IHK-Konjunkturbericht

Wie die Betriebe in Ostwürttemberg die wirtschaftliche Lage bewerten

Die Betriebe in Ostwürttemberg stehen vor großen Herausforderungen. So sieht es in den einzelnen Branchen aus.

In Ostwürttemberg hat sich das konjunkturelle Stimmungsbild im Herbst 2025 gegenüber den Vormonaten verschlechtert: Die Wirtschaft in Ostwürttemberg steckt dem Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammer (IHK) zufolge weiter in einer Stagnation. Die Geschäftslage verbessert sich zwar in diesem Herbst etwas, jedoch steht der Konjunkturklimaindikator aufgrund pessimistischerer Zukunftserwartungen wieder auf dem niedrigen Niveau von vor zwei Jahren.

Thilo Rentschler, IHK-Hauptgeschäftsführer, beurteilt die strukturellen Standortschwächen weiterhin kritisch: „Die positiven Erwartungen aus dem Frühsommer konnten nicht in den Herbst 2025 rübergebracht werden. Die Unternehmen benötigen mehr denn je mutige politische Entscheidungen und konsequentes Handeln: Bürokratie entschlacken, Genehmigungs- und Planungsverfahren beschleunigen, Investitionen erleichtern und für wettbewerbsfähige Energiepreise sorgen.“

35 Prozent der Unternehmen in Ostwürttemberg beschreiben ihre Geschäftslage weiterhin als gut, 42 Prozent bewerten sie mit „befriedigend“ und 23 Prozent mit „schlecht“. Dagegen sind die Unternehmen im Ausblick wieder pessimistischer als noch im Frühsommer: Der IHK-Konjunkturklimaindex als Kennzahl für den konjunkturellen Gesamtzustand Ostwürttembergs weist daher in eine negative Richtung: Er liegt nun bei 104,4 und damit 3,2 Punkte niedriger als in der vorherigen Umfrage. Hauptrisiko für zwei Drittel der Unternehmen ist – als Folge der Kaufzurückhaltung und der unsicheren Rahmenbedingungen – weiterhin die Inlandsnachfrage. Die Hälfte der Unternehmen sehen die Arbeitskosten als Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. 37 Prozent der Unternehmen geben weiterhin die hohen Energiepreise als Herausforderung an.

Einstellungsbereitschaft sinkt

Die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen für die kommenden zwölf Monate zeigt Anzeichen einer Verschlechterung: Weiterhin gehen zwar 13 Prozent der befragten Unternehmen von steigenden Beschäftigtenzahlen aus – jedoch planen 26 Prozent der Unternehmen mit Freistellungen, im Frühsommer waren es noch 22 Prozent. 61 Prozent der Unternehmen wollen ihre Personalstärke stabil halten. Dieser Anteil ist um vier Prozentpunkte gefallen.

Während die Ertragslage im Durchschnitt aller befragten Unternehmen stabil geblieben ist, haben sich die Umsatzzahlen leicht verbessert, die Umsatzerwartungen jedoch leicht verschlechtert: 29 Prozent der Unternehmen sprechen von steigenden und 24 Prozent von sinkenden Umsätzen in den kommenden zwölf Monaten. Zudem hat sich die Lage bei den Auftragseingängen wieder verschlechtert: 16 Prozent der Unternehmen sprechen von steigenden (-4 Prozentpunkte), 35 Prozent der Unternehmen sprechen von sinkenden Eingängen (+8,7 Prozentpunkte).

Blick in die Branchen

In der Industrie hat sich die aktuelle Geschäftslage verschlechtert: Dabei sprechen 31 Prozent von einer schlechten Geschäftslage, im Frühsommer waren es 24 Prozent. Im Vergleich zur vorherigen Umfrage überwiegt wieder die pessimistische Erwartungshaltung: 36 Prozent sprechen von einer Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten (+20 Prozentpunkte), von einer Verbesserung gehen nun lediglich 23,6 Prozent der Industrieunternehmen in Ostwürttemberg aus. Die Kapazitätsauslastung ist wieder von 82 auf 78 Prozent gesunken, die weiter sinkenden Auftragseingänge lassen auf eine weitere Erhöhung der Kapazitäten nicht hoffen.

Die Restrukturierungspläne in den Industrieunternehmen setzen sich fort: 53 Prozent wollen die Belegschaft halten. Jedes dritte Unternehmen (33 Prozent) will Beschäftigte entlassen, was einer Erhöhung von 13 Prozentpunkten im Vergleich zum Frühsommer entspricht. Rentschler sagt dazu: „Diese Konjunkturumfrage zeigt deutlich: Wir müssen jetzt handeln, um den Strukturwandel erfolgreich zu gestalten. Dafür braucht es rasche gemeinsame Lösungen von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.“

Die Dienstleister sind dagegen überdurchschnittlich zufrieden mit der aktuellen Situation: Knapp 85 Prozent sprechen von verbesserten oder gleichbleibenden Geschäftserwartungen. Steigende Umsätze, eine verbesserte Ertragslage und der seit Frühsommer 2023 anhaltende Trend fallender Auftragsvolumina kehrt sich im Herbst 2025 um: Jedes fünfte Unternehmen spricht von steigenden Auftragseingängen.

Der kleine „Lichtstreif“ in der Bauwirtschaft zum Jahresbeginn 2025 zeigt sich nun in der aktuellen Lageeinschätzung: 46 Prozent der befragten Unternehmen geben eine gute Geschäftslage an. Weiterhin sprechen 23 Prozent von fallenden Beschäftigtenzahlen – im Herbst 2024 war es noch mehr als die Hälfte der Bauunternehmen. Auch die Finanzlage hat sich im Bausektor seit Herbst 2024 stetig verbessert: 59 Prozent der Bauunternehmen sprechen von einer unproblematischen Finanzlage; vor einem Jahr waren es nur 31 Prozent.

Die Handelsunternehmen in Ostwürttemberg bewerten ihre Geschäftslage überwiegend als „befriedigend“ (65 Prozent), lediglich 14 Prozent sprechen von einer guten Geschäftslage. 19 Prozent der Handelsunternehmen wollen die Beschäftigtenzahlen reduzieren – im Frühsommer waren es noch 36 Prozent. Auch die Investitionsbereitschaft ist nun höher: zwei von drei Unternehmen sprechen von zunehmenden oder gleichbleibenden Investitionen – im Frühsommer waren es nur 39 Prozent.

483 Unternehmen befragt

In ihrer dreimal pro Jahr durchgeführten Konjunkturumfrage nutzt die IHK Ostwürttemberg übliche Verfahren der Marktforschung. Aus der Grundgesamtheit der gewerblichen Wirtschaft zieht die IHK eine repräsentative Auswahl von denselben 483 Unternehmen. Konjunkturindikatoren aus Umfragedaten sind für die Diagnose der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung von großer Bedeutung.