motiviert sind, sich danach vielleicht noch darüber auszutauschen.
Loos: Es ist ein Abend von einem Paar für Paare – aber man kann auch allein kommen. Das Stück regt an, über Beziehungen nachzudenken: Wie kommuniziere ich? Höre ich wirklich zu? Habe ich die Bedürfnisse des anderen übersehen? Welche Themen würde ich gerne ansprechen, habe es bisher aber noch nie getan? Sind wir gefangen in unserer Gedankenwelt und merken nicht, wie sich der Partner verändert hat? Das Stück motiviert, wieder bewusst aufeinander zuzugehen, Probleme anzusprechen und wohlwollend miteinander umzugehen. Es geht darum, die kleinen Herausforderungen in Beziehungen nicht als etwas Erdrückendes zu sehen, sondern zu sagen: „Hey, lass uns daran wachsen, lass uns in die nächste Runde gehen.“ Ob das jetzt der Partner, das Kind oder der beste Freund ist – es geht darum, sich auseinanderzusetzen und das alles gemeinsam zu erleben.
Wenn man bei einer Lesung auf der Bühne steht – wie unterscheidet sich das für Sie von Theater, Film oder Synchronsprechen?
Loos: Bei einer Lesung ist noch nichts fertig ausinszeniert. Man sitzt mit dem Buch, überlegt, wie man den Text interpretieren kann. Der Text hat eine eigene Dynamik, alles ist offen und in Bewegung. Man kann ausprobieren, ist noch stark an den Worten dran, fängt aber schon mal an, zu spielen. Noch mit dem Buch in der Hand. Dabei entstehen spannende und freie Momente, die wir so auf die Bühne bringen wollten.
Liefers: Man sucht noch, hat sich nicht festgelegt – und genau das ist der Charme eines solchen Abends. Jeder Abend ist ein Unikat und wird danach nie wieder in genau derselben Form stattfinden – anders, als ein Film – das macht den Reiz für uns und unser Publikum aus.
Und noch etwas grundsätzlicher: Welches künstlerische Medium fordert Sie körperlich und geistig am meisten – Film, Theater oder Musik?
Liefers: Film ist körperlich am wenigsten fordernd. Ein Konzert oder ein Theaterstück hintereinander in Echtzeit durchzuspielen, das ist schon eher Leistungssport: hohe Konzentration, Stimme halten, Technik beherrschen – mental wie körperlich sehr anspruchsvoll. Theater und Musik sind etwa gleich intensiv.
Loos: Auf der Bühne zu stehen, ein bis zwei Stunden, manchmal sogar länger, ist körperlich und geistig herausfordernd. Man kann sich nicht zurücklehnen, muss Körperspannung und Energie halten, Gesten einsetzen und die Stimme kontrollieren. Früher habe ich viel geraucht und gemerkt, dass ich dadurch kurzatmiger wurde – das hat mich wirklich geärgert. Es war für mich die beste Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören. Dieser Schritt zeigt, wie intensiv die Arbeit auf der Bühne ist und wie eng Körper, Geist und Emotionen dabei zusammenspielen müssen.
Welche Rolle spielt dabei eigentlich das Publikum? Gerade bei einer Lesung, wo die Nähe oft größer ist als bei Konzerten.
Liefers: Was ich unserem Publikum immer schon mal sagen wollte: Wenn ich früher, als ich selber noch als reiner Zuschauer unterwegs war, gewusst hätte, welche große Rolle das Publikum an einem Abend spielt, wäre ich viel freier und auch engagierter gewesen. Denn die Zuschauer sind Teil des Ganzen. Sie empfangen nicht nur Energie von uns, sie geben auch welche zurück. Es gibt Abende, an denen man sofort spürt: Die Leute wollen einen schönen Abend haben – sie reagieren und klatschen und halten sich nicht bedeckt. Diese Dynamik trägt uns auf der Bühne enorm. Es ist etwas Besonderes, unterwegs in unserem Land zu sein und von der Bühne einen echten Kontakt zu den Menschen zu spüren. Gerade diese Nähe macht das Erlebnis ziemlich einmalig, und wir freuen uns sehr darauf, das auch in Baden-Württemberg zu erleben.
Termin und Tickets
Die Lesung von Anna Loos und Jan Josef Liefers findet am Sonntag, 14. Dezember, ab 19 Uhr im Congress Centrum Heidenheim statt. Karten sind im Pressehaus in Heidenheim sowie unter hz-ticketshop.de erhältlich.