Vergangenes Jahr war’s eine Zitterpartie, diesmal ist frühzeitig alles in trockenen Tüchern: Der Heidenheimer Gastronom Hüseyin Perktas lädt am 24. Dezember wieder alle, die dabei sein wollen, zu einem Weihnachtsessen ein. Die Veranstaltung findet abermals im Paulusgemeindehaus statt.
Es ist eine Tradition, die der ganzen Stadt gut zu Gesicht steht. Damit an Heiligabend niemand alleine sein muss, bietet Perktas an diesem Tag Gemeinsamkeit. Und mehr als das: Seit vielen Jahren schon tischt er für mehrere Hundert Gäste auf. Erst gibt es Kaffee, Tee und Gebäck, anschließend dann ein warmes Essen und Getränke. „Aber keinen Alkohol“, sagte der 70-Jährige, „denn wir feiern ja zusammen die Geburt von Jesus Christus, und dazu passt das nicht.“
Einstimmiger Beschluss des Kirchengemeinderats
Sehr gut passt seiner Meinung nach hingegen das Ambiente des großen Saals im Paulusgemeindehaus an der Bahnhofstraße. „Dort war die Stimmung schon vor einem Jahr ganz besonders feierlich, und deshalb freue ich mich sehr darüber, dass uns die Kirchengemeinde erlaubt, wiederzukommen“, so Perktas. Einstimmig fasste der Kirchengemeinderat nach der Premiere den Beschluss, Perktas auf dessen Anfrage hin den Saal wieder unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.
„Ich danke Herrn Perktas für seine wertvolle Initiative und denke, wir brauchen gerade an einem Tag wie Heiligabend solche Gelegenheiten, die Trennendes überwinden und Gemeinschaft stiften“, sagt Dekan Gerd Häußler. Dafür stehe innerhalb der Weihnachtsgeschichte die Episode mit den Sterndeutern aus dem Osten, die dem neugeborenen Jesus ihre Geschenke bringen.

In dieser Geschichte vermag sich auch Perktas wiederzuerkennen, der 1980 als Gastarbeiter aus der Türkei nach Heidenheim kam, jahrelang im „Hennenest“ arbeitete, später die Konzerthaus-Gaststätte betrieb und einen Großhandel für typisch türkische Lebensmittel auf die Beine stellte. Längst verfügt Perktas auch über die deutsche Staatsbürgerschaft. Und weil ihm die hiesige Gesellschaft seinen Werdegang ermöglichte, hat er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, andere an seinem Glück teilhaben zu lassen.
Dazu gehört das Weihnachtsessen, das zunächst im Konzerthaus, anschließend mehrfach im Lokschuppen stattfand. Der Termin hatte auch ohne vertragliche Vereinbarung seinen festen Platz im städtischen Veranstaltungskalender: „Als Herr Ilg Oberbürgermeister war, haben wir immer kurz vorher gesprochen, und die Stadt hat uns den Lokschuppen dann kostenlos gegeben“, blickt Perktas zurück.
Unerwartete Schwierigkeiten taten sich vergangenes Jahr auf. Im Zuge einer personellen Veränderung in der Geschäftsführung der für den Lokschuppen zuständigen Congress & Event Heidenheim GmbH – Ruven Becker war auf Günter Wagner gefolgt – war offenbar die einst per Handschlag getroffene Vereinbarung verloren gegangen.
Perktas hatte Lebensmittel, Kerzen und Weihnachtsbäume bereits bestellt, als ihm Becker mitteilte, dass der Lokschuppen diesmal als Veranstaltungsort ausfalle. Zum einen sei aufgrund der kurzfristigen Anfrage das gesamte Mitarbeiterteam bereits bei anderen Veranstaltungen eingeplant. Zum anderen gebe es infolge sonstiger Events am 21., 23. und 25. Dezember praktisch keinen zeitlichen Spielraum.
Dekan Häußler sagte spontan zu
Perktas stoppte daraufhin schweren Herzens alle laufenden Vorbereitungen und buchte kurzfristig eine Reise. Diese stornierte er allerdings rasch wieder, nachdem sich Bürgermeisterin Simone Maiwald eingeschaltet und das Paulusgemeindehaus ins Spiel gebracht hatte. Mit ihrer Idee stieß sie bei der Kirchengemeinde und Dekan Häußler spontan auf offene Ohren.
Was folgte, ist bekannt: Etwa 300 Personen nahmen die Einladung am Heiligen Abend 2024 an und sorgten dafür, dass Perktas trotz der anfänglichen Unsicherheit letztendlich wie in den Jahren zuvor in viele glückliche Augen blicken konnte. „Ich bin zwar Muslim, aber ich möchte, dass an diesem wichtigen christlichen Fest niemand alleine sein muss, sondern dass die Menschen zusammen mit anderen ein paar schöne Stunden verbringen können“, beschreibt er seine Intention.
Geschenk statt Geschäft
Er bezahle sämtliche Kosten für die Veranstaltung stets aus eigener Tasche, versichert Perktas: „Wenn ich etwas dafür verlangen würde, wäre es ja ein Geschäft, aber es soll ein Geschenk sein an alle, die kommen, und die ich mit offenen Armen empfange.“ Obwohl Becker ihm vergangenes Jahr zugesichert hatte, seine Aktion bei rechtzeitiger Absprache auch in Zukunft zu unterstützen, hat der 70-Jährige das Angebot abgelehnt, in den Lokschuppen zurückzukehren. Grund: „Für die Miete hätte ich 800 Euro bezahlen müssen, und das wäre nicht auch noch möglich gewesen.“
So bleibt es also beim Saal im ersten Stock des Paulusgemeindehauses, der dank eines Aufzugs auch für Rollstuhlfahrer erreichbar ist. Viel Lob erntete vergangenes Jahr die festliche Atmosphäre, die auch Häußler in Erinnerung geblieben ist. Gleichwohl spricht der Dekan noch nicht von einer Dauerlösung: „Wir werden das von Jahr zu Jahr entscheiden“.
Freiwillige Helfer sind willkommen
Pfarrerin Eva-Maria Busch ist zwar bereits im Ruhestand, gleichwohl unterstützt sie Perktas auch in diesem Jahr und leitet bei der Weihnachtsfeier im Paulusgemeindehaus einen kleinen Gottesdienst. Die Aufbauarbeiten beginnen am 24. Dezember um 10 Uhr. Wer mit anpacken möchte, kann einfach dazukommen. Ihre Mithilfe zugesagt haben bereits Lara Klauss und ihre Mitschüler vom Schiller-Gymnasium. Um 14 Uhr ist offizielle Saalöffnung, und ab 15 Uhr gibt es Kaffee und Kuchen. Perktas verrät auch schon, welches Hauptgericht die Gäste erwartet: „Indisches Märchen, also Curry-Rahmsauce mit Reis und exotischen Früchten, Salat und Brot.“