Lob und Tadel

Städtischer Haushaltsentwurf für 2026: So bewerten ihn die Fraktionen im Heidenheimer Gemeinderat

Die Zeit der großen Sprünge ist vorbei. Dementsprechend fallen die Stellungnahmen der Fraktionen im Heidenheimer Gemeinderat zum Haushaltsplanentwurf für 2026 aus.

Dass es anderen Kommunen deutlich schlechter geht, ändert nichts an der Brisanz der Lage: Heidenheims finanzielle Spielräume werden enger und enger, freiwillig Geleistetes steht zur Disposition, und guter Rat ist teuer, wie die Lage schnell und vor allem nachhaltig zum Guten gewendet werden kann. Diese Probleme sprachen auch aus den Worten der Fraktionsvertreter, die am Donnerstag im Gemeinderat Stellung zum städtischen Haushaltsplanentwurf für 2026 nahmen.

Die Reden spiegelten jene Diskrepanz wider, die die Einschätzungen von Oberbürgermeister Michael Salomo und Stadtkämmerer Guido Ochs bei der Einbringung des Haushalts am 16. Oktober hatten zutage treten lassen: Sind Investitionen gefragt, um der Misere Herr zu werden, oder ist konsequentes Sparen das Gebot der Stunde?

Viele Zuhörer aus der Bürgerschaft

Ein Patentrezept hatte keines der Ratsmitglieder im Gepäck, die am Donnerstagnachmittag, begleitet von großem Publikumsinteresse, im Saal des Gemeindezentrums St. Maria ans Mikrofon traten. Die allesamt knapp und prägnant formulierten Beiträge stehen allerdings sinnbildlich für den wiederholt formulierten Appell: Der Gürtel muss deutlich enger geschnallt werden.

CDU/FDP-Fraktion

Wird der auf dem Tisch liegende Etatentwurf nicht in diesem Sinne überarbeitet, dann „können und werden wir dem Haushalt in dieser Form nicht zustimmen“, sagte Michael Kolb, Redner der CDU/FDP-Fraktion. Zur Begründung verwies er darauf, dass die Liquidität der Stadt nach aktuellem Stand im kommenden Jahr um knapp 48 Millionen, bis Ende 2029 sogar um 95 Millionen Euro abnehme. Gleichzeitig wachse der Schuldenstand auf 80 Millionen.

Michael Kolb, CDU/FDP-Fraktion Michael Brendel

CDU und FDP erwarteten einen glaubhaften Weg zur Stabilisierung der Finanzen, könnten diesen im Haushalt und in der mittelfristigen Finanzplanung aber nicht erkennen, so Kolb: „Wenn wir so weitermachen, werden wir in den nächsten Jahren gezwungen sein, drastisch einzugreifen – mit einem Haushaltssicherungskonzept, das uns kaum noch Spielraum lässt.“

Seiner Fundamentalkritik und der Forderung, Bilanz zu ziehen und Prioritäten zu setzen, ließ Kolb die Zusage folgen, sich nicht grundsätzlich zu verweigern. Vielmehr sei seine Fraktion bereit zur Mitarbeit. Er schlug vor, eine Arbeitsgruppe mit Vertreten aller Fraktionen, der Verwaltung und externen Fachleuten zur Haushaltsstabilisierung zu bilden, die sich des Problems „ehrlich, offen und ergebnisorientiert“ annehmen soll.

Klare Kostenkontrolle gefordert

Als Richtschnur formulierte Kolb drei Maximen: Erhalt bestehender Infrastruktur vor neuen Projekten; Investitionen für Jugend und Bildung bei klarer Kostenkontrolle; Überprüfung aller Projekte auf Finanzierbarkeit und Sinnhaftigkeit.

Kolb klagte, viele Belastungen beruhten darauf, dass Bund und Land vielfach das sogenannte Konnexitätsprinzip verletzten, wonach derjenige bezahlen müsse, der etwas bestellt habe. Allerdings wird Heidenheim daran nichts zu ändern vermögen, obwohl er forderte, die Stadt müsse sich notfalls auch gerichtlich dagegen wehren.

Nur wenige Anträge

Kurz nahm sich die Liste konkreter Vorschläge aus: maßvolle Gebührenerhöhungen, wo die Kostendeckung zu gering ist – etwa bei der Volkshochschule und bei den Friedhöfen; Patenschaften für kleine Grünflächen im Stadtgebiet, um Personalengpässen und Kosten zu begegnen; schnellere Genehmigung von Bauvorhaben; Beamer und Leinwand für die Turn- und Festhalle Großkuchen; Gruppenräume in Oggenhausen sowie E-Ladesäulen in beiden Teilorten.

