Nach dem Wasserschaden

Warum der Sitzungssaal des Heidenheimer Rathauses für 3,5 Millionen Euro saniert wird

Der Heidenheimer Gemeinderat hat beschlossen, den großen Sitzungssaal im Rathaus komplett zu sanieren und zu modernisieren. Warum das notwendig ist und was das Unterfangen kostet.

Eigentlich wäre der Emil-Ortlieb-Saal nicht Bestandteil der großen, über Jahre laufenden Sanierung des Rathauses gewesen. Denn der große Sitzungssaal, in dem der Gemeinderat normalerweise tagt, sollte nicht zuletzt aus Kostengründen – zunächst – außen vor bleiben. Doch dann kann es anders: Im November vergangenen Jahres kam es während eines Starkregens zu einem Wassereintritt ins Dach des Saales, der auf der Ostseite des Rathauses liegt.

Vermutlich durch die Sanierungsarbeiten auf dem Dach löste sich im abgehängten Deckenbereich des Saales unbemerkt ein innenliegendes Rohr für die Dachentwässerung. Dieses Rohr war, wie nach dem Wassereinbruch festgestellt wurde, vermutlich schon vor mehr als 20 Jahren völlig unzureichend befestigt worden und hatte sich gelöst. In der Folge kam es zu einem großflächigen Wassereintritt, wodurch unter anderem die gesamte Elektrik beschädigt wurde. Folgerichtig blieb dem Gemeinderat nichts anderes übrig, als einer außerplanmäßigen Sanierung des Saales zuzustimmen.

In der jüngsten Sitzung des Gremiums stellte der Leiter des städtischen Geschäftsbereichs Hochbau, Stefan Bubeck, die aktuelle Planung für die Sanierung vor, die auch gleich eine völlige Neugestaltung und Modernisierung beinhaltet. Denn die Lüftungsanlage im Saal ist mehr als 50 Jahre alt, Beleuchtung und elektronische Ausstattung sind zudem ebenso wie die Medientechnik und die Akustik alles andere als zeitgemäß.

Im Zuge der Voruntersuchung, so Bubeck, habe sich herausgestellt, dass die Leitungsführung für Elektrik und Lüftung im Emil-Ortlieb-Saal mit der des kleinen Sitzungssaals im ersten Obergeschoss unmittelbar zusammenhängt – weshalb auch dieser saniert werden müsse. Um Synergien zu nutzen, hält es der Geschäftsbereichsleiter für das Beste, Planung, Ausschreibung und die eigentlichen Arbeiten gleichzeitig abzuwickeln und auch die Technik in beiden Sälen aufeinander abzustimmen.

Plenarische Sitzanordnung

Um Zuge der grundlegenden Sanierung, so der Vorschlag der Verwaltung, könnte der Saal auch gleich komplett neugestaltet werden, auch was die Anordnung der Sitzreihen und die optische Erscheinung betrifft. Zu diesem Zweck, erläuterte Bubeck, habe man unterschiedliche Varianten untersucht, die in den bestehenden Räumlichkeiten umsetzbar wären. Die favorisierte Variante sieht eine große Verwaltungsbank vor, die auch Platz für alle Fachbereichsleiter bietet. Bisher saßen diese auf den Zuschauerrängen im Sitzungssaal.

Ebenso wie die Verwaltungsbank sollen auch die gegenüberliegenden Plätze für die Stadträte im parlamentarischen Halbrund angeordnet sein. „Auf diese Weise ist eine kommunikativere Sitzungsführung möglich“, sagte Bubeck. Außerdem ist vorgesehen, die Zahl der Sitzplätze für den Gemeinderat zu erhöhen. „Das ist notwendig, weil Heidenheim auch weiterhin mehr als 50.000 Einwohner haben wird und durch die unechte Teilortswahl bis zu drei weitere Mitglieder dazukommen“, erklärte der Geschäftsbereichsleiter. Um Platz für die Erhöhung von bisher 35 auf mehr als 40 Sitze zu schaffen, ist der Abbruch der ersten beiden Zuschauerränge notwendig.

