Am 22. Juli tagte die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Ostwürttemberg unter Leitung von Präsident Markus Maier. Im Mittelpunkt der zweiten Sitzung des Jahres standen die wirtschaftliche Lage in der Region, neue politische Rahmenbedingungen, infrastrukturelle Entwicklungen sowie zentrale Zukunftsprojekte für Unternehmen und Start-ups in Ostwürttemberg. Die Sitzung fand vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen durch geopolitische Veränderungen und anstehende politische Entscheidungen auf Landes- und EU-Ebene statt.
Politische Rahmenbedingungen
IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler informierte das Gremium über den Stand laufender Projekte und die strategische Weiterentwicklung der Kammerarbeit. Dazu gehörten unter anderem die Fortschreibung des Masterplans 2.0 sowie die geplante strukturelle Neuausrichtung des regionalen Innovations-Ökosystems. Ziel sei es, bestehende Start-up- und Innovationsinitiativen unter einem organisatorischen Dach zusammenzuführen, um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Gründern und Wissenschaft gezielter zu fördern.
Im wirtschaftspolitischen Teil ging Präsident Markus Maier auf die ersten Weichenstellungen der neuen Bundesregierung ein. Er begrüßte unter anderem die geplante Senkung der Stromsteuer als wichtiges Signal für die Wirtschaft, forderte aber zugleich mehr Verlässlichkeit und Entlastung für die Betriebe. Maier stellte fest, dass sich die wirtschaftliche Stimmung leicht aufgehellt habe und Investitionszurückhaltung langsam nachlasse. Für die im März 2026 anstehende Landtagswahl in Baden-Württemberg bereiten die IHKs im Land derzeit wirtschaftspolitische Kernforderungen vor.
Finanziell ist die IHK solide aufgestellt: Der Jahresabschluss 2024 weist einen Überschuss von 5,3 Millionen Euro aus. Ein Großteil davon wird als Rücklage für bauliche Erweiterungsmaßnahmen verwendet. Darüber hinaus bleibt die Kammer mit ihrer Beteiligung an regionalen Förderprogrammen, der Wirtschaftsförderung und der Unterstützung der Mitgliedsunternehmen auf Kurs. Im Bereich Infrastruktur steht die IHK in engem Dialog mit politischen Entscheidungsträgern. Neben der Weiterentwicklung des Transformationsnetzwerks Ostwürttemberg, dessen Förderung auch 2026 fortgesetzt werden soll, engagiert sich die Kammer für Projekte wie den Ausbau der B29 und der Brenzbahn sowie für zukunftsfähige Wohnbaukonzepte. Auch das Digitalisierungszentrum („Digiz“), das kürzlich in das Digitale Innovationszentrum an der Hochschule Aalen integriert wurde, soll weiterentwickelt werden.
Einen Schwerpunkt bildete die regionale Energie- und Flächenpolitik. Der Regionalverband hat beschlossen, 1,8 Prozent der Fläche in Ostwürttemberg für Windkraftprojekte vorzusehen. Die IHK begrüßt diese Entwicklung, warnt jedoch vor Verzögerungen beim Aufbau eines funktionierenden Wasserstoffnetzes. Ohne Pipeline-Anbindung könnten ab 2032 erhebliche Nachteile für industrielle Arbeitsplätze drohen. Auf europäischer Ebene weitet die IHK ihr Engagement aus. Geplant sind unter anderem ein Besuch von EU-Kommissar Dan Jørgensen, eine Teilnahme am Baden-Württemberg/EU-Wirtschaftsgipfel, Veranstaltungen zum EU-Automobildialog sowie eine Unternehmerdelegationsreise nach Brüssel im März 2026. IHK-Präsident Maier betonte die wachsende Bedeutung europäischer Rahmenbedingungen für die regionale Wirtschaft und kündigte eine gezielte Intensivierung der Kontakte nach Brüssel an.
Weniger Bürokratie gefordert
Mit Blick auf die strategische Entwicklung der Region stellte Bereichsleiter Markus Schmid das Konzept für ein neues Innovations-Ökosystem vor. Geplant ist eine enge Verzahnung bestehender Akteure wie dem Start-up-Verein Ostwürttemberg, dem Beteiligungsfonds Pegasus und dem „Digiz“, um unternehmerisches Potenzial gezielter zu fördern und Synergien zu nutzen. Auch der Bürokratieabbau wurde erneut intensiv diskutiert. Die Vollversammlung kritisierte unter anderem die uneinheitliche Feiertagsregelung in Deutschland, die geplante Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro sowie zusätzliche Prüfpflichten im Rahmen von Sozialversicherungs- oder Tariftreuegesetzen. Verwaltungsprozesse wie Einbürgerungen, Arbeitserlaubnisse oder Führerscheinumschreibungen müssten deutlich effizienter gestaltet werden. „Wir brauchen weniger Hürden und mehr unternehmerische Spielräume“, lautete das gemeinsame Fazit. Die IHK rief ihre Mitglieder dazu auf, weiterhin konkrete Beispiele für bürokratische Hemmnisse zu melden – etwa über das entsprechende Online-Portal der Kammer.
Simone Schüll, Kreissprecherin der Wirtschaftsjunioren Ostwürttemberg, über die laufenden Aktivitäten und Veranstaltungen der Nachwuchsorganisation.
Überschrift
In der Vollversammlung gibt es einige personelle Veränderungen: Franz Sachsenmaier legte sein Mandat nieder, Thomas Vetter wurde als Nachfolger benannt. Rudolf Stiegele verabschiedete sich nach langjähriger Mitarbeit, Michael Belko wird künftig sein Mandat übernehmen.