Wer ist der Boss? Das ist eine Frage, über die erstmal Klarheit herrschen sollte, bevor beispielsweise in einem Unternehmen jemand die Richtung vorgibt. In einer Gemeinde, einer Stadt oder einem Landkreis ist die Frage nicht ganz so einfach zu beantworten, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheint. Selbst wir als Zeitung verwenden manchmal den (zugegeben etwas altmodischen) Begriff des „Gemeindeoberhaupts“ als Synonym für den Bürgermeister oder die Bürgermeisterin.
Genaugenommen stimmt das aber so gar nicht: Der Souverän ist eigentlich der Gemeinderat oder der Kreistag, der laut Gemeindeordnung „die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde“ ist. Er legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest, entscheidet über alle Angelegenheiten, soweit nicht der Bürgermeister zuständig ist, und entscheidet auch darüber, wer in der Verwaltung arbeitet.
Das Gremium hat also eigentlich ganz schön viel Macht. Um diese auszuüben, muss es sich aber einig werden oder zumindest eine Mehrheit zustande bringen. Und anders als in übergeordneten Parlamenten im Land oder im Bund sitzen eben keine Berufspolitiker im Gemeinderat oder im Kreistag, sondern Menschen, deren Hauptprofession eine andere ist. Deshalb bringen sie mitunter auch wenig Zeit für politische Vorarbeit mit.
In jüngster Zeit konnte man an zwei Beispielen sehen, wie sehr das Parlament regiert – oder eben auch nicht. Im Kreistag wurde am Montag ein Beschluss über den Zuschuss ans Klinikum gefasst. Dabei ging es gar nicht um die Höhe, sondern die Fraktionen forderten, dass der Landkreis einen Kredit über vier Millionen Euro aufnehmen soll, anstatt das Geld einfach aus dem Kreishaushalt zu überweisen. Der Kreistag entschied hier gegen den Willen der Verwaltung und sogar trotz der Hinweise des Kämmerers, dass das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde Einwände haben könnte.

Streit um vier Millionen Euro fürs Klinikum Heidenheim: Zwei Fraktionen setzten sich durch
Anders ging eine Entscheidung im Heidenheimer Gemeinderat aus: Die Ausweisung der Grabenstraße als Fußgängerzone noch vor dem geplanten Ende des Versuchs und ohne die Anhörung von Bürgern und Bürgerinnen wurde trotz vieler Bedenken durchgewunken. Hier hat das Gremium Oberbürgermeister Michael Salomo seinen Willen gelassen, obwohl es auch hätte anders entscheiden können. Hoffen wir, dass die Bürgerschaft sich gut vertreten fühlt.


