Die Medienkunst-Ausstellung „Hans-Peter-Schiffer-Preis 2025 – Kunst und Technik“ des Kunstvereins Heidenheim in der DHBW zeigt, wie sehr digitale Technologien unser Denken, unsere Wahrnehmung und sogar unsere Vorstellung von Realität formen. Zwei markante künstlerische Positionen stammen von Marc Lee und Till Schönwetter, die auf unterschiedliche Weise sichtbar machen, wie Datenströme, Interfaces, Algorithmen und unser Selbstverständnis im Umgang mit KI und der digitalen Welt unsere Wahrnehmung und Gegenwart prägen.
Marc Lee: Echtzeit-Kunst aus globalen Daten
Der Schweizer Medienkünstler Marc Lee gehört international zu den prägendsten Stimmen der netzbasierten Kunst. Seine Arbeiten nutzen Live-Daten aus sozialen Netzwerken und Online-Archiven, um gesellschaftliche Entwicklungen direkt erfahrbar zu machen.
In der Ausstellung zum Hans-Peter-Schiffer-Preis ist „Used to Be My Home Too“ zu sehen – ein Werk, das Biodiversität und Artensterben in einem einzigen digitalen Bildraum vereint. Die Installation folgt in Echtzeit-Naturbeobachtungen, die weltweit auf iNaturalist.org hochgeladen werden, und führt die Betrachtenden per Google Earth an den Ort des Geschehens.

Gleichzeitig erscheinen Arten, die in derselben Region bereits ausgestorben sind. So entsteht ein stiller, aber eindringlicher Kommentar über die Verletzlichkeit unserer Ökosysteme – und darüber, wie globale Daten sichtbar machen können, was wir sonst nicht wahrnehmen.
Lees Arbeiten wurden unter anderem am ZKM Karlsruhe und im Nationalmuseum für Moderne und Zeitgenössische Kunst in Seoul präsentiert. Kennzeichnend für sein Werk ist die Kunstform in Echtzeit: Die Welt verändert sich permanent, und Lees Installationen zeigen diese Bewegung unmittelbar.
Till Schönwetter: Störungen im System
Till Schönwetter untersucht auf seine Weise die kleinen Verrücktheiten digitaler Systeme. Der Medienkünstler verbindet technische Präzision mit feinem Humor und schafft Werke, die auf den ersten Blick verspielt wirken – auf den zweiten aber grundlegende Fragen über unser Verhältnis zu Technologie stellen.
In „AI is on Vacation“ verabschiedet sich eine Künstliche Intelligenz kurzerhand in den Urlaub. Statt hilfreicher Antworten liefert sie ausweichende und fast kindlich-verspielte Reaktionen, eingebettet in eine künstliche Strandlandschaft. Die Arbeit nimmt mit einem Augenzwinkern die Erwartung aufs Korn, dass KI ohne Pause funktionieren, liefern und reagieren muss.
Freundliche Störungen im System
Mit „Parallax Window“ wiederum macht Schönwetter erfahrbar, wie subjektiv Wahrnehmung ist: Durch Bewegung des Betrachters und dem damit verbundenen Perspektivwechsel entstehen überlagerte Bildräume auf ein Bild, in diesem Fall der Lockschuppen, die sich nie ganz greifen lassen.
„Executive Disfunction“ spielt mit der Überforderung moderner Interfaces: Interaktion und Kontrolle geraten aus dem Gleichgewicht. Der angestrengt und notorisch (am PC) Handelnde findet sich in immer gleichen Bildwelten wieder, ohne Mehrwert. Ein ironischer Kommentar zur digitalen Selbstoptimierung und zum Versagen der Systeme, die uns entlasten sollen. Schönwetters Werke wirken wie freundliche Störungen im System, immer mit einem Hauch von Skepsis gegenüber der vermeintlichen Logik unserer digitalen Welt.
Noch bis 19. Dezember in der DHBW
Die Ausstellung des Kunstvereins Heidenheim ist bis 19. Dezember in der DHBW (Marienstraße 20, schwarzer Kubus) zu sehen. Geöffnet ist sie von Montag bis Freitag von 7 bis 17 Uhr. Führungen gibt es mittwochs ab 16 Uhr und samstags ab 11.30 Uhr.