In einer Zeit, in der bedrückende politische Nachrichten, der Klimawandel und humanitäre Katastrophen die Menschen verunsichern, ist das Bedürfnis nach Lichtblicken groß. Der Junge Kammerchor Ostwürttemberg (JKO) trifft deshalb mit seinem gleichnamigen Konzertprogramm genau diesen Nerv. Das zeigte sich jetzt in der vollbesetzten Pauluskirche.
Doch bereits vor mehr als 2000 Jahren sehnten sich die Menschen nach Lichtblicken, worüber viele der 150 Psalmen in der Bibel Zeugnis ablegen. Deshalb widmete sich der JKO, wie in seinem Sommerprojekt üblich, geistlicher Chorliteratur. Binnen einer Woche erarbeitete der A-cappella-Chor dafür unter Leitung von Maddalena Ernst und Thomas Baur ein anspruchsvolles Programm aus dreizehn Werken.
Starke Gemeinschaft junger Menschen
Dass am Ende nicht nur drei hochkarätige Konzertabende stehen, sondern auch eine starke und beispielhafte Gemeinschaft erwächst, betonte Landrat Peter Polta als Vorsitzender des Projektchors nicht ohne Stolz. Die Gemeinschaft aus 40 jungen Menschen im Alter von 15 bis 27 Jahren bot einen fantastischen Querschnitt an Lichtblicken vom 17. bis ins 21. Jahrhundert.
Bemerkenswert war die dreifache Interpretation des Psalms 130 (De profundis clamavi). Während in der Vertonung von Jósef Świder in den zum Teil fugenartig angelegten Abschnitten die wechselnden Stimmungen zwischen Zweifel und Zuversicht von den Sängerinnen und Sängern sensibel aufgegriffen wurden, proklamierte die Vertonung von Levente Gyöngyösi eben diese gegensätzlichen Gefühle durch starke Kontraste: Tenor und Bass als Gegensatz zu Sopran und Alt.
Fingerspitzengefühl bewiesen
Wie Glockenschläge wirkende Do-mi-ne-Phrasen wechselten sich mit in rhythmisch höchster Genauigkeit vorgetragenen Synkopenmotiven ab. Dazu kamen mit Fingerspitzengefühl ausgearbeitete dynamische Gegensätze und, besonders eindrucksvoll, rhythmisches Stampfen und Klatschen als Kontrast zu den weichen Singstimmen der Vokalisten. Als Krönung der Psalm-130-Trilogie darf die Vertonung von Piotr Jańczak genannt werden. Die 17 Männerstimmen boten eine große Bandbreite von mönchsartigen Unisono-Passagen über behutsam rezitierte und getragene Motive bis hin zu energischen Einwürfen in einem harmonischen vierstimmigen Satz.
Das Pendant zu diesem Solo der Männerstimmen folgte mit Psalm 23 in der englischsprachigen Vertonung des Amerikaners Daniel E. Gawthrop, interpretiert nur von den 23 Frauenstimmen des JKO unter der expressiven Leitung von Maddalena Ernst. Dabei schwebten die sanft ineinanderfließenden Stimmen von der Empore aus, passend zu dem hoffnungsvollen Bibeltext, wie ein Segen auf das Publikum in der Pauluskirche nieder, das nach jedem Vortrag der Choristen fast schon ehrfürchtig innehielt.
Auch die dezente, farblich wechselnde Illumination des Chorraums trug dazu bei, den gefühlsgeladenen Vokalvortrag des JKO zu einem berührenden Gesamteindruck zu komplettieren. Dabei gelang es aufs Feinste, die Düsternis klanglich zu zeichnen, um daraus Lichtblicke mit hoher klanglicher Strahlkraft zu erschaffen. Besonders der von Felix Mendelssohn Bartholdy vertonte Osterpsalm ermöglichte es dem JKO unter dem einfühlsamen Dirigat von Thomas Baur, seine Fähigkeiten quer durch alle Stimmlagen auszuschöpfen.
Ob mit beachtlichen solistischen Leistungen, die sich harmonisch auf einen sauber intonierten Klangteppich betteten, oder einem kraftvoll aufblühenden Tutti: Der JKO wurde durchweg höchsten Ansprüchen gerecht. Anerkennung für seine herausragende Leistung erhielt das Ensemble mit kräftigem Applaus. Der JKO beschenkte die Zuhörer seinerseits mit einem weiteren Lichtblick und Gänsehautmoment in Form von „O lux beata trinitas“ (Andrej Makor) als Zugabe.
Auftritte im Januar
Das Winterprojekt des Jungen Kammerchors Ostwürttemberg trägt den Titel Liebeslieder. Auftritte finden statt in Lauchheim (Schloss Kapfenburg, 16. Januar 2026), Schwäbisch Gmünd (Prediger, 17. Januar) und Heidenheim (Konzerthaus, 18. Januar). Karten sind bereits im Vorverkauf erhältlich.