Matthias Heigl ist seit August neuer Geschäftsführer des Kindertagespflegevereins Landkreis Heidenheim. Mit einem ungewöhnlichen beruflichen Werdegang bringt der 36-Jährige vielfältige Erfahrungen mit. Diese reicht vom Schreiner über den Rettungsassistenten und später mit dem zweiten Staatsexamen zum Notfallsanitäter in der Luftrettung in zivil-militärischer Kooperation mit der Bundeswehr und der ADAC Luftrettung bis hin zur pädagogischen Arbeit. In Nattheim zu Hause kennt er die Region gut und schätzt die Nähe zur Natur, die auch seine Arbeit und sein privates Engagement prägt.
Herr Heigl, Ihr beruflicher Weg ist außergewöhnlich. Bayerischer Wald, Schreiner, Bundeswehr, Notfallsanitäter in Ulm und jetzt Kindertagespflege in Heidenheim? Das müssen Sie erklären, wie das zusammenhängt.
Matthias Heigl: Ich komme aus Rimbach bei Bad Kötzting im Bayerischen Wald. Nach der Hauptschule hatte ich eine Lehrstelle als Kfz-Mechatroniker zugesagt, doch ein Schulpraktikum bei einem Schreiner hat mich so begeistert, dass ich die Entscheidung traf, eine Schreinerlehre zu machen. Der Beruf hat mir großen Spaß gemacht: man arbeitet mit einem lebendigen Werkstoff, muss vorausdenken, wie das Holz reagiert, und Lösungen finden – das hat mir gefallen.
Parallel dazu war ich in der Feuerwehr am Ort aktiv. Ein Freund und ich haben dann einen Rettungshelferlehrgang gemacht, ohne genau zu wissen, worauf wir uns einlassen. Beim ersten Kurstag stellte ein Rettungsassistent seinen Beruf vor – und ich war sofort begeistert. Ich dachte: „Das gefällt mir, das möchte ich gerne beruflich machen.“ Den Kurs absolvierte ich über ein halbes Jahr an Wochenenden, nebenher arbeitete ich als Praktikant im Rettungsdienst.
Wie kam dann die Bundeswehr ins Spiel und Ihre Ausbildung dort?
Im zivilen Bereich gab es keine Ausbildungsstellen, bei denen man während der zweijährigen Ausbildung Geld verdienen konnte. Man musste die Ausbildung sogar selbst finanzieren. Die Bundeswehr übernahm die Ausbildungskosten, dafür verpflichtete man sich für eine gewisse Zeit. Ich hatte erst einen qualifizierenden Hauptschulabschluss. Mit meinem Berufsabschluss hatte ich die mittlere Reife erlangt und konnte so in die Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee der Bundeswehr einsteigen. Ich war Anfang 20, als ich zur Grundausbildung nach Kempten ging, anschließend weiter nach Ahlen in Westfalen für das erste theoretische Jahr der Rettungsassistentenausbildung. Nach dem Fliegerhorst Trollhagen in Neubrandenburg war ich dann in Ulm am Bundeswehrkrankenhaus stationiert.
Mussten Sie auch mal zum Einsatz im Ausland?
Ich war 2015 als Rettungsassistent im Kosovo.
Sie waren auch bei der Luftrettung in Ulm tätig. Wie kam es dazu?
Ich war am Bundeswehrkrankenhaus Ulm tätig und wurde für diesen Job ausgewählt, das hat mich sehr gefreut. Ab 2019 war ich als Helicopter Emergency Medical Service Technical Crewmember (HEMS-TC) auf Christoph 22 im Einsatz. Die Piloten kamen vom ADAC, das medizinische Personal von der Bundeswehr. Ich koordinierte Einsätze, unterstützte Notärzte und war Bindeglied zwischen medizinischem Personal und Pilot. Dabei ging es immer darum, gemeinsam Probleme zu erkennen, vorauszudenken und schnelle Entscheidungen zu treffen.
Wie kamen Sie ausgerechnet auf die Kindertagespflege?
Auch wenn mir die Arbeit als Notfallsanitäter sehr gut gefallen hat, konnte ich mir schon immer vorstellen, wieder in den zivilen Bereich zurückzuwechseln. Nach mehr als 16 Jahren bei der Bundeswehr war das nun an der Zeit. Zufällig habe ich die Stellenausschreibung für die Kindertagespflege entdeckt. Anfangs dachte ich, es sei etwas Medizinisches. Nach näherer Beschäftigung fand ich das Konzept spannend. Das ist sympathisch, das könnte ich machen. Und mir wurde schnell klar, das ist eine Arbeit, bei der ich viel Positives bewirken kann. Denn mit und für Menschen zu arbeiten, das war mir schon immer wichtig.
