Wer den lieben langen Tag über einer Excel-Tabelle brütet, sucht seinen Ausgleich mitunter in einer kreativen Tätigkeit. Beim Geigenspiel, zum Beispiel, oder auch auf der Bühne. Im Fall von Frida Lizine hinkt dieser Vergleich zugegebenermaßen ein wenig. Denn sie hat ihre beiden Leidenschaften – Organisation und Theater – schlichtweg miteinander verbunden und zu ihrem Beruf gemacht. Seit Anfang des Jahres ist Lizine, Jahrgang 1994, die Geschäftsstellenleiterin des Heidenheimer Naturtheaters – eine gänzlich neu geschaffene Stelle.
Doch zunächst zu Frida Lizine: In Hof in Oberfranken aufgewachsen, hat sie früh Bekanntschaft mit den Brettern, die die Welt bedeuten, gemacht. „Ich komme vom Theater. Eigentlich auch vom Film“, erzählt Lizine. Beides trifft zu. Ihre erste Bühnenerfahrung sammelte sie am Kinder- und Jugendtheater, „eine Art zweiter Familie“, wie sie rückblickend sagt. Mit 16 Jahren bewarb sie sich für eine Rolle bei einem Jugendfilm. „Ich war damals zwar nicht gut genug, bin aber als Ausstatterin bei dem Film geblieben.“
Beteiligung an „The Batman“ und „Andor“
Als eines Tages die Organisationsleiterin des Films ausfiel, sprang Lizine kurzerhand ein und sorgte vereinfacht gesagt dafür, dass beim Dreh „alle am richtigen Platz waren“. Das Organisieren kreativer Teams machte die junge Frau später zum Mittelpunkt ihres Studiums, etwa mit dem Studiengang Medienwissenschaft und Praxis in Bayreuth oder an der National Film and Television School im englischen Beaconsfield.
Was folgte, waren zahlreiche Film- und Fernsehproduktionen, an denen Lizine organisatorisch mitwirkte. „Beim Nürnberger Tatort sorgten wir etwa dafür, dass die Leute ganz einfach wussten, wo sie hinlaufen müssen, oder wo Autos geparkt werden durften.“ Nach einem Abstecher in die Werbebranche zog es Lizine in die Sparte der visuellen Effekte (VFX). Bei Filmen wie „The Batman“ (2022), dem Marvel-Blockbuster „Eternals“ (2021) oder auch der „Star Wars“-Serie „Andor“ (2022) war sie für die Organisation der digitalen Effekte in der Postproduktion verantwortlich.
Dort herrschten amerikanische Standards mit 60-Stunden-Wochen. Ich habe mich in der Zeit zu einer Art Feuerlöscher entwickelt.
Frida Lizine, über ihre Zeit bei verschiedenen Filmproduktionen
„Dort herrschten amerikanische Standards mit 60-Stunden-Wochen. Ich habe mich in der Zeit zu einer Art Feuerlöscher entwickelt“, resümiert Lizine. Es sei in dem Job vor allem darum gegangen, Ressourcen und Kapazitäten der Beschäftigten sinnvoll zu verteilen. Lizines Aufgabe: „Dass alle das bekommen, was sie wollen und dass niemand vor Überarbeitung stirbt“, scherzt sie.
Es sind genau diese Kenntnisse, welche Lizine nach Heidenheim ans Naturtheater geführt haben, „back to the roots“, wie sie sagt. Die Stelle der Geschäftsstellenleitung wurde innerhalb des Vereins neu geschaffen, um insbesondere den Vorstand zu entlasten. Die Führung des Vereins sei rein ehrenamtlich nicht mehr zu leisten, sagten in der Vergangenheit bereits Stefan Benz, der frühere, und Thomas Schirm, der aktuelle Naturtheater-Vorsitzende.

Frida Lizine soll als Geschäftsstellenleiterin das Gesicht sowie erste Ansprechpartnerin des Naturtheaters nach außen hin sein, da Vorstand- und Beiratsmitglieder tagsüber beruflich eingespannt sind. Innerhalb des Vereins konzentriert sie sich im Tagesgeschäft auf vieles von dem, was sie in den vergangenen Jahren gelernt hat: Zeiterfassung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Datenschutz-Angelegenheiten, Networking und nicht zuletzt Sponsoring. Eine ihrer größten Aufgaben sei es, die Sponsoring-Landschaft des Vereins zu ordnen und darüber hinaus neue, bisweilen auch kleinere Unternehmen als Sponsoren zu gewinnen. Oftmals gehe es darum, Dinge, die man schon immer so gemacht hat, einfach mal zu hinterfragen.
Was ihre Position angehe, sei man noch in der Findungsphase, gibt Lizine zu. „Mir sagt keiner, was ich wie genau zu tun habe. Man sagt mir nur, welches Ergebnis man am Ende gerne haben möchte.“ Die Stelle, die zunächst für drei Jahre konzipiert ist, werde sich sicher noch weiterentwickeln.
Mir sagt keiner, was ich wie genau zu tun habe. Man sagt mir nur, welches Ergebnis man am Ende gerne haben möchte.
Frida Lizine, über die Erwartungen des Naturtheaters an sie
„Man muss eine bestimmte Art Mensch für diesen Job sein“, ist sich Frida Lizine sicher. Ihr Anfang im Naturtheater sei kein leichter gewesen. „Mich kennt eben noch niemand. Ein neutrales Gesicht zu sein, kann aber auch ein Vorteil sein.“ Und natürlich dauere es, bis man jedem Vereinsmitglied die sprichwörtliche Hand geschüttelt habe.
Zurück zu den Wurzeln hat es Lizine mit dem Wechsel zum Naturtheater definitiv gezogen. „Ich habe Theater immer als eine zweite Familie in Erinnerung gehabt. Und genau so habe ich den Verein hier auch kennengelernt.“ Vor Stellenantritt sei ihr nicht bewusst gewesen, dass es sich beim Naturtheater um ein Amateurtheater handelt – der große Aufwand des Vereins in seine Stücke habe sie beeindruckt.
Kein künstlerischer Einfluss auf Stücke
Trotz Lizines Faible für das Schauspiel hat sie als Geschäftsstellenleiterin wenig mit den Bühnenproduktionen des Naturtheaters zu tun. Der künstlerische Einfluss sowie der dramaturgische Bereich des Vereins obliegen weiterhin dem Vorstand sowie dem Beirat. Einblicke in die einzelnen Ressorts des Theaters hält Lizine dennoch für elementar, weswegen sie auch einzelne Praktika in den jeweiligen Bereichen absolviert hat.
„Letztlich bin ich dafür da, die Leute im Verein so zu entlasten, damit sie Spaß an ihrem Ehrenamt haben. Meine Tür ist immer offen.“ Zumindest metaphorisch. In der Realität ist sie zumeist geschlossen, damit Lizines Hunde nicht aus dem Büro ausbüxen. So ganz ohne Ausgleich zur Excel-Tabelle geht es vielleicht doch nicht.
Lamathea 2025 im Naturtheater
Der Lamathea, der Landesamateurtheaterpreis Baden-Württemberg, wird seit 2013 alle zwei Jahre vergeben. Dieses Jahr findet das Preisträgerfestival von 2. bis 5. Oktober im Naturtheater Heidenheim statt.
Preise werden in den Kategorien Innenraumtheater, Theater mit Kindern und Jugendlichen, Freilichttheater, Mundarttheater, Theater mit soziokulturellem Hintergrund sowie Puppen- und Figurentheater vergeben. Zudem gibt es einen undotierten Sonderpreis für Lebenswerk und bürgerschaftliches Engagement.