Amateurtheaterfestival

Lamathea: Wie das Naturtheater Heidenheim Festival-Ausrichter und Preisträger auf einmal wurde

Das diesjährige Landesamateurtheaterfestival, kurz Lamathea, wird in Heidenheim vom Naturtheater sowie der Sasse ausgerichtet. Das Naturtheater ergattert zudem einen der begehrten Preise. Wie beides zustande kam und ob es einen Interessenskonflikt gibt:

Dass Heidenheim im positivsten aller Sinne ganz schön viel Theater macht, ist bekannt. Diese Dosis wird, man mag es kaum glauben, in den kommenden Tagen noch einmal deutlich erhöht. Von 2. bis 5. Oktober richtet Heidenheim – und dort insbesondere das Naturtheater sowie das Sasse-Theater – Lamathea, das Landesamateurtheaterfestival aus. Nicht nur das, die Naturtheater-Produktion „Annie“ greift sich dabei obendrein noch einen der mit 2000 Euro dotieren, begehrten Preise.

Insgesamt zum siebten Mal in 14 Jahren werden die Preise vergeben, das Festival findet alle zwei Jahre statt. „Und tatsächlich wird es immer schwieriger, geeignete Locations dafür zu finden“, erklärt Lars Helfert. Er war viele Jahre Mitglied des Naturtheaters, seit einigen Jahren kann man ihn primär auf der Bühne der Sasse erleben. Und: Helfert ist Mitglied im Präsidium des Landesverbands Amateurtheater Baden-Württemberg und sitzt somit gewissermaßen an der Lamathea-Quelle.

Sechs Gasttheaterstücke in Heidenheim

Bereits 2023 rückte das Naturtheater als Austragungsort in den Blick des Verbands – gleichzeitig sei klar gewesen, dass ein Theater allein diese Aufgabe kaum stemmen könne. Rasch wurde demnach die Sasse ins Boot geholt. „Wir haben schnell bemerkt, dass das nicht nur eine Ehre, sondern auch Arbeit ist“, berichtet Benjamin Hessenauer, Vorsitzender des Sasse-Theaters, und lacht.

Denn es gilt, an vier Tagen für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen: Sechs Stücke von sechs verschiedenen Theatern werden im Laufe des Festivals an verschiedenen Standorten innerhalb Heidenheims gezeigt. Oder, wie Hessenhauer es formuliert: „Fremde Gruppen auf fremden Bühnen.“

Freuen sich auf das Lamathea-Festival in Heidenheim: (von links): Thomas Schirm, Vorsitzender des Naturtheaters, Lars Helfert, Mitglied beim Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg und Benjamin Hessenauer, Vorsitzender des Sasse-Theaters.
Freuen sich auf das Lamathea-Festival in Heidenheim: (von links): Thomas Schirm, Vorsitzender des Naturtheaters, Lars Helfert, Mitglied beim Landesverband Amateurtheater Baden-Württemberg und Benjamin Hessenauer, Vorsitzender des Sasse-Theaters. Foto: Maximilian Haller

Selbstverständlich kann dabei nicht jedes Stück auf genau dieselbe Weise gezeigt werden, wie es auf den jeweiligen Heimatbühnen der Fall gewesen ist. „Man muss Abstriche machen. Aber das ist jedem Ensemble klar, das mit einem Stück auf Tournee geht“, ergänzt Helfert. Dazu kommt, dass sowohl in der Sasse als auch im Naturtheater bereits kurz nach Ende des Festivals hauseigene Premieren anstehen. „Und unsere eigenen Stücke haben letztlich oberste Priorität“, sagt Thomas Schirm, Vorsitzender des Naturtheaters.

Selbst „Annie“ kann nicht auf dieselbe Art und Weise aufgeführt werden, wie es in der Spielzeit 2024 der Fall gewesen ist. Denn das Bühnenbild existiert in dieser Form schlicht nicht mehr.

Die Entscheidung für den Sieg fiel lange nach der Entscheidung, Lamathea in Heidenheim auszurichten.

Lars Helfert, Mitglied im Präsidium des Landesverbands Amateurtheater Baden-Württemberg

Übrigens: Wer glaubt, dass „Annie“ nur deshalb den Preis für das beste Freilichttheaterstück absahnt, weil das Naturtheater dieses Jahr Mit-Ausrichter ist, der irrt. „Die Entscheidung für den Sieg fiel lange nach der Entscheidung, Lamathea in Heidenheim auszurichten“, erläutert Lars Helfert. Zu jenem Zeitpunkt wurde das Musical noch gar nicht auf dem Schlossberg gespielt. Dass Sieg und Ausrichtung nun zeitgleich in den Schoß des Naturtheaters fallen, ist laut Helfert „ein Riesenzufall, das i-Tüpfelchen und gab’s in dieser Kombination auch noch nie.“ Er selbst habe sich, wann immer es in den Jurysitzungen um das Naturtheater oder die Sasse ging, zudem für befangen erklärt.

Die Jury entscheidet über die Gewinner in sieben Kategorien: Innenraumtheater, Theater mit Kindern und Jugendlichen, Freilichttheater, Mundarttheater, Theater mit soziokulturellem Hintergrund und Puppen- und Figurentheater. Zudem wird ein undotierter Sonderpreis für Lebenswerk und bürgerschaftliches Engagement im Lande vergeben.

Naturtheater: unter hunderten Einsendungen ausgewählt

Um die oftmals hunderten Einsendungen gleichermaßen sichten zu können, werden frontal gefilmte Aufnahmen der Stücke an die Jury übersandt. „Oft kann man aber nur querschauen“, gibt Lars Helfert zu. „Sämtliche Stücke komplett anzuschauen, würde einfach zu lange dauern“, schließlich nehme selbst die komprimierte Sichtung etwa ein dreiviertel Jahr in Anspruch.

Für die beiden Heidenheimer Theater und insbesondere natürlich für das Naturtheater ist die Freude um das Festival groß. „Es brauchte aber etwas Überzeugungsarbeit, unsere Vereinsmitglieder, die ja alle im Ehrenamt arbeiten, nach der langen Sommerspielzeit noch einmal für dieses Event zu motivieren“, erzählt Thomas Schirm. Gleichzeitig überwiege freilich der Stolz. „Unter so irre vielen Bewerbern den Preis zu gewinnen, ist eine absolute Bestätigung für ‚Annie‘ – und für das, was wir uns in all den Jahren aufgebaut haben.“

Das Programm bei Lamathea in Heidenheim

An vier Tagen finden in Heidenheim zahlreiche Aufführungen und Veranstaltungen statt: Den Auftakt machen am Donnerstag, 2. Oktober, „Mach (k)ein Theater“ vom Puppentheater Kübel wie Eimer aus Inzigkofen-Vilsingen (10 und 11.30 Uhr, Michaelskirche) sowie „Annie“ vom Naturtheater Heidenheim in Form einer Präsentation samt Podiumsdiskussion (20 Uhr, Naturtheater).

Weiter geht es am Freitag, 3. Oktober, mit „Labeled – ein Sittenstück“ vom Performance Theater Heidelberg (15.30 und 20 Uhr, Naturtheater) sowie „Beziehungsweise – Loriot“ vom Amateurtheater Die Koralle Bruchsal (15.30 und 20 Uhr, Sasse-Theater).

Am Samstag, 4. Oktober, werden zunächst Szenen und Lieder aus „Grattlerblues“ vom Deuchelrieder Theater aus Wangen im Allgäu samt Podiumsgespräch gezeigt (14 Uhr, Sasse-Theater), außerdem „Letzte Hoffnung Schweiz“ vom Jungen Theater der Waldbühne Sigmaringendorf (15.30 und 20 Uhr, Naturtheater).

Den Abschluss macht am Sonntag, 5. Oktober, eine festliche Matinee zur Verleihung des Landesamateurtheaterpreises ab 11 Uhr im Konzerthaus.

Infos zu weiteren Programmpunkten wie Workshops und Verbandstagen gibt es unter amateurtheater-bw.de/lamathea. Tickets sind im Vorverkauf unter naturtheater.de sowie an der Abendkasse erhältlich.

Jetzt einfach weiterlesen
Jetzt einfach weiterlesen mit HZ
- Alle HZ+ Artikel lesen und hören
- Exklusive Bilder und Videos aus der Region
- Volle Flexibilität: monatlich kündbar