Welche Qualifikationen bringen Sie mit?
Vieles, was ich früher gemacht habe, hilft mir auch hier: Organisation, Planung, schnelle Entscheidungen, Kommunikation mit vielen Beteiligten. In der Luftrettung koordinierte ich Patienten und Einsätze; hier in der Kindertagespflege organisiere ich Abläufe, höre Tagespflegepersonen, Eltern und Kollegen zu und kann sie unterstützen. Während meiner Zeit bei der Bundeswehr hatte ich zudem eine Lehraufgabe als Praxisanleiter, unterrichtete nebenbei als Dozent an einer Notfallsanitäterschule und habe später ein Studium zum Medizinpädagogen abgeschlossen. Diese Lehrtätigkeiten, die jahrelange Arbeit mit Menschen sowie umfangreiche organisatorische Aufgaben prägen mein heutiges Handeln. Das Team des Kindertagespflegevereins ist erfahren und stark – ich kann mich auf jeden verlassen.
Welche Ziele haben Sie für die Kindertagespflege?
Die Sichtbarkeit zu erhöhen, ist mir besonders wichtig. Viele wissen noch immer nicht, was Kindertagespflege bietet. Wir möchten flexible, familiennahe Betreuung ermöglichen – Eltern zahlen nur für die tatsächliche Betreuungszeit. Ziel ist es, dass Familien, die Betreuung für ihre Kinder finden, die sie brauchen, und dass die Kinder die individuelle Betreuung erhalten, die sie brauchen. Im Moment bemerken wir einen leichten Rückgang sowohl bei den Kindern als auch bei den Pflegepersonen, deshalb möchten wir wieder mehr ins Gespräch kommen. Wir arbeiten eng mit dem Landratsamt zusammen und arbeiten als Kooperationspartner.
Gesundheit fängt für mich im Kindesalter an, mit Bildung, Bindung und Förderung.
Matthias Heigl,
Geschäftsführer Kindertagspflege Heidenheim
Schreiner, Notfallsanitäter, Geschäftsführer. Gibt es einen roten Faden in Ihrem Leben?
Auf jeden Fall. Ob als Schreiner, Notfallsanitäter, in der Luftrettung oder jetzt in der Kindertagespflege: Immer geht es darum, Probleme frühzeitig zu erkennen, Lösungen zu planen und Menschen zu helfen. Dieses Prinzip zieht sich durch mein gesamtes Berufsleben. Ich arbeite sehr gerne mit Menschen und helfe sehr gerne Menschen. Ich komme aus der Gesundheitsbranche und Gesundheit fängt für mich im Kindesalter an, mit Bildung, Bindung und Förderung. Und das genau kann die Kindertagespflege.
Sie waren in Ulm stationiert, das ist nicht so weit weg. Aber hatten Sie schon einen Bezug zu Heidenheim?
Ich kenne die Region gut. Meine Partnerin kommt von hier. Wir haben uns beim Arbeiten kennengelernt – sie ist ebenfalls Notfallmedizinerin. Wir sind zusammengezogen, haben zunächst in Herbrechtingen gewohnt und dann ein Haus in Nattheim gebaut. Ich fühle mich sehr wohl hier. Besonders gefällt mir die Nähe zur Natur.
Sind Sie ein Naturmensch?
Ich beschäftige mich viel mit Naturpädagogik und Nachhaltigkeit. Ich habe zahlreiche Kurse dazu besucht. Ich habe unter anderem eine Zusatzausbildung zum Naturpädagogen beziehungsweise Waldbotschafter gemacht. Natur und Gesundheit hängen für mich eng zusammen – das habe ich auch in meiner Studienabschlussarbeit untersucht. Hier im Landkreis ist der Wald überall präsent, und ich finde es wichtig, täglich Zeit draußen zu verbringen. Ein Sprichwort begleitet mich dabei: „Man sollte sich jeden Tag mindestens eine halbe Stunde Zeit nehmen, in den Wald zu gehen. Und wenn es mal nicht klappt, dann sollte man sich wenigstens eine Stunde nehmen.“ Die Natur gibt uns Kraft, Ruhe und Gesundheit – und sie verdient unseren Respekt.
Nächster Kurs für Tageseltern
Wer sich für die Arbeit mit Kindern interessiert und selbst in die Kindertagespflege einsteigen möchte, hat dazu die Möglichkeit über einen Grundqualifizierungskurs. Ein neuer Kurs startet am 8. Oktober und umfasst bis zum 21. Januar 13 Schulungstage, immer mittwochs jeweils von 9 bis 12.15 Uhr.