Im neuen Sitzungssaal des Heidenheimer Rathauses sollen die Sitze im Halbrund angeordnet sein. Ansicht: Aldinger Architekten

Der Zuschauerbereich soll im Zuge der Baumaßnahmen barrierefrei zugänglich werden, die Verwaltungsbank soll eine Stufe erhöht sein. Auch wenn der Saal komplett entkernt werden soll, bleiben Fenster und Wände unverändert, nur die Wandverkleidungen sollen erneuert werden. „Das Ziel ist, den Saal wesentlich freundlicher, heller und moderner zu gestalten“, so Bubeck. Im kleinen Saal ist geplant, eine möglichst flexible Möblierung einzubauen, um ihn besser für Veranstaltungen nutzen zu können. Im Zuge der Sanierung ist auch die komplette Erneuerung der Medientechnik im großen wie im kleinen Sitzungssaal vorgesehen. Dabei soll berücksichtigt werden, dass die neue Gemeindeordnung vorsieht, dass bei Gemeinderatssitzung künftig auch Livestreaming, hybride Sitzungen und digitale Abstimmungen möglich sein müssen.

Kosten von 3,5 Millionen Euro

Bubeck erklärte, dass versucht werden soll, alle Arbeiten noch im kommenden Jahr abschließen zu können, auch wenn dieser Plan „sportlich“ sei. Die Kosten für die Erneuerung beider Säle belaufen sich den aktuellen Berechnungen zufolge auf 3,5 Millionen Euro.

Die Vorstellungen der Verwaltung wurden von Seiten des Gemeinderats ganz unterschiedlich aufgenommen. „Es wäre unsinnig, das Ganze jetzt nicht bestmöglich zu machen, wenn es ohnehin gemacht werden muss“, sagte Andreas Antoniuk (Grüne), der die neue Anordnung der Sitze befürwortet. Michael Riek (CDU) sieht die Sache ein wenig anders: „Ein bisschen mehr Understatement würde uns guttun, wir sollten weniger Geld für uns selbst ausgeben.“

Zudem bemängelt er, dass für die Zuschauer zwei Sitzreihen wegfallen, um mehr Sitze für die Stadträte zu schaffen. Auch Dr. Waltraud Bretzger (CDU) übte Kritik: „Wir müssen sparen und da sind diese Ausgaben viel zu hoch.“ Dass der Gemeinderat derzeit immer an unterschiedlichen Orten tage, störe sie nicht: „Ein Gemeinderat auf Reisen ist doch auch gut und fördert den Kontakt zu den Bürgern.“ Sowohl OB Michael Salomo als auch Bubeck erklärten, dass der Großteil der Kosten auf die Technik entfalle, die aufgrund des Schadens ohnehin erneuert werden müsse.

Ein bisschen mehr Understatement würde uns guttun.

Michael Riek, CDU-Stadtrat

Prof. Dr. Ulrich Schrade (Grüne) nannte die Planung für den Emil-Ortlieb-Saal stimmig und durchdacht. Das sieht auch Michael Kolb (CDU) so, der jedoch bemängelt, dass dem Gremium nur eine von insgesamt fünf Varianten genauer vorgestellt worden sei. „Wir planen das nicht, weil wir neue Stühle wollen, sondern weil wir einen massiven Wasserschaden haben“, versuchte Ralf Willuth (Freie Wähler) die Diskussion zu beruhigen. Die Kernsanierung sei erforderlich und wenn dabei eine bessere Kommunikation und bessere Sichtachsen geschaffen werden könnten, dann solle man das umsetzen: „Es geht nicht anders, als das Geld in die Hand zu nehmen.“

Nach langer Diskussion stimmte das Gremium mehrheitlich bei sechs Gegenstimmen und drei Enthaltungen der Sanierung und damit den Mehrausgaben von 3,5 Millionen Euro zu.

Teure Rathaus-Sanierung

Die seit Jahren laufende Sanierung des Rathauses geht weiter voran. Bei den Arbeiten geht es in erster Linie darum, das Gebäude energetisch auf einen moderneren Stand zu bringen. Die Kosten für das Mammut-Projekt belaufen sich den Planungen zufolge auf 37 Millionen Euro. Durch die notwendige Sanierung der beiden Sitzungssäle, die 3,5 Millionen Euro kostet, wird die Marke von 40 Millionen Euro geknackt.

Seit der Emil-Ortlieb-Saal nicht mehr genutzt werden kann, tagt der Heidenheimer Gemeinderat in unterschiedlichen Gebäuden, etwa in Schulen oder in der Feuerwache. Sitzungen der Ausschüsse finden häufig in der Stadtbibiliothek statt.

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