Theater in Schnaitheim

Premiere im Sasse-Theater: Warum Schneewittchen politisch korrekt werden musste

Im Schnaitheimer Sasse-Theater wurde die Premiere des Stücks „Das politisch korrekte Schneewittchen“ gegeben. Was das Publikum zu sehen bekam.

Der Vorhang ist noch geschlossen, süßlich erklingt eine Mädchenstimme, die „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ singt. Dann hört man einen empörten Schrei, der Vorhang öffnet sich und man landet mitten in einem Streit. Schneewittchen-Darstellerin und Theater-Diva Victoria von Leitenschau (schön zickig: Alexandra Dempf) gibt dem Prinzen eine schallende Ohrfeige und beschwert sich über den „fünfminütigen Kuss mit Erstickungsgefahr“. Er habe sie nicht gefragt und überhaupt: Er sei zu klein für sie und sie verlange auf der Stelle eine Neubesetzung. Der Schauspieler Egbert Hubertus und nunmehr abgesetzte Prinz (prima: Lars Helfert), der der Diva in nichts nachsteht („So kann ich nicht arbeiten!“), wird bei der Komödie „Das politisch korrekte Schneewittchen“, die am Samstag in der Sasse Premiere feierte, kurzerhand zum Zwerg degradiert.

Doch Halt! Auftritt von Amalie Rösler-Lindenberg (herrlich schräg: Marion Hessenauer). Sie erhebt als unfähige, aber spirituell permanent nervende Regisseurin Einspruch: „Zwerg“ darf man nicht mehr sagen! Es heißt „Kleinwüchsige“ und muss in jeder Textzeile geändert werden. Die eigentliche Arbeit im Theater, Vermitteln, Beruhigen, Übersetzen von schrägen soziologischen Ergüssen Rösler-Lindenbergs leistet Regieassistentin Sigrid Stüben. Zunächst noch klein, verzweifelt und überfordert, steigert sich die Figur auf erstaunliche Weise zu der Person, die am Ende fast alle Zügel in der Hand behält (gut: Mia Rimer).

Der Souveränste im Theaterstall spielt bei dem anstehenden Stück gar nicht mit, sorgt aber mit bayerischem Dialekt, Gemütlichkeit, Witz und vor allem seiner „Spezialmedizin“ nicht nur immer wieder für Ruhe im Ensemble, sondern auch für unglaublich viele Lacher. Allein die Szene mit dem Vorhang ist sehenswert. (Ein großer Genuss: Peter Hessenauer als Alfons Moosgruber.) Auch manches Mal, wenn die Szenen etwas zu langatmig geraten sind, rettet der Hausmeister alles in Sekundenschnelle. Das Stück lebt von seinen schnellen Wechseln und den verrückten Figuren. Jede Person hat ihren unverwechselbaren Charakter, und auch die zunehmend desolate Entwicklung des Theaterdirektors Ernst Meierling (witzig: Christoph Kicherer) ist sehr vergnüglich mitanzusehen. Seine Aufgabe besteht darin, den Sponsor, die Freisinger Milchwerke, zufriedenzustellen, damit das Theater nicht schließen muss.

Sponsor muss erwähnt werden

Die Produkte des Sponsors müssen 20 Mal im Text erwähnt werden, und weil die Diva eine Milchallergie hat, wird kurzerhand die Besetzung gewechselt. Nun darf das junge Liebespaar (gut: Emilia Hölzel und Florian Dobrick) auch auf der Bühne seine Liebe zeigen. Da es aus Kostengründen nur für einen Zwerg, pardon: Kleinwüchsigen, reicht, muss die Regieassistentin auch hier umdichten, was zu großen Lachern führt.

Das Regie-Trio um Benny Hessenauer, Markus Beuthler und Christina Kling hat sich bei dieser unterhaltsamen Komödie viele witzige und überraschende Details einfallen lassen. Stark ist auch die letzte Szene, in der es endlich zur Aufführung kommt, bei der sich das Trio einen ganz besonderen Kniff ausgedacht hat. Das Publikum, das sich während des Stückes immer wieder beteiligte („Om!“), ging zufrieden und erst nach einem langen Applaus für die Darsteller nach Hause.

„Das politisch korrekte Schneewittchen“ ist eine Komödie der 1967 in Neumarkt in der Oberpfalz geborenen Lehrerin Christine Steinwasser-Lingsminat. Als sie für ihre Schülerinnen und Schüler keine Stücke fand, die besetzungstechnisch auf sie passten, griff sie selbst zum Stift. Mittlerweile hat sie eine Reihe von Komödien geschrieben. Ihre Stücke wollen nicht belehren, sondern das Publikum zum Lachen bringen.

Weitere Aufführungen

Weitere Aufführungen des Herbst-/Winterstückes für Erwachsene „Das politisch korrekte Schneewittchen“ sind an den Wochenenden im Sasse-Theater zu sehen: am 25. und 26. Oktober sowie vom 8. November bis zum 14. Dezember, samstags um 20 Uhr, sonntags um 18 Uhr. Am Sonntag, 16. November, gibt es statt der Vorstellung um 18 Uhr eine Matinee um 11 Uhr. Karten sind erhältlich bei der „Sasse“ selbst, im Naturtheater oder im Ticketshop der Heidenheimer Zeitung.