Nach „Aktenzeichen XY ungelöst“

So viele Hinweise gibt es im Vermisstenfall Lothar Demel aus Großkuchen

Vor 25 Jahren verschwand Lothar Demel aus Großkuchen spurlos. Jetzt wurde in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ nach ihm gefahndet. So viele Hinweise gingen bei der Polizei ein.

Wer weiß, was mit Lothar Leopold Demel aus Großkuchen geschehen ist? Mehr als fünf Millionen Zuschauer verfolgten am 5. November im ZDF die Sendung „Aktenzeichen XY ungelöst“, die diese Frage thematisierte. Ein knappes Dutzend Hinweise gingen seither bei der Polizei ein. Eine heiße Spur hat sich daraus noch nicht ergeben.

Mehrfach wurden in der jüngeren Vergangenheit im Rahmen von „XY“ Heidenheim betreffende Verbrechen behandelt. Im Unterschied zu den Morden an Maria Bögerl und Sabine Rahn ist der Fall Lothar Demel aber mit keiner Leiche, keiner DNA-Spur und auch keiner öffentlichkeitswirksamen Fahndung verbunden.

Zunächst keine ausgedehnte Fahndung

Grund: Personen, die älter als 18 Jahre sind, dürfen ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen, sofern nicht davon auszugehen ist, dass sie eine Gefährdung für sich oder andere darstellen. Anders sieht es aus, sobald jemand auf Medikamente angewiesen ist, oder wenn Kinder gesucht werden. Beides war in Bezug auf Demel nicht der Fall, sodass die anfänglichen Ermittlungen der Polizei keine große Außenwirkung entfalteten.

Die filmische Darstellung, entstanden im Zusammenspiel zwischen Deutscher Kriminal-Fachredaktion und Ulmer Kriminalpolizei, zeichnet folgendes Bild: Lothar Leopold Demel wohnte mit seiner Lebensgefährtin Kerstin und dem gemeinsamen Sohn Tobias (5) in einem Einfamiliengebäude an der Großkuchener Pfaffensteigstraße. Aufgrund des Hauskaufs drückten ihn Schulden in Höhe von rund 250.000 Mark.

Hundesport als Hobby

Der 37-Jährige war bei einer Firma beschäftigt, die Zigarettenautomaten betreibt, und galt als zuverlässig. In seiner Freizeit beschäftigte er sich unter anderem mit exotischen Schlangen und war häufig auf dem Hundeübungsplatz in Ellwangen anzutreffen.

Am 28. Oktober 2000, einem Samstag, besuchte er gemeinsam mit einem Freund einen Großkaliber-Schießwettbewerb in Traunstein. Auf der Rückfahrt ließ er sich am Abend desselben Tages am Königsplatz in Augsburg absetzen und bat darum, am Sonntag um 9 Uhr an gleicher Stelle abgeholt zu werden. Der Freund wartete jedoch vergeblich. Von Lothar Demel gibt es seither kein Lebenszeichen mehr.

Zunächst kein Verbrechen vermutet

Die rasch davon in Kenntnis gesetzte Polizei ging der Sache nach und schrieb den 37-Jährigen zur Aufenthaltsermittlung aus. An diesem Status hat sich bis heute nichts geändert. Allerdings gingen die zuständigen Beamten aus den eingangs genannten Gründen zunächst nicht davon aus, dass eine Gefahr für Demels Leib und Leben besteht. Seine Mobilfunkdaten wurden daher nicht sofort gesichert. Als das zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen sollte, hatte der Provider sie bereits gelöscht.

Mittlerweile ist die Einschätzung eine andere: „Ich denke nicht, dass Lothar Demel freiwillig untergetaucht ist, sondern halte ein Verbrechen für sehr wahrscheinlich“, sagt der heute zuständige Ermittler, Kriminalhauptkommissar Manuel Köhler vom Ulmer Polizeipräsidium, im Gespräch mit der Heidenheimer Zeitung. Zur Begründung führt der Spezialist für Cold Cases an, der Gesuchte habe keine Wechselkleidung und nur wenig Bargeld bei sich gehabt. Außerdem seien keine Kontobewegungen und auch keine Telefonate festzustellen gewesen.

Ohne Ergebnis blieben auch Ermittlungen im Ausland, hatte Demel doch einmal gesagt, sich spätestens mit 45 Jahren in Spanien oder Thailand zur Ruhe setzen zu wollen. Die Annahme, dass sich die Spur des Vermissten in der Augsburger Innenstadt verliert, beruht einzig auf der Aussage des Freundes. An ihr gibt es Köhler zufolge keine Zweifel, zumal sein Auto kriminaltechnisch untersucht wurde.

Köhler hatte im Vorfeld der „XY“-Sendung nicht mit vielen Hinweisen gerechnet. Schlussendlich kam ein knappes Dutzend zusammen, wobei der Ermittler zwei nun anstehenden Vernehmungen mit besonderer Spannung entgegenblickt: Gemeldet hat sich zum einen ein Freund Demels, der bislang noch nicht mit der Polizei gesprochen hatte, zum anderen eine Frau aus Augsburg, die den 37-Jährigen im Herbst 2000 am Königsplatz gesehen haben will.

Vermisstenfall jetzt bundesweit bekannt

Köhlers Hoffnung, der Lösung des Vermisstenfalls nach einem Vierteljahrhundert nahezukommen, gründet nicht zuletzt darauf, dass dank „Aktenzeichen XY ungelöst“ eine große Öffentlichkeit in ganz Deutschland angesprochen werden konnte. Zu finden ist der Fahndungsaufruf auch auf den Internetseiten des Bundeskriminalamts.

Demel war zum Zeitpunkt seines Verschwindens 189 Zentimeter groß und wog etwa 115 Kilogramm. Er hatte blaue Augen und blondes, schütteres Haar, trug blaue Jeans, einen grauen Pullover, eine dunkelblaue Regenjacke und helle Sportschuhe.

Ulmer Polizei nimmt Hinweise entgegen

Die Ermittler im Vermisstenfall Lothar Demel hoffen weiterhin auf sachdienliche Hinweise. Das Ulmer Polizeipräsidium nimmt diese unter Tel. 0731.1880 entgegen.