Ein bisschen mehr Aufmüpfigkeit, mehr Mut zum Streiten mit Bund und Land für die Belange des Landkreises: So klang es bisweilen aus den Haushaltsreden durch beim Blick auf die unzulängliche finanzielle Ausstattung durch Bund und Land für Pflichtaufgaben, die von oben angeordnet sind – vor allem im sozialen Bereich. Bernhard Ilg (CDU/FDP) forderte mit Blick auf das nicht erfüllte Konnexitätsprinzip: „Weil Hilfe von Bund und Land kaum zu erwarten ist, liegt es an uns, die Transferaufwendungen zu durchleuchten und restriktiv zu bewerten, Streit in Kauf zu nehmen und nicht mehr jede gut gemeinte, individuelle Hilfe zu gewähren.“
Dieter Henle (Freie Wähler) forderte eine Aufgabenkritik angesichts der Haushaltslage und Michael Salomo (SPD) hob hervor: Nicht die Landkreise leben über ihre Verhältnisse, sondern Bund und Land leben auf Kosten der Kommunen. Dennoch hält die SPD-Fraktion eine Hand über vielen sozialen Hilfen, die CDU/FDP und Freie Wähler dagegen gut durchleuchtet und restriktiv gehandhabt wissen wollen. Michael Sautter (Grüne) sagte, diese finanzielle Schieflage könne dauerhaft nur durch eine radikale Struktur- und Steuerreform beseitigt werden. Heiko Röllig (AfD) forderte mit Blick auf das Grundgesetz gar, rechtliche Schritte zu prüfen für eine ausreichende Finanzierung.
Klinikum Heidenheim: klares Bekenntnis
Das Klinikum Heidenheim blieb zentrales Thema. Alle Fraktionen bekannten sich klar zum Standort und zur Klinikstrategie 2030, die das Ziel einer „schwarzen Null“ verfolgt. Vorerst bleibt das Klinikum jedoch finanzielles Sorgenkind und muss finanziell durch den Landkreis gestützt werden. Um das Eigenkapital des Landkreises nicht noch mehr abzuschmelzen, forderten Ilg und Henle die erneuten vier Millionen Euro an Hilfe über Kredit zu finanzieren.
Über die Fraktionsgrenzen hinweg wurde der Bildungsbereich als Investition in die Zukunft hervorgehoben, angesprochen wurde der 2026 beginnende Umbau des Berufsschulzentrums Heidenheim (BSZ). Salomo forderte, den bereits beschlossenen Projektsteuerer rasch einzusetzen, um Kosten und Bauabläufe zu sichern. Der Neubau einer Pflegeschule am Klinikum ist eigentlich – weil zu teuer – vom Tisch. Doch Ilg und Henle fordern einen neuen Anlauf, um Klinikschule und Berufsschule zusammenzuführen. „Bei zu hohen Neubaukosten auf dem Schlossberg empfiehlt sich die Verschmelzung unter einem Dach am sanierten Berufsschulzentrum“, sagte Henle
ÖPNV-Taxi, Radwege und Straßenverkehr
Während es durchweg Lob gab für Einsatz des Landrats für den Brenzbahn-Ausbau und den vorige Woche unterzeichneten Finanzierungsvertrag gab, wurde die Tonlage schärfer im Hinblick auf den Mobilitätspakt Aalen–Heidenheim: Nach fünf Jahren sei wenig umgesetzt, weder eine Entlastung der Ortsdurchfahrten Königsbronn und Schnaitheim noch eine Anbindung der Firma Zeiss an die Autobahn, so Ilg: „Weil Lkw und Pkw noch lange Zeit das Transport- und Verkehrsmittel schlechthin sein werden, muss dieses wichtige Ziel konkret angegangen werden.“
Sautter forderte nicht nur eine rasche Neuauflage des Mobilitätspakts, sondern hat Hoffnung, dass ein Teil des Individualverkehrs durch Fahrräder ersetzt werden könnte. Dazu brauche es aber sichere und schnelle Radwegverbindungen. Er forderte einen neuen Radwegeplan für den Landkreis ein. Auch wenn die Freude über die Einführung des ÖPNV-Taxis in Giengen und Dischingen groß ist, wird zeitnah eine Evaluation zur Nutzung gefordert.
