Vermutlich findet sich in Heidenheims Geschichte auch nach intensiver Suche kein teureres Bauvorhaben: Rund 54 Millionen Euro kostet die seit September 2023 laufende Erweiterung der Mergelstetter Kläranlage. Beendet sein sollen die Arbeiten 2029.
Sehr viel Geld also für ein Vorhaben, das nicht zum Prestigeobjekt taugt, gleichwohl unverzichtbar ist. Und das nicht nur für Heidenheim: Rund 60 Prozent des Abwassers aus dem gesamten Landkreis werden mittlerweile in Mergelstetten gereinigt. Mit im Boot sind auch Gerstetten, Herbrechtingen, Steinheim und Nattheim.
Zeitplan bislang eingehalten
In all diesen Städten und Gemeinden dürfte beim Richtfest vor drei Wochen mit Wohlwollen zur Kenntnis genommen worden sein, dass der Zeitplan bislang eingehalten ist. Polier Steve Lehnert (Firma Leonhard Weiss) zeigt sich jetzt im Gespräch zuversichtlich, dass das so bleibt: Zum Abschluss der Rohbauarbeiten im mit 41 Millionen Euro veranschlagten ersten Bauabschnitt muss noch ein Nachklärbecken fertiggestellt werden, „und das kriegen wir bis Ende August hin“.
Als Nächstes ist der Innenausbau mit der Maschinentechnik und Elektroarbeiten an der Reihe, gleichzeitig werden schon jetzt teilweise die Außenanlagen gestaltet. Gleiches gilt für die Wärmedämmung der Gebäude. „Die werden zwar nicht beheizt“, erläutert Gerhard Horlacher, Leiter des Fachbereichs Bauen im Heidenheimer Rathaus, „aber sie dürfen im Winter natürlich nicht einfrieren.“
Tropfkörper werden abgerissen
Der zweite Bauabschnitt beinhaltet zum einen verschiedene Abbrucharbeiten. So bleibt nur einer der bislang vier Tropfkörper stehen. Zum anderen wird die Anlage um ein zweites Belebungs- und ein drittes Nachklärbecken erweitert. Sollten Revisionen anstehen oder Störungen auftreten, „dann haben wir somit immer Optionen, den Betrieb weiterlaufen zu lassen, denn das muss auf jeden Fall gewährleistet sein“, so Horlacher.
Ungefähr 10.000 Kubikmeter Beton wurden bisher in Form gegossen, wobei besonders spektakuläre Arbeiten im Verborgenen abliefen: Taucher einer Spezialfirma waren bis zu 45 Minuten am Stück unter Wasser im Einsatz und sorgten von Dunkelheit umgeben dafür, dass eine fast perfekt plane Betonsohle entstand. Diese meterdicke Schicht ist erforderlich, damit die Becken nicht aufschwimmen.
Medikamente sollen raus
Die Mergelstetter Kläranlage wird durch den jahrelangen und millionenschweren Umbau auf den Stand der Zeit gebracht. Der könnte freilich schon bald ein veränderter sein. Grund: Bislang lassen sich Medikamentenrückstände nicht so wirksam wie gewünscht aus dem Abwasser filtern. Abhilfe könnte die neue EU-Kommunalabwasserrichtlinie schaffen, auf deren Grundlage in wichtige Kläranlagen sogenannte vierte Reinigungsstufen eingebaut werden sollen. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 31. Juli 2027 Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Darauf verweist auch Gerhard Horlacher, der im Heidenheimer Rathaus den Fachbereich Bauen leitet: „Noch gibt es dafür keine gesetzliche Grundlage.“ Allerdings erwartet er, dass Nachrüstungen nur eine Frage der Zeit sein werden: „Bei unserer Größenklasse wären wir sicher dabei, und wir haben das mit Blick auf die dann erforderlichen Bauflächen auch schon berücksichtigt.“