Leitartikel Klartext

Nach dem Stress ist vor dem Stress: ein Plädoyer für eine Atempause

Viele Menschen begegnen dem Jahresende nicht mit Freude auf das Kommende, sondern mit Müdigkeit und Erschöpfung. Es lohnt sich, die Tage zwischen den Jahren für ein Durchatmen zu nutzen, denn auch 2026 wird Herausforderungen bringen, glaubt Redakteur Jens Eber.

Wie haben Sie die vergangenen Tage verbracht? Mit Plätzchen und Braten? Vielleicht mit der nicht auszurottenden Diskussion darüber, dass eine vegane Bratenvariante niemals nicht ein Weihnachtsessen sein kann? Mit Geschenken und der Frage, ob das nicht alles viel zu viel ist?

Wenn dem so ist, haben Sie sich den eher kleineren Problemen des Lebens gewidmet. Das ist kein Vorwurf. Es ist ja auch mal sehr entspannend und befreiend, sich nur mit der Frage zu beschäftigen, ob ein weiterer Plätzchenteller zu unlösbaren Problemen an der Taille führen wird.

Aber Spaß beiseite: 2025 war wohl kein außergewöhnlich anstrengendes Jahr, die Herausforderungen lagen oft im Kleinen. Aber viele Menschen haben am Ende dieser zwölf Monate das Gefühl, müde und erschöpft zu sein, vielleicht auch zornig und ernüchtert. Dass sich bei vielen Menschen etwas angestaut hat, ist oft zu merken: Da werden in angeblich sozialen Medien Kommentare in die Tasten gehackt, die man in dieser Schärfe einem Gegenüber niemals ins Gesicht sagen würde. Es wird geschmäht und verunglimpft und gewütet. Auch im öffentlichen Raum kann der Eindruck entstehen, dass manche Menschen eine erschreckend kurze Lunte haben. Zugleich scheinen immer mehr Menschen höchst empfindlich gegenüber Kritik zu sein. Beides in Kombination verträgt sich sehr schlecht.

Dem Landkreis Heidenheim stehen 2026 einige Entscheidungen bevor: In Hermaringen, Nattheim und Steinheim werden die Spitzen der Rathäuser neu gewählt, Anfang März entscheidet sich, wer den Wahlkreis künftig im Landtag vertreten wird. Es wird sich auch zeigen, ob der 1. FC Heidenheim weiter im Oberhaus des deutschen Fußballs spielen wird. Und man muss kein Hellseher sein, um zu erahnen, dass es aus der regionalen Wirtschaft auch im kommenden Jahr einige Hiobsbotschaften geben wird.

Es lohnt sich, all diese Fragen mit Interesse und Leidenschaft und vielleicht sogar eigenem Engagement zu verfolgen. Es lohnt sich aber auch, die Zeit zwischen den Jahren zum Herunterfahren zu nutzen, durchzuatmen, und vielleicht festzustellen, dass reflexhaftes Toben und pauschale Schuldzuweisungen kaum je ein Problem gelöst haben. Wir alle haben Hirn und Hände und können vieles schaffen, von dem wir noch nicht einmal wissen, dass wir es werden schaffen müssen. Darauf müssen wir uns besinnen.