Kommentar von Lucy Potzel

Neuer Hebammenhilfevertrag: Von Anerkennung keine Spur

Weniger Geld für gleich viel Verantwortung: Der neue Hebammenhilfevertrag trifft eine Berufsgruppe, die ohnehin schon oft übersehen wird, mit Folgen für alle, die auf gute Geburtshilfe angewiesen sind, und für die, die sie ausüben.

Es gibt Berufe, bei denen es eigentlich keiner großen Erklärung bedarf, warum sie für unsere Gesellschaft unersetzlich sind. Der Beruf der Hebammen gehört dazu. Sie begleiten Menschen in einem der sensibelsten und verletzlichsten Momente ihres Lebens. Was sich hinter dem neuen Hebammenhilfevertrag verbirgt, ist nichts anderes als eine finanzielle Abwertung eines ohnehin oft übersehenen Berufs. Die freiberuflichen Beleghebammen, die mit Engagement und Herzblut ihren Beruf ausüben, sollen künftig für ihre Arbeit weniger Geld erhalten – einfach, weil sie mehrere Frauen gleichzeitig betreuen.

Die Wahrheit ist: Die Geburten werden nicht weniger. Aber die Zahl der Hebammen wird nicht steigen. Und wenn man nun Hebammen finanziell dafür „bestraft“, dass sie mehrere Frauen gleichzeitig betreuen, dann verbessert sich nicht etwa die Betreuung für die Einzelne. Im Gegenteil: Die Gesamtbetreuung wird schlechter. Weil weniger Hebammen übrig bleiben, die sich das leisten können. Oder leisten wollen. Die Verantwortlichen – in diesem Fall der GKV-Spitzenverband – baden ihre Sparmaßnahmen auf dem Rücken derjenigen aus, die ihren Beruf nicht als Job, sondern als Berufung sehen. Die nicht „weniger machen“, nur weil sie schlechter bezahlt werden. Und die sich nicht beschweren, sondern oft still weitermachen, bis es irgendwann nicht mehr geht.

Hebammen sind eine Berufsgruppe, die leicht übersehen wird. Vielleicht, weil das Thema „Familienplanung“ im Leben vieler Menschen nur einen kurzen Abschnitt einnimmt. Vielleicht auch, weil man ihre Arbeit oft nur dann bemerkt, wenn sie fehlt. Dabei wäre gerade jetzt Dankbarkeit gefragt – von der Gesellschaft, von der Politik. Stattdessen bekommen sie einen Vertrag, der ihre Existenz gefährdet. Es geht hier nicht um Lohnforderungen oder persönliche Interessen. Es geht um Wertschätzung. Um Anerkennung. Um Rahmenbedingungen, die es überhaupt erst möglich machen, diesen wichtigen Beruf gut und sicher auszuüben. Und das sollte – wie die Arbeit der Hebammen selbst – keine Frage von Prozent sein. Sondern eine der Haltung.

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