Leserbrief

Schilder lösen gesellschaftliches Problem auch in Heidenheim nicht

Leserbrief zu Tempo 30 in Heidenheim:

Es besteht kein Zweifel: „Lärm macht krank.“ Da ist Michael Brendel uneingeschränkt zuzustimmen. Und letztendlich muss sich der Heidenheimer Gemeinderat mit der chaotischen Verkehrspolitik in Deutschland, aber auch in Europa, die immer Industriepolitik gewesen ist, auseinandersetzen. Sie ist die Ursache für die verstopften Straßen im Fernbereich und in unseren Städten mit all ihren üblen Folgen. Es ist geradezu rührend, wie hier mit kommunalen Mitteln versucht wird, diese Folgen zu bearbeiten. Als ob der durch die 30-km/h-Grenze reduzierte Verkehrslärm nicht krank machen würde.

Bundesstraßen sind Straßen des Fernverkehrs, und ich denke an die Berufskraftfahrerinnen und -fahrer, die auf diesen Verbindungen mit heruntergeschaltetem Motor mehrere Kilometer mit 30 km/h durch die Stadt zu schleichen gezwungen sind, wenn sie z. B. auf der B 466 zwischen Stuttgart und Nürnberg unterwegs sind. Da gibt es dann noch ein paar Ortsdurchfahrten außer der durch Heidenheim. Und ich denke an die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz aus unserer ländlichen Umgebung zu den Firmen Zeiss in Oberkochen, Hartmann in Heidenheim und Herbrechtingen und Voith. Wenn Heidenheim mit der angekündigten Geschwindigkeitsbegrenzung vorangeht, wird Königsbronn bald folgen. Die autofahrenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden das kritisch sehen.

Ich stimme der Kritik von Dr. Waltraud Bretzger und Ralf Willuth insofern zu, dass diejenigen das Problem sind, die das Auto nicht als Beförderungsmittel, sondern als Prestigeobjekt sehen, mit dem man unter Missachtung der Verkehrsvorschriften Menschen und Material gefährdet und beschädigt. Es wäre schon erfreulich, wenn im Heidenheimer Stadtverkehr von allen Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern Tempo 50 berücksichtigt würde. Das ist aber leider nicht so, und hier haben wir ein gesellschaftliches Problem, dem wir mit Temporeduzierung auf Schildern nicht beikommen werden. Wenn das 14 Mitglieder des Gemeinderates auch so sehen, spricht das für sich.

Unsere Nachbarstädte Aalen und Schwäbisch Gmünd haben mit den dort gefundenen Verkehrskonzepten eine Trennung zwischen Fern- und Quellverkehr gefunden. Weitere Beispiele könnten angeführt werden. Warum sich Heidenheim bei zugegeben schwieriger topografischer Lage erst jetzt Überlegungen für eine grundsätzlichere Lösung für diese Trennung öffnet, müssen die dafür Verantwortlichen beantworten, denn wer den Verkehr z. B. am Eugen-Jaekle-Platz beobachtet, kann die jahrelangen Zumutungen für die dort lebenden und arbeitenden Menschen gut nachvollziehen. Diese Fernverkehrsachse reißt unsere Innenstadt auseinander, und die Verlagerung des Stadtmittelpunktes vom Eugen-Jaekle-Platz zum Elmar-Doch-Haus kann nur eine Teillösung dieses Problems sein.

Waldemar Hirsch, Heidenheim