„Open Library“

Stadtbibliothek Heidenheim: Deutlich erweiterte Öffnungszeiten geplant

Die Stadtbibliothek Heidenheim plant eine deutliche Erweiterung der Öffnungszeiten durch das Konzept „Open Library“. Zugang zum Gebäude soll es dann auch sonntags, montags und abends bis 23 Uhr geben – ohne Personal vor Ort.

Dunkle, hohe, mit Büchern vollgestopfte Holzregale, der Geruch von altem Papier, die strenge Bibliothekarin, die mahnend „Psst!“ ruft – mit diesen und vielen weiteren Bücherei-Klischees räumt die Stadtbibliothek Heidenheim regelmäßig, und mit links, auf. Seit ihrem Umzug in die neuen Räumlichkeiten im Jahr 2017 sorgt nicht zuletzt der Aufenthalts-Charakter des Bibliotheksgebäudes für Staunen und Raunen. Dieser könnte in Zukunft deutlich länger von Besucherinnen und Besuchern in Anspruch genommen werden. Das Konzept „Open Library“, welches derzeit von der Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Gemeinderat ausgelotet wird, soll insbesondere die Öffnungszeiten der Bibliothek stark ausweiten.

Konkret bedeutet das, dass die Stadtbibliothek auch außerhalb der sogenannten Servicezeiten für die Öffentlichkeit zugänglich wäre. Diese Servicezeiten sind derzeit Dienstag und Mittwoch von 10 bis 19 Uhr, Donnerstag und Freitag von 10 bis 18 Uhr sowie Samstag von 10 bis 14 Uhr. Während dieser Zeiten gibt das Bibliothekspersonal Auskunft, berät Kundinnen und Kunden und übernimmt die Aufsicht – klassische Bibliotheksaufgaben eben.

Auch sonntags und montags geöffnet

Für Heidenheim würde eine „Open Library“ bedeuten, dass abends länger geöffnet sein würde – bis 22 oder 23 Uhr –, außerdem könnte die Bibliothek auch an Sonntagen, am klassischen Schließtag Montag sowie an Feiertagen zugänglich sein. Die momentan 38 Öffnungsstunden würden sich damit auf etwa 84 Stunden erhöhen – und das ohne zusätzlichen Personalaufwand.

Denn außerhalb der Kernöffnungszeiten wäre kein Bibliothekspersonal vor Ort. „Den Zugang zum Gebäude würde man dann beispielsweise durch seinen Bibliotheksausweis erhalten, der dann auch als Türöffner funktionieren würde“, erläuterte Matthias Jochner, der Leiter des Fachbereichs Kultur, in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses. Ergänzend soll zudem Videoüberwachung installiert werden; ein Schließdienst würde ebenfalls zum Einsatz kommen.

Liefert auch nachts ein gutes Bild ab: die Stadtbibliothek Heidenheim.
Liefert auch nachts ein gutes Bild ab: die Stadtbibliothek Heidenheim. Foto: Rudi Penk

Bibliotheksleiter Thomas Jentsch befasst sich schon seit geraumer Zeit mit dem Konzept – eines, das aus Dänemark stammt, dort quasi gang und gäbe ist, und auch in Deutschland mehr und mehr genutzt wird. „Wir wären damit nicht die Ersten“, so Jentsch. Da Ausleihe und Rückgabe der Stadtbibliothek bereits automatisiert sind, sieht der Leiter den Schritt zur „Open Library“ keinesfalls als gravierenden Einschnitt an. „Viele Uni-Bibliotheken sind ja auch schon 24/7 geöffnet, teilweise auch personallos.“

Bedenken aus dem Bibliotheksteam gibt es angesichts potenziellen Vandalismus’ und Diebstahls zu diesen personallosen Zeiten, wie Jentsch berichtet. Auch werde zum Teil befürchtet, dass es ohne Aufsicht zu Belästigung kommen könnte. „Das ist zum Teil durchaus berechtigte Kritik“, sagt der Bibliotheksleiter. Da es in den hellen Räumlichkeiten allerdings keine dunklen Ecken gebe und die Bibliothek durch ihre hohen Decken generell sehr offen wirke, mache er sich, was mögliche Belästigung angehe, keine Sorgen. Gestohlen und vandaliert werde auch jetzt schon, wenn auch in seltenen Fällen. Außerdem: „Wer hier etwas klaut, hat etwas Elementares an dem Konzept einer Bibliothek nicht verstanden“, findet Jentsch.

Bibliothek teilt sich Räume mit Medienzentrum und Samocca

Problematisch für die Umsetzung könnte sein, dass die Stadtbibliothek ihre Räumlichkeiten mit dem Kreismedienzentrum sowie dem Café Samocca teilt. Der große Aufzug der Bibliothek macht etwa im Café halt – welches freilich andere Öffnungszeiten hat, als es eine „Open Library“ tun würde.

Bei aller Euphorie stellt sich dennoch die Frage, ob es überhaupt einen Bedarf der Bevölkerung für weit mehr als doppelt so viele Öffnungsstunden gibt. Im Kulturausschuss kam der Wunsch auf, genau diesen Bedarf durch eine Nutzerumfrage zu erfassen.

Ich denke, sie würde sich eher auf die ausgeweiteten Zeiten verteilen.

Thomas Jentsch über die Zahl der Ausleihen

Thomas Jentsch sieht eine solche Umfrage eher skeptisch: „Dabei würden nur die Menschen mitmachen, die hier eh schon Kunden sind.“ Neue Nutzerinnen und Nutzer würde man durch ausgeweitete Öffnungszeiten wohl eher nicht anwerben. Der Bibliotheksleiter vermutet, dass sich die Zahl der Ausleihen bei einer „Open Library“ nicht unbedingt erhöhen würde. „Ich denke, sie würde sich eher auf die ausgeweiteten Zeiten verteilen. Die Aufenthaltsqualität steht bei dem Konzept ja im Mittelpunkt.“

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Start der „Open Library“ wohl 2027 oder 2028

Da für eine „Open Library“ keine zusätzliche Personalressourcen eingeplant sind, fallen Kosten in erster Linie nur für die technische Ertüchtigung der Räumlichkeiten an, insbesondere für die Installation einer Videoüberwachungsanlage. Die Kosten dafür werden auf rund 50.000 Euro geschätzt. Die voraussichtlich moderaten Kosten für einen Schließdienst sind laut Stadtverwaltung derzeit noch nicht bezifferbar.

Noch gibt es keinen konkreten Zeitplan für die „Open Library“. Ein entsprechendes Konzept soll im ersten Halbjahr 2026 im Gremium vorgestellt, beraten und gegebenenfalls beschlossen werden. Realisiert werden könnte das Projekt wohl 2027 oder 2028.