Es gibt da diesen Fleck. Kein Schandfleck, aber einen Schönheitspreis gewinnt er in seinem Ist-Zustand sicher nicht: An der Südfassade des Heidenheimer Kunstmuseums, wo der Gehweg zum Hellenstein-Gymnasium ansetzt, fiel der Blick geneigter Passantinnen und Passanten bislang vor allem auf eine eher lädierte Schautafel. Bald nicht mehr. Dort wird am kommenden Samstag eine Skulptur des Künstlers Malte Bruns enthüllt – und die wird höchstwahrscheinlich polarisieren.
Wir erinnern uns: Anfang des Jahres fiel im Zuge eines geschlossenen Wettbewerbs die Wahl auf Bruns. Unter elf nominierten Künstlerinnen und Künstlern hatte Bruns es erst in die Top 5 und schließlich ganz oben aufs Siegertreppchen geschafft. Die Idee des Wettbewerbs: Heidenheim solle ein neues Kunstwerk für den öffentlichen Raum bekommen.
Kunstwerk in Gedenken an Michael Rogowski
Ins Rollen gebracht wurde das Projekt durch Gabriele Rogowski, die durch die von ihr initiierten Bildhauer-Symposien bereits so manche künstlerischen Arbeiten in den öffentlichen Heidenheimer Raum gebracht hat. In Gedenken an ihren Mann, den Ehrenbürger Michael Rogowski, hatte Gabriele Rogowski nach dessen Tod bei ihr eingegangene Spenden an den Förderkreis Kunstmuseum (FÖK) weitergeleitet – verbunden mit dem Wunsch, eben diesen Kunstwettbewerb auszuloben. Der erste Preis war dabei mit 30.000 Euro dotiert; weitere 5000 Euro stellte der FÖK für Transport und Installation zur Verfügung.
Am Samstag sollen nun die Früchte dieser Auslese geerntet werden. Eine rund 1,90 Meter hohe Skulptur, auf einem Sockel stehend, ist dabei zu erwarten. Mehr wollen der FÖK sowie Kunstmuseumsleiter Marco Hompes angesichts des Designs noch nicht verraten.
Wir wollen zwar nicht bewusst damit provozieren, aber es soll für die Betrachter eine Herausforderung sein.
Petra Lange, Vorsitzende des Förderkreises Kunstmuseum Heidenheim
Einen ersten Eindruck von Malte Bruns’ Schaffen hatte man sich jedoch bereits in der kürzlich geendeten Ausstellung „Creatures“ im Kunstmuseum machen können. Entfernt menschlich muten seine bildhauerischen Werke an, jedoch deformiert, fragmentiert, kombiniert und variiert. Grelle, unnatürliche Farben waren da zu sehen, ein sich krümmender Torso, aus dem runde Öffnungen sprießen, aus denen wiederum grüner Schleim ploppt. Inwiefern jene Arbeiten der neuen Skulptur, die im Übrigen den Namen „What a Day“ trägt, ähneln, bleibt letztlich abzuwarten.
Innerhalb der Kunstkommission, welche die eingereichten Werke sichtete, kam es laut der Förderverein-Vorsitzenden Petra Lange im Vorfeld durchaus zu kontroversen Diskussionen: „Man muss sich definitiv mit der Skulptur beschäftigen. Wir wollen zwar nicht bewusst damit provozieren, aber es soll für die Betrachter eine Herausforderung sein.“ Bruns’ Ansatz, der technische, humane und organische Elemente verschmilzt, passe zudem gut in die Zeit, ist sich Lange sicher.
Wird das Kunstwerk polarisieren?
Ob „What a Day“ überhaupt polarisieren wird, bezweifelt hingegen Marco Hompes: „Das unken alle, aber ich traue den Heidenheimern viel zu.“ Und selbst wenn die Skulptur in der breiten Menge nicht gut ankommen sollte, dann sei das „erst einmal gut“, findet der Museumsleiter. „Stücke, die am meisten kritisiert werden, bleiben einem am ehesten im Gedächtnis. Über Auseinandersetzung kann schließlich auch Akzeptanz entstehen.“ Und ein 08/15-Standardwerk, da sind sich beide einig, habe kein Mitglied der Kunstkommission gewollt.
Man habe den Nominierten in deren Schaffensprozess bewusst freie Hand gelassen. Erlaubt war vieles: Skulptur, Sound- und Lichtarbeiten oder Eingriffe ins Gebäude unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes seien denkbar gewesen, um diese „knifflige“ Stelle zu bespielen.
Stücke, die am meisten kritisiert werden, bleiben einem am ehesten im Gedächtnis.
Marco Hompes, Leiter des Heidenheimer Kunstmuseums
Als Einziger dieser Elf habe Malte Bruns mit seinem Konzept nicht nur ein Kunstwerk, sondern gleich einen kleinen Aufenthaltsplatz ins Spiel gebracht. Neben Skulptur samt Sockel ist zudem ein Baum mit Betonbeet angedacht gewesen – aus Kostengründen wird auf Letzteres allerdings verzichtet.
Ursprünglich war geplant, die Skulptur deutlich früher zu enthüllen – im Rahmen der „Creatures“-Vernissage. Auch, um Malte Bruns’ Arbeit vermitteln zu können, wie Marco Hompes erklärt. Aufgrund von Lieferschwierigkeiten und Verzögerungen beim Entstehen des Sockel-Fundaments fällt die Enthüllung nun auf die Vernissage der neuen Ausstellung „Flow“.

Nicht nur außer-, sondern auch innerhalb des Kunstmuseums wird an diesem Tag Neues offenbart. Das historische Ambiente des Volksbades im Foyer wird durch ein neues Möbelstück ergänzt: „Wave“, so ist die Idee, soll Sitzmöglichkeit und Treffpunkt in Einem sein und zudem die Aufenthaltsqualität im Eingangsbereich verbessern.
Das Leipziger Kollektiv Plus x ist mit der Umsetzung beauftragt worden; herausgekommen ist eine skulpturale Intervention, die formal und farblich Bezug auf die Geschichte des Hauses als Schwimmbad und auf die Jugendstil-Gestaltung des Foyers nimmt. Ganz einfach ist der Aufbau laut Petra Lange nicht gewesen. Da hinter dem Möbel Heizkörper verlaufen, bedurfte es einiger Anpassungen. Ein fünfstelliger Betrag fiel für „Wave“ an. Die Finanzierung erfolgte zu rund 35 Prozent über Eigenmittel des Förderkreises, zu 15 Prozent über das Ankaufsbudget des Kunstmuseums der Stadt Heidenheim und zu 50 Prozent über Spenden und Sponsoring