Leitartikel Klartext

Mitarbeitende in der Krise: Humankapital oder Kostenfaktor?

Viele Betriebe im Landkreis Heidenheim sind gerade in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, viele kündigen Personalabbau an oder haben ihn schon vollzogen. HZ-Redaktionsleiterin Silja Kummer nimmt aber auch Lichtblicke wahr - beispielsweise in Sontheim/Brenz.

Es sind Wochen der Hiobsbotschaften, zumindest was die Wirtschaft angeht. Die Liste der Firmen im Landkreis Heidenheim, die Stellen abbauen wollen oder deren Mitarbeitende gerade nicht genug Arbeit haben, ist lang. Das sind alles keine Nachrichten, die man gerne hört, weil man sich bei jeder neuen unweigerlich fragt: Wohin soll das führen, und hört das irgendwann mal wieder auf?

Die Mitarbeitenden sind dabei in einer Doppelrolle: einerseits sollen sie die Arbeit leisten, andererseits sind sie Kostenfaktoren, in nicht wenigen Firmen sogar der größte. Lohnkosten in Deutschland sind hoch, die Lohnnebenkosten auch, der Mindestlohn schreibt eine Untergrenze vor. Anderswo ist es billiger. Daraus folgen zwei mögliche Konsequenzen: Entweder müssen weniger Menschen dieselbe Arbeit erledigen, damit die Personalkosten sinken, oder die Produktion wandert ins Ausland.

Edelmann plant am Standort Heidenheim den Abbau von rund 100 Vollzeit-Arbeitsplätzen.

Edelmann will am Standort Heidenheim rund 100 Arbeitsplätze abbauen

Der Faltschachtelhersteller Edelmann plant, am Standort Heidenheim etwa ein Sechstel der Arbeitsplätze abzubauen. Womit das begründet wird, und was die Gewerkschaft dazu sagt.
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Heidenheim
Produktverlagerungen

Die zweite Lösung wählten Hartmann (Werksschließung in Heidenheim, Produktionsverlagerung nach Polen, 120 Arbeitsplätze), Voith (Produktionsverlagerung bei Voith Hydro nach St. Pölten, 70 Arbeitsplätze) und TDK (300 Arbeitsplätze, Produktionsverlagerung nach Ungarn und China). Auch beim geplanten Abbau von 100 Stellen bei Edelmann ist die Rede von einer teilweisen Verlagerung der Produktion.

Weniger Arbeit gibt es bei Osram in Herbrechtingen, dort sollen 100 Stellen gestrichen werden. Und diese Woche dann der Paukenschlag bei Voith, Heidenheims größtem Arbeitgeber, der konzernweit 2500 Arbeitsplätze abbauen will. Wie hart dies Heidenheim treffen wird, ist noch unklar.

Seit 80 Jahren gibt es das Osram-Werk in Herbrechtingen. In den vergangenen Jahren gingen aber immer mehr Arbeitsplätze dort verloren.

So protestierten 45 Osram-Beschäftigte aus Herbrechtingen gegen den geplanten Stellenabbau

Am Standort von ams Osram in Herbrechtingen sollen weiteren 100 Arbeitsplätze wegfallen. Den Produktionsstandort Schwabmünchen will Osram komplett schließen. 45 Beschäftigte aus Herbrechtingen protestierten dagegen mit weiteren Osram-Kolleginnen und -Kollegen am Donnerstag in München.
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Herbrechtingen
Proteste in München

Aus Sontheim/Brenz kommen auch keine guten Nachrichten, der Spannmittelhersteller Röhm ist nicht ausreichend ausgelastet und das schon seit längerer Zeit. Aber auch schon seit längerem versucht man dort, die Zeit zu überbrücken, ohne dass Mitarbeitende gehen müssen. Zuerst gab es Kurzarbeit, jetzt den Tarifvertrag mit Beschäftigungssicherung. Die Hoffnung bleibt, dass sich die Lage verbessert und keine Stellen abgebaut werden müssen.

Der Hauptsitz der Röhm Unternehmensgruppe: Auch in Sontheim sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom TV-Besch betroffen.

Röhm Sontheim: So verhindert die Geschäftsführung aktuell den Mitarbeiterabbau

Derzeit läuft bei gut 60 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Röhm in Sontheim das TV-Besch-Verfahren. Der Spannmittelhersteller möchte so einem Stellenabbau entgegenwirken und gemeinsam den Sprung aus der Krise schaffen.
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Sontheim
Spannmittelhersteller in der Krise

Zumindest in Sontheim scheint man die Mitarbeitenden nicht nur als Kostenfaktor zu sehen, sondern als diejenigen, die den Betrieb am Laufen halten. Als Humankapital, als diejenigen, die das Know-how über die Arbeitsprozesse und Abläufe, die Kontakte zu Kunden, Zulieferern und Dienstleistern haben. Es wäre ein großartiges Zeichen, wenn man bei Röhm die Krise durchsteht und alle an Bord bleiben können.