Brücken in alle Welt

Lilian Haas aus Heidenheim lebt in Madrid: geringeres Einkommen, harter Job, aber schönes Leben

Lillian Haas aus Heidenheim lebt seit fünf Jahren in Madrid. Hier berichtet sie, warum sie schon immer nach Spanien wollte, wie das Leben dort während Corona war und was die spanische Berufswelt von der deutschen unterscheidet.

Werde ich zurückkommen? Das ist die meistgestellte Frage und jedes Mal zögere ich. Mein Name ist Lillian Haas, ich bin 31 Jahre alt und vor sieben Jahren für mein Masterstudium nach Paris gezogen. Heute lebe ich seit fünf Jahren in Madrid.

Schon als Kind blickte ich mit Neugier in die Welt – auf Kulturen, Sprachen und Landschaften. Mich zog das Abenteuer an. An der Uni lernte ich Spanisch nebenbei und wusste, dass ich eines Tages auch dort leben wollte. 2019 zog ich nach Barcelona, um mein zweites Masterjahr zu absolvieren, und verliebte mich schnell in die unzähligen Straßenfeste, die wärmende Sonne und den Strand vor der Haustür - ich wollte bleiben.

Als im April 2020 die Pandemie ausbrach und eine Ausgangssperre verhängt wurde, erlebte ich Spanien im Krisenmodus von meinem kleinen Balkon aus. An der Tagesordnung stand Solidarität und Gemeinschaft: der Applaus um 20 Uhr wurde zur Routine, die hauseigene Dachterrasse zum Gemeinschaftsort und Barcelona verwandelte sich in ein kleines Dorf. Nach dem Studium fand ich meinen Berufseinstieg in Madrid: Wirtschaftsanalystin für internationale Schiedsverfahren.

Nach mehr als fünf Jahren in Madrid kenne ich nicht nur die Stadt, sondern auch große Teile Spaniens – und es ist wunderschön. Ich spreche fließend Spanisch, arbeite mehrsprachig für einen internationalen Energiekonzern und habe Freundschaften aufgebaut, die Madrid zu meinem Zuhause machen. Die Stadt ist sauber, sicher, gut organisiert und voller Leben – mit heißen Sommern und kalten Wintern. Der Nahverkehr ist erschwinglich, das kulturelle Angebot riesig, und der Gemeinschaftssinn der Spanier zeigt sich im Alltäglichen, aber besonders in Notsituationen wie den Blackouts dieses Jahres.

Das Leben hier hat auch Herausforderungen: Die Mieten entsprechen internationalem Großstadtniveau, während die Durchschnittsgehälter bei etwa 33.000€ brutto liegen. Die Jobsicherheit ist fragil, Sozialleistungen sind begrenzt. Der Druck, die eigene Stelle zu behalten, ist hoch – kurze Kündigungsfristen und unbezahlte Überstunden sind üblich. Die Spanier arbeiten hart, wissen aber ebenso, wie man das Leben genießt.

Werde ich nach Heidenheim zurückkehren? Absolut – für Familie, alte Freunde, Käsespätzle, Sommerabende, frische Brezeln und das „Warten aufs Christkind“. Doch die Welt ist groß, und vorerst bleibt Madrid mein Zuhause – ein Ort voller Sonne, Vielfalt und Leben.

Un abrazo fuerte, Lilli