Am Freitag feierten die Opernfestspiele Heidenheim (OH) glamourös in ihre neue Spielzeit hinein: Bei der Late Night im Kunstmuseum kamen Liebhaber genreübergreifenden Musikvergnügens voll auf ihre Kosten. Das Format einer Late Night ist dabei eines der jüngsten Küken im Stall der Opernfestspiele. Erst im vergangenen Jahr hatten die Festspielmacher rund um ihren Intendanten Marcus Bosch diese neue Veranstaltung aus der Taufe gehoben. Anlass damals: 60 Jahre Opernfestspiele und 40 Jahre Förderverein des Kunstmuseums. Auch ohne den Kunstmuseumsverein als Partner an Bord setzten die OH in diesem Jahr auf Bewährtes – mehrere der Acts aus dem erfolgreichen Vorjahr waren auch diesmal wieder Teil des Programms.
Ein veritabler Ballsaal
Nach einer kostenlosen und fakultativen Führung durch die Ausstellung des Museums durch dessen Leiter Marco Hompes begrüßte Marcus Bosch pünktlich um 21 Uhr das Publikum im großen Saal – den die Museumsmitarbeiter in einem Kraftakt zwischen dem Abbau der alten und dem Aufbau der neuen Ausstellung in einen veritablen Ballsaal umgewandelt hatten. Den gesamten Abend stellte Bosch gleich zu Beginn unter das Motto der Vielseitigkeit.
Schon beim Einlass nahm entsprechend ein Jazzquartett von der Empore des Saals aus das zahlreich einströmende Publikum in Empfang. Lukas Jochner (Posaune), Martin Sörös (Klavier), Florian Dohrmann (Bass) und Felix Schrack (Schlagzeug) sorgten auch zwischen den anderen Programmpunkten immer wieder für entspannte Loungeatmosphäre, in der sich die Besucherinnen und Besucher mit kühlen Getränken und kleinen Snacks an der Bar versorgen konnten.
Die Opernfestspiele präsentierten ihr Kerngeschäft mit Auftritten der Solistinnen und Solisten der neuen Spielzeit: Begleitet von Marcus Bosch am Klavier entführten die beiden Sopranistinnen Katja Maderer und Tineke van Ingelgem das Publikum nach Venedig. Die berühmte Barcarole aus Offenbachs „Les contes d’Hoffmann“ gestalteten sie zärtlich mit warmem Timbre. Katja Maderer setze im Anschluss mit dem Vilja-Lied aus Léhars „Die lustige Witwe“ ein weiteres Ausrufezeichen. Und auch Tineke van Ingelgem konnte für ein weiteres Highlight sorgen: Mit „Summertime“ aus Gershwins „Porgy and Bess“ bot sie einen Vorgeschmack auf den warmen Sommer, den die Festspiele hoffentlich auf dem Schlossberg erleben.
Einen ganz anderen Ansatz – fern der Opern- und Operettenbühne – wählte hingegen Stefan Cifolelli. Der belgische Tenor hatte zwei neapolitanische Lieder im Gepäck. „O sole mio“, das ursprünglich aus Heimweh fern von Neapel entstand, brachte die Sehnsucht nach dem Mittelmeer an die Ufer der Brenz. Mit „Torna a surriento“, seltener zu hören, aber dank Luciano Pavarotti ebenso bekannt, vollendete Cifolelli mit zartschmelzender Stimme seinen Ausflug nach Neapel. Mit dabei: Rahel Rilling als Soloviolinistin, die den Tenor wunderbar umspielte. Alle drei Sänger wurden vom Publikum zurecht mit stürmischem Applaus bedacht. Wer zu diesem Zeitpunkt noch kein Ticket für den Doppelabend „Gianni Schicchi/Elektra“ hatte, buchte vermutlich spätestens jetzt seine Karten gleich über das Smartphone.
Musikalisches Crossover
Für ein musikalisches Crossover sorgte nach einer kurzen Pause das Streichquartett „Die Nixen“. Charmant selbst moderiert durchlebten Rahel Rilling, Katharina Wildhagen (beide Violine), Kristina Menzel-Labitzke (Viola) und Nikola Spingler (Cello) noch einmal die Höhen und Tiefen ihrer Karriere – und ihres gemeinsamen Wegs seit fast 20 Jahren. Bereits im Vorjahr hatten die Nixen für Begeisterung gesorgt, nun legten sie mit einem anderen Programm nach, das die Grenzen des Streichquartett-Repertoires bis hin zu Michael Jackson und anderen Popgrößen dehnte. Der kurzweilige Auftritt bereitete dem Publikum sichtbar Vergnügen und wurde mit langanhaltendem Applaus quittiert.
Dass eine Late Night bis in die Puppen dauern muss, darauf deutet schon der Name hin. Im Kunstmuseum sorgten dafür Both Ends of Banditry, die als DJ-Duo bis 2 Uhr morgens den Tanzwütigen im Publikum einheizten. Auch wenn einige der mehr als 200 Besucherinnen und Besucher aufgrund der späten Stunde den Programmwechsel als Anlass für den Heimgang nutzten, war die Tanzfläche noch lange Zeit gut gefüllt. Mit den großen Pop-Hits der 70er- und 80er-Jahre hatten die Beiden Musik für jeden Geschmack im Gepäck – und das noch ganz altmodisch mit Vinylscheiben auf zwei Plattentellern. Als auch die Letzten das Kunstmuseum verließen, um sich singen und tanzend auf den Heimweg zu begeben, zeigte sich deutlich: Diese Late Night konnte niemand verlassen, ohne den Opernfestspielen voller Vorfreude und Erwartungen entgegenzublicken.