SPD/Linke-Fraktion

Im Unterschied zu Kolb sprach Tanja Weiße, die Vorsitzende der SPD/Linke-Fraktion, von einem stabilen, verantwortungsvollen und zukunftsorientierten Haushalt. Besonders bemerkenswert sei, dass ohne Steuererhöhungen alle freiwilligen Leistungen erhalten bleiben könnten. Für ihre Fraktion sei das ein Signal: „Unsere Stadt bleibt handlungsfähig, unsere Bürgerinnen und Bürger spüren die Sicherheit und Verlässlichkeit ihrer Verwaltung.“

Tanja Weiße, SPD/Linke-Fraktion Michael Brendel

Um der lahmenden Einnahmenseite wieder auf die Beine zu helfen, will Weiße zum einen neue Gewerbegebiete ausweisen, zum anderen die Zahl der Einwohner erhöhen. Dazu beitragen soll die Schaffung bezahlbaren Wohnraums durch die städtische Grundstücks- und Wohnungsbau GmbH: „Wir wollen an diesem Kurswechsel festhalten und der Fehlentwicklung des städtischen Wohnungsverkaufs vor rund 20 Jahren entgegenwirken.“

Gleichzeitig appellierte sie an Grundstücks- und Gebäudeeigentümer: „Geben Sie ungenutzten Wohnraum und Gewerbeflächen frei. Sie schaffen damit Platz für Menschen, die in Heidenheim leben, arbeiten und Teil unserer Gemeinschaft sein wollen.“ Mit Blick auf die Belebung der Innenstadt sprach sich Weiße dafür aus, städtische Immobilien kreativen jungen Unternehmen und Pop-up-Läden zur Verfügung zu stellen. Damit einher gehe die Unterstützung von Vereinen, die mit ihren Veranstaltungen Menschen in die Stadt holten.

Hoffen auf Mittel des Bundes

Bei der Umsetzung der konkret benannten Vorhaben hofft Weiße auf Mittel aus dem Milliardenpaket des Bundes, „denn Investitionen in unsere Infrastruktur sind Investitionen in die Zukunft“. Konkret nannte sie Fahrradstraßen zwischen der ehemaligen Voith-Ausbildungsstätte im Haintal und der Bären-Unterführung sowie zwischen Badehaus und Brunnenstraße (Aufhausen).

Um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, müssten konkrete Pläne für die Städtischen Betriebe entwickelt werden, zudem lasse ein Jugendspielplatz in Schnaitheim ebenso seit Langem auf sich warten wie ein Konzept für den Jugendtreff in der Mergelstetter Schwende. Das sei enttäuschend, so Weiße, „denn unsere Kinder und Jugendlichen brauchen keine leeren Versprechen, sondern sichtbare Zeichen, dass sie uns wichtig sind – heute, nicht erst morgen“.

Keine finanziellen Geschenke

Zusätzliche finanzielle Geschenke seien nicht möglich, räumte Weiße ein. Deshalb erachtet sie es als wichtig, „vorhandene Mittel und Kräfte zu bündeln, zu vernetzen und gemeinsam zu nutzen“. Auch Mitglieder des Gemeinderats könnten projektbezogen in Stadtteilgruppen mitarbeiten.

Freie-Wähler-Fraktion

Die nach unten zeigende Entwicklung der städtischen Finanzen thematisierte auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Ralf Willuth. 2026 werde voraussichtlich mit einem Minus von 35 Millionen Euro abschließen, und binnen weniger Jahre überstiegen die Ausgaben die Einnahmen um etwa 110 Millionen.

Ralf Willuth, Freie-Wähler-Fraktion Michael Brendel

„Wir fahren nicht gegen die Wand, aber in den dichten Nebel“, sagte Willuth und bezeichnete es angesichts der Verletzung des Konnexitätsprinzips als keine gute Idee, auf die Hilfe von Bund und Land zu setzen. Deshalb müsse sich die Stadt selber helfen, indem sie ihre Ausgaben senkt und die Einnahmen erhöht.

Angesichts der erstmals die Marke von 60 Millionen Euro übersteigenden Personalkosten beantragte Willuth, die verwaltungsinternen Abläufe zu analysieren, um bei Überlastungen wie beispielsweise bei der Bearbeitung von Anträgen auf Wohngeld Hilfe aus anderen Fachbereichen anfordern zu können: „Die Qualität der Prozesse muss vor der Quantität der Mitarbeiter stehen.“

Ungenutzte Gebäude verkaufen

Die Freien Wähler wollen außerdem ein Verzeichnis ungenutzter städtischer Grundstücke und Gebäude erstellt sehen, um über den Verkauf entbehrlicher Objekte beraten zu können. Auch soll geprüft werden, ob sich auf einer bislang als Parkplatz vermieteten Fläche an der Ulmer Straße ein Ladesäulenpark einrichten lässt.