Abfallwirtschaft im Umbruch
In Sachen Abfallwirtschaft waren sich alle Fraktionen einig, dass Veränderungen nötig sind, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die Fraktionen stimmten weitgehend überein, dass ein neues Abfallwirtschaftskonzept überfällig ist. Von einer Gebührenordnung, eventuell ohne Gewichtsanteil, ist die Rede. Die SPD fordert gar eine Umstellung von Personentarifen hin zu Grundstückstarifen. „Insbesondere bei großen Mehrfamilienhäusern mit häufig wechselnder Mieterschaft können die Kosten für die Müllentsorgung vom Vermieter eingetrieben werden“, sagte Salomo. Vonseiten der CDU/FDP-Fraktion wird dringend eine Lösung für die Altpapier-Sammlung angemahnt. „Allein die wachsenden Berge an Kartonagen lassen sich mit der Papiertonne nicht mehr abholen“, sagte Ilg und will die Vereine weiterhin mit Sammlungen im Boot haben. Michael Sautter mahnt neben einem Gesamtkonzept die energetische Nutzung von Biomüll und verholzten Abfällen an. Heiko Röllig fordert die Prüfung rechtlicher Schritte gegen die CO₂-Abgabe ein, die die Gebührenzahler tragen müssten, sowie eine Kosten- und Risikoanalyse, um die Abhängigkeit vom Anbieter WRZ Hörger zu bewerten: „Fällt dieser aus, steht die Entsorgung im gesamten Landkreis auf der Kippe“, warnte Röllig mit Hinblick auf den jüngsten Brand in der Sortieranlage.
Neuer Standort für Kfz-Zulassung
In den Haushaltsreden wurde auch das Raumkonzept des Landratsamts und insbesondere die künftige Nutzung des Gebäudes Bergstraße 34 thematisiert, wo nicht nur der Kreisabfallwirtschaftsbetrieb seinen Sitz bekommen soll, sondern übergangsweise auch die KfZ-Zulassungsstelle – allerdings kommt hier Gegenwind. Ilg zweifelte an einer „sinnvollen und sicheren Parkierung“. Henle lehnte die Immobilie aufgrund ihrer Lage als ungeeignet ab und fordern die Vorlage eines umfassenden Immobilien-Cluster-Konzepts bis Mitte 2026. Einigkeit besteht darin, dass Transparenz und langfristige Planung bei teuren Immobilieninvestitionen unerlässlich sind.
Beim Thema Energie und Transformation zeigte sich ein geteiltes, aber konstruktives Bild.
Sautter forderte, die Energiewende im Landkreis engagiert fortzuführen – mit Fokus auf Windkraft, Photovoltaik auf großen Dachflächen, über Parkplätzen und im Bereich Agri-PV. Auch der Ausbau des Stromnetzes und die Nutzung neuer Speichertechnologien sollen vorangetrieben werden. Die AfD indes kritisiert den Wasserstoff-Hype und bezweifelte die wirtschaftliche Effektivität. Und CDU und Freie Wähler fordern, die zusätzliche Stelle für Genehmigungsverfahren im Bereich Windkraft zurückzustellen. In den Fokus rückte abermals die Klimaschutz- und Energieagentur Zekk,. „Wir vermissen inhaltlich den Mehrwert, beziehungsweise neuschwäbisch den Output“, so Henle.
Finanzen und Kreisumlage
Dem Hebesatz der Kreisumlage von 35,5 Prozent wollen die Fraktionen zustimmen. Die Kreisumlage nennt man das Geld, das die Kommunen angesichts ihrer Steuerkraft an den Landkreis abführen, im kommenden Jahr liegt die Summe bei insgesamt 96 Millionen Euro, laut Salomo kommen davon 41 Millionen von der Stadt Heidenheim. Bei der Finanzplanung für die weiteren Jahre will die Kreisverwaltung diesen Hebesatz anheben, Widerstand zeichnet sich ab. Ilg kündigte an, dass seine Fraktion dem mittelfristigen Finanzplan nicht zustimme. Auch die SPD-Fraktion will so schnell wie möglich erfahren, wie viel Geld der Landkreis über das vom Bund beschlossene Sondervermögen erhält und die Freien Wähler fordern, dieses Geld für eine stabile Kreisumlage zurückzustellen. Röllig sagte, dass die AfD der Kreisumlage zustimme, auch wenn die Fraktion die Belastung für die Kommunen kritisch sehe. Dem gesamten Haushalt werde seine Fraktion nicht zustimmen – nicht aus Protest, sondern für eine Zukunft ohne Schuldenfalle.
Acht Millionen Euro Differenz
Das gesamte Haushaltsvolumen für 2026 macht 240 Millionen Euro aus, wobei der Landkreis rund acht Millionen Euro an Schulden aufnehmen muss. Mehr als die Hälfte sind sogenannte Transferaufwendungen, darunter viele Sozialleistungen, zu denen der Landkreis verpflichtet ist. Wie geht es weiter? Die haushaltswirksamen Anträge gehen in den kommenden Wochen in die Fachausschüsse zur Beratung. Verabschiedet werden soll der Haushalt 2026 am 15. Dezember.