18 Prozent weniger Kinobesucher

Warum Ralf-Christian Schweizer fest an die Zukunft seiner Kinos in Heidenheim, Ellwangen und Aalen glaubt

Den Filmtheatern stecken die Coronafolgen immer noch in den Knochen, und zuletzt machte ihnen der Streik in Hollywood zu schaffen. Nischenprogramme werden immer wichtiger – von Animes in Originalsprache bis „Best of Cinema“. Was erwartet die Kinobesucher in den nächsten Monaten?

Kino ist kein Karneval. Insofern gilt hier das Gegenteil. Am Aschermittwoch fängt’s wieder an. Das Geschäft nämlich. Denn ist der Fasching erst mal vorbei, gehen die Besucherzahlen merklich nach oben. Sagen Ralf-Christian Schweizer und Jochen Wetzel. Und der Geschäftsführer der mit Kinos in Heidenheim, Aalen und Ellwangen operierenden Capitol-und-Kino-Center GmbH und sein Heidenheimer Betriebsleiter haben es auch in diesem Jahr wieder erlebt. Wie immer also. Alles normal.

Wieder alles normal. Denn das halbe Jahr davor war alles andere als normal verlaufen. „Es war nicht einfach“, sagt Ralf-Christian Schweizer. Schwieriger als sonst jedenfalls. Noch schwieriger. Denn insgesamt stecken der Kinobranche noch immer die Coronajahre in den Knochen. Das gilt selbstverständlich auch für Heidenheim, Aalen und Ellwangen. „18 Prozent der Besucher sind nicht mehr zurückgekommen“, bilanziert Schweizer. Unterm Strich: Beinahe jeder fünfte Kinogänger von 2019 ist bis heute weggeblieben.

„Viele gute Filme kommen“

Und dazu wurde es dann auch noch in Hollywood kompliziert. Der Streik in der Filmbranche im letzten Quartal des vergangenen Jahres war es, dessen Auswirkungen man auch an den Standorten der Capitol-und-Kino-Center GmbH zu spüren bekam. Das heißt: Man spürt sie noch immer. „Wir haben jetzt seit bald einem halben Jahr bei weitem nicht das Filmangebot, das wir ohne den Streik gehabt hätten“, sagt Ralf-Christian Schweizer. Filme wurde nicht fertig oder zurückgehalten. „Das Ganze hat uns selbstverständlich auch Besucher gekostet, obwohl das Jahr 2023 zuvor an sich kein so schlechtes Jahr gewesen war. Aber diese Streikzeit samt ihren Folgen mussten wir erst einmal irgendwie überbrücken. Und jetzt muss die Maschinerie mit allem, was dazugehört und wobei das Marketing nicht zuletzt kommt, erst einmal wieder anlaufen, um auf Touren zu kommen.“

Immerhin erwartet sich Ralf-Christian Schweizer, wenn man so will, eine enorme Erhöhung der Drehzahl in Sachen Programm, wenn nun so nach und nach aus Hollywood alles kommt, was bislang auf Eis lag. „Ich rechne damit ab Mitte des Jahres und sehe dann bis einschließlich 2025 anderthalb Jahre mit vielen guten Filmen, die die Verleihfirmen sicherlich geschickt verteilt innerhalb dieses Zeitrahmens platzieren werden.“

Spontane Besuche

Selbstverständlich hofft Ralf-Christian Schweizer, dass sich das am Ende auch an der Kinokasse bemerkbar machen wird. „Ich glaube fest ans Kino. Wir bekommen die Leute wieder zurück. Oder wir gewinnen neue hinzu. Das wird sich einpendeln.“ Noch aber ist es nicht so weit. Und das Geschäft ist nach Corona zunächst einmal auch noch unberechenbarer geworden. „Wir haben viel weniger Reservierungen als davor“, sagt Jochen Wetzel. „Die Leute kommen jetzt eher spontan. Und das vorzugsweise am Wochenende.“

Unter der Woche sind die stärksten Tage die Montage und Dienstage. Was nicht von ungefähr kommt. Hier greifen spezielle Zutaten, die das Normalprogramm ergänzen. Und es inzwischen, auch wenn sie sich in Nischen abspielen, sogar aus wirtschaftlicher Sicht aufwerten. Der Besucherzuspruch ist hier tatsächlich höher als früher.

Der Nerv des Publikums

Zum Beispiel bei den Sneak-Previews, bei denen man vorher nie weiß, welchen Filme es zu sehen geben wird, und die nun wegen des erhöhten Zuspruchs nicht mehr nur alle vierzehn Tage, sondern wöchentlich angeboten werden. Oder bei „Best of Cinema“, eine Reihe, in der an jedem ersten Dienstag eines Monats ein Filmklassiker gezeigt wird, den man, wie Ralf-Christian Schweizer sagt, „auf der großen Leinwand sehen muss“. Weil er nur hier seine ganze Wucht entfaltet. Schweizer: „Was diese Serie anbelangt, war ich, das gebe ich gerne zu, eher skeptisch. Aber sie trifft eindeutig einen Nerv beim Publikum.“ Und Jochen Wetzel ergänzt: „Insbesondere lockt sie viele Leute, die davor schon ganz lange nicht mehr im Kino gewesen waren.“  Nicht zu vergessen: der alle zwei Wochen wechselnde Kulturfilm, längst ein Klassiker parallel zum übrigen Programm, der in Heidenheim grundsätzlich sogar noch einmal besser läuft als in Aalen oder Ellwangen und, warum auch immer, insbesondere an Montagen und Dienstagen am besten.

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Eine weitere Orchidee im Nischengarten des Kinos blüht jeden letzten Dienstag eines Monats. Es handelt sich um eine Reihe mit Animationsfilmen in Originalsprache. „Japanisch mit deutschen Untertiteln“, sagt Ralf-Christian Schweizer. „Diese Serie hat ganz viele Anhänger.“ Und ein deutlich anderes Publikum als das Mitmach-Kino des Disney-Channels für Kinder im Vorschulalter, bei dem getanzt und gesungen werden darf und das Licht im Saal nicht ganz ausgeht und die Lautsprecher etwas leiser gedreht werden. Hier sind wir dann schon im noch einmal spezieller aufgestellten Bereich der Kino-Events angelangt, wohin sich beispielsweise auch Filmangebote für „Ladies Nights“ oder Abende für „Harte Jungs“ einreihen lassen. Wer die Leute zurückholen möchte, muss sich was einfallen lassen.

Sonntagskonzert mit Star-Geiger David Garrett

Die jüngste und immer mehr aufkommende Programmsparte im Kino ist der Konzertfilm. Bei solchen Gelegenheiten zu Gast waren schon so unterschiedliche musikalische Attraktionen wie „Metallica“, „Coldplay“ oder Taylor Swift. Am kommenden Sonntag, 25. Februar, wird sich Star-Geiger David Garrett die Ehre geben, wenn ab 17.30 Uhr im Heidenheimer Kino-Center dessen in Taormina auf Sizilien mitgeschnittenes Konzert auf die Leinwand kommt.

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