Um zu verdeutlichen, worauf die Heidenheimer stolz sein können, zählte Willuth eine lange Liste von Einrichtungen und Veranstaltungen auf. Die Palette reichte vom Waldbad, dem Brenzpark, dem Naturtheater und den Opernfestspielen über die Heideköpfe und die Stadtbibliothek bis zum Elmar-Doch-Haus.

Ruf nach einem City-Manager

Nun bedürfe es noch einer Innenstadt mit höherer Aufenthaltsqualität, guter Fachgeschäfte, einer breitgefächerten Gastronomie und eines City-Managers. Bei all dem gelte es zu bedenken, dass nach Abschluss der laufenden Großprojekte kein finanzieller Spielraum für große Folgeinvestitionen vorhanden sei. „Wir fahren in den Nebel und müssen das Tempo rausnehmen“, schloss Willuth. Die Erfüllung der Pflichtaufgaben werde schmerzhafte Kürzungen in diesem Bereich unumgänglich machen. Gute Ideen seien meist kostenlos und dennoch wert als eine Millioneninvestition.

Grüne/ÖDP-Fraktion

Aus Warte der Grünen beschwor Anamari Filipovic das Miteinander in Heidenheim im Allgemeinen und im Gemeinderat im Speziellen: „Unsere Unterschiede sind kleiner als oft vermutet.“ Immer wieder das „Wir“ betonend, rief sie zum Maßhalten auf: „Wir wollen viel, aber wir können uns nicht mehr alles leisten. Perfektion ist kein Maßstab mehr. Pragmatismus, Bodenständigkeit und finanzielle Nachhaltigkeit sind gefragt.“

Anamari Filipovic, Grüne/ÖDP-Fraktion Michael Brendel

Als Beispiel führt Filipovic die notwendige Modernisierung des Waldbads an: „Sanieren, ja klar, Aber bitte nicht vergolden.“ Es gehe darum, die Anlage bezahlbar, energieeffizient und -autark zu ertüchtigen, sodass der Unterhalt künftig geringe Kosten verursache, denn das oberste Ziel müsse lauten, die Haushaltsautonomie zu bewahren.

Filipovic mahnte ein starkes Innenstadtmanagement an, um klar zu priorisieren, „was die Stadt belebt, und was nur nice to have ist“. Geförderten Wohnungsbau ordnete sie ebenso der höchsten Dringlichkeit zu wie die Begrünung der Innenstadt und die Klimaanpassung, denn es wird teurer „mit jedem Tag, den wir länger warten“. Da in Heidenheim kaum aktiver Klimaschutz betrieben werde, müsse er als strategisches Handlungsfeld in die Agenda der Stadt aufgenommen und zur Chefsache gemacht werden.

Modernes Verkehrskonzept

Die Fraktion will den Bahnhofsvorplatz zu einer Drehscheibe verschiedener Mobilitätsformen machen, allerdings ohne Durchfahrt über Bahnhof- und Friedrichstraße. So sollen Aufenthaltsqualität, Sicherheit und ein modernes Verkehrskonzept geschaffen werden.

An die Verwaltung gewandt, sagte Filipovic, wenn die Kämmerei Aufgaben- und Standardkritik erwarte, dann müsse sie auch konkrete Vorschläge liefern, „denn das wird die härteste Nuss: zu entscheiden, was wir lassen müssen“. Überprüft werden müssten alle freiwilligen Zuwendungen und Zuschüsse. Daneben brauche es ein Budget, auf das sich Vereine und Projekte bewerben könnten. So ließen sich Verlässlichkeit und Chancengleichheit erreichen, gleichzeitig historisch gewachsene Ungleichheiten beenden.

In den kommenden Wochen werden sich die Fachausschüsse des Gemeinderats mit dem Haushaltsplanentwurf beschäftigen, ehe am 16. Dezember seine Verabschiedung auf der Tagesordnung steht.

DKP fordert Armutsbericht

Die DKP hat im Heidenheimer Gemeinderat keinen Fraktionsstatus. Reinhard Püschel als ihr einziger Vertreter und formulierte seine Anmerkungen zum Haushaltsplanentwurf wie schon in den zurückliegenden Jahren schriftlich. Er fordert, dass die Stadt einen Armutsbericht erstellt. Außerdem beantragt er, 2026 einen Trinkwasserbrunnen im öffentlichen Bereich aufzustellen. Darüber hinaus unterstützt er den Wunsch des Oggenhauser Ortschaftsrats, ein Dorfgemeinschaftshaus zu bauen.