Kabarett im Konzerthaus

Willy Astor in Heidenheim: Wortspiele für Wortgeschrittene

Der Kabarettist und Musiker Willy Astor stellte sein aktuelles Programm „Reimart und Sachkunde – Prädikat: Wortvoll“ im Heidenheimer Konzerthaus vor. Und rund 350 Menschen waren dabei und amüsierten sich köstlich.

Seit Anfang der 90er-Jahre mischt Willy Astor bereits die Beletage der Comedylandschaft auf. Im Heidenheimer Konzerthaus stellte der gebürtige Münchener jetzt sein aktuelles Programm „Reimart und Sachkunde – Prädikat: Wortvoll“ vor – 350 Personen amüsierten sich dabei köstlich.

Mit den Worten „Lasst uns die Sorgen draußen lassen“ eröffnete Willy Astor seine „Schlauchdatio“ und stellte auch seinen vegetarischen Gemüsekrimi „Warte, bis es Dinkel ist“ vor. Er sang ein Lied für schwererziehbare Senioren („Rollatorenbrigade“) und rappte bei „The Pubertier Is In Da Haus“ an seinem Keyboard. Wenn’s um Drogen geht, empfiehlt sich der direkte Weg zum Kiffer-Orthopäden. Im Titel „Ohne Wham und ABBA“ klaute er den Toten die Hosen, fragte sich, warum er einen Skoda und die Suzi einen Quattro fährt und stürzte sich wie die Geier im Sturzflug auf das fette Brot.

Das Innenleben des FC Bayern München

In der Polka "Mir san jung, mir san dumm" hat Astor eine Strophe eingebaut, in der er im waschechten sächsischen Dialekt das Grölen von Naziparolen auf Sylt thematisiert und sich deutlich gegen Ausländerfeindlichkeit positioniert. Und in den Nachrichten aus dem Jahr 2038 gab es interessante Einblicke in das Innenleben des FC Bayern München: Nachdem Cheftrainer Lothar Matthäus sieben Feldspieler zu viel im Bundesligaspiel gegen Schalke eingewechselt hatte, wurde dieses am grünen Tisch mit 0:4 gewertet und „Loddar“ entlassen. Der Saal brüllte vor Lachen.

Autobiografische Einblicke

Astor geizte an diesem Abend auch nicht mit tiefen Einblicken in seine Gefühlswelt. Er erläuterte, wie er seine Ideen sammelt, sprach von Phasen, in denen es auch ihm schwerfällt, die richtigen Reime zu finden und philosophierte über seine Anfänge, als er noch vor zehn Zuhörern Witze gerissen hatte und den Durchbruch mit „Astorlavista Baby – Takt der Abrechnung“ 1993 schaffte.

Da man mit dem Akkordeon-Spiel maximal die Rentnertruppe aus der Schrebergartensiedlung begeistern, aber keine Mädchen an Land ziehen konnte, stieg er mit 16 Lenzen auf die Gitarre um. „Einfach sein“, ein schöner Titel in Anlehnung an Reinhard Mey und das Instrumentalstück „Nautilus“, welches er vor 39 Jahren geschrieben hat, beendeten den Abend und zeigten die andere Facette des Willy Astor als begabten Musiker.

„Albernheit verhindert den Ernst der Lage“

Es ist fast schon unglaublich, dass Willy Astor nach den vielen Jahren immer wieder neue Wortspiele einfallen – die nicht nur irrwitzig sind, sondern auch irrwitzig komisch herüberkommen. Zudem freut er sich immer noch diebisch, wenn einzelne Zuhörer mit einer ordentlichen Verzögerung zu lachen beginnen. Entweder der Zuhörer hat das Wortspiel nicht verstanden oder er lacht, weil der Sitznachbar lacht. Na ja, wahrscheinlich beides, wird sich Astor wohl denken – Wortspiele für Wortgeschrittene eben.

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