Nach anhaltender Kritik

So werden die Betongleitwände in der Heidenheimer Innenstadt jetzt gestaltet

Seit etlichen Wochen sollen Betonelemente Veranstaltungen in der Heidenheimer Innenstadt vor Anschlägen schützen. Nach anhaltender Kritik werden sie jetzt aufgehübscht.

Viele Heidenheimer stören sich daran, dass die seit einem Vierteljahr den Eugen-Jaekle-Platz zur B466 hin abschirmenden Gleitschutzwände den Charme einer Autobahnbaustelle versprühen. Nach wiederholter und abermals langer Diskussion hat der Gemeinderat deshalb beschlossen, dem Provisorium eine Schönheitskur zu verpassen: Sämtliche entlang der Bundesstraße und an weiteren Stellen in der Innenstadt (nördliche Grabenstraße, Einmündungsbereich Grabenstraße/Am Wedelgraben, südliche Hauptstraße) platzierten Betonelemente werden mit Holz verkleidet und zudem bepflanzt. Geschehen und seither im Straßenbild präsent, ist das bereits vor dem Haupteingang der Schloss-Arkaden.

Ende März hatten sich die Stadträtinnen und Stadträte einstimmig darauf verständigt, zum Schutz vor Anschlägen mit Fahrzeugen den Eugen-Jaekle-Platz als zentrale innerstädtische Veranstaltungsfläche nach Norden hin mit besagten Gleitwänden zu versehen. Die ihnen zugedachte Funktion sollen sie erfüllen, bis ein dauerhaftes Sicherheitskonzept ausgearbeitet und anschließend baulich umgesetzt ist. Schätzungen gehen davon aus, dass das in etwa drei Jahren der Fall sein könnte.

Kritik zwingt zu Veränderungen

„Wir mussten uns schnell entscheiden“, lieferte Michael Rieck (CDU) in der Sitzung am Donnerstag die Begründung für die alles andere als ausgefeilte Optik der in der Bürgerschaft wie auch im Rat umstrittenen Zwischenlösung. Gleichwohl sei angesichts der anhaltenden Kritik über Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren.

Die Pole der Ansichten waren von Anfang an klar: die Gleitwände dauerhaft an Ort und Stelle belassen, oder sie zwischen den Großveranstaltungen wie Frühlingsmarkt, verkaufsoffenen Sonntagen, Musiknacht, Stadtlauf, Rosenmarkt, internationalem Straßenfest, Küferfest, Herbstmarkt, Novembermarkt und Winterdorf ab- und anschließend wieder aufbauen. Bezahlen muss der jeweilige Veranstalter oder die Stadt den Auf- und Abbau. Und: Die Forderung nach einem permanenten Aufprallschutz an prominenter Örtlichkeit steht der Überzeugung gegenüber, dass es absolute Sicherheit in allen Lebenslagen überall und zu jeder Zeit nicht gibt.

Fraktionen einigen sich auf Kompromiss

Nach einer Vielzahl von Wortmeldungen mit Ideen, Gegenvorschlägen, bisweilen scharfzüngigen Untertönen und Anträgen gelang schlussendlich zwar nicht die alle Entscheidungsträger vollends befriedigende Quadratur des Kreises, wohl aber ein bis auf die Enthaltung von Thomas Potzner (Freie Wähler) allseits bejahter Kompromiss: Die Gleitschutzwände bleiben stehen und werden dem Beispiel bei den Schloss-Arkaden entsprechend verkleidet.

Dem Vorschlag von Dr. Ulrich Schrade (Grüne) folgend, werden lediglich die in zweiter Reihe aufgestellten Schutzelemente bei der Fußgängerampel zwischen Karlstraße und Eugen-Jaekle-Platz entfernt und durch schwere Pflanztröge ersetzt. Ziel ist neben einer verbesserten Optik auch mehr Platz für die dort die Fahrbahn querenden Passanten.

Die vordere Reihe (rechts) der Betongleitwände am Eugen-Jaekle-Platz wird mit Holz verkleidet und bepflanzt. Massive Pflanztröge sollen die hinteren Elemente (links) bei der Fußgängerampel ersetzen. Rudi Penk

Für Holzverkleidung und Bepflanzung sind einmalig 31.500 Euro veranschlagt. Hinzu kommen die Kosten für die Bewässerung. Und noch eine weitere Investition steht der Stadt ins Haus: Angeschafft werden sollen 15 sogenannte „Oktablock“-Poller, die in Zukunft bei Bedarf als mobile Elemente an unterschiedlichen Zufahrtswegen stehen. Das Ergebnis der laut Oberbürgermeister Michael Salomo und Claudia Dürr, der Leiterin des Geschäftsbereichs Recht, Ordnung und Sicherheit, offenen, also ohne Einschränkung des Bieterkreises erfolgten Ausschreibung, soll Anfang kommender Woche vorliegen. Veranschlagt waren hierfür im Vorfeld 180.000 Euro.

Christoph Weichert (Freie Wähler) legte auf eigenen Recherchen beruhende Zahlen vor, die eine um bis zu 100.000 Euro geringere Rechnung möglich erscheinen lassen. Seiner Darstellung zufolge bietet das entsprechende Modell die geforderte Schutzwirkung und ist von Tüv und Dekra zertifiziert worden. Eine Polizei-Zertifizierung liege nicht vor, allerdings sei eine solche auch nicht vorgeschrieben. Weicherts Fazit: „Ein wirkungsvoller Schutz bei Großveranstaltungen ist unerlässlich, aber wir sollten dabei auf eine wirtschaftliche Maßnahme setzen und die günstigere Variante berücksichtigen, denn die 180.000 Euro sind zu hoch angesetzt.“

Sollte der Inhalt der Angebote keine deutliche Einsparung gegenüber der ins Auge gefassten Summe ergeben, werde er die Verwaltung prüfen lassen, ob die Ausschreibung aufgehoben werden könne, kündigte Salomo an.

Mit der erhofften Minderausgabe wollten die Freien Wähler einen Puffer geschaffen sehen, der die jeweiligen Veranstalter davon befreit hätte, die wiederholte Montage und Demontage der Gleitschutzwände aus eigener Tasche bezahlen zu müssen – allerdings ist dieser Punkt aufgrund des Gemeinderatsbeschlusses nun vom Tisch. Dieser markiert den zumindest vorläufigen Schlusspunkt unter einen ausgiebigen Austausch von Argumenten, den Salomo unverkennbar gerne schon deutlich eher beendet gesehen hätte: „Es soll sicher sein, gut und einladend aussehen, und je mehr Vorschläge hier ausgearbeitet werden, desto komplizierter wird es am Ende.“

Fragen der Sicherheit bleiben

Auch die am Donnerstag getroffene Verständigung zwischen den Fraktionen schließt nicht alle offenen Flanken in puncto Sicherheit. So verhindern die bald mit einer ansprechenden Hülle versehenen Betonbarrieren entlang des Eugen-Jaekle-Platzes weiterhin, dass Radfahrer nach rechts und damit von der Bundesstraße weg ausweichen können. Außerdem werden an der Fußgängerampel nach wie vor Personen auf dem Radweg warten. Und das verschönerte Element bei den Schloss-Arkaden schützt zwar den Eingangsbereich, nicht aber Passanten, die davor am Fahrbahnrand stehen.

Noch keine konkreten Vorgaben

Bei der Einschätzung, welche Schutzvorkehrungen an Zufahrten ergriffen werden sollen, richtet sich die Stadtverwaltung nach den Empfehlungen des Städtetags zum Schutz vor Fahrzeuganschlägen bei Veranstaltungen und nach der Handreichung der Polizeilichen Kriminalprävention der Länder und des Bundes „Schutz vor Überfahrtaten – Ein Leitfaden für Kommunalverantwortliche“. Konkrete Vorgaben seitens des baden-württembergischen Innenministeriums gibt es bislang nicht. Ein für die hessischen Ordnungsbehörden geltender Erlass kann laut Rathaus als Orientierung dienen, „nach welchen Maßstäben gehandelt und nach welchen Kriterien differenziert werden kann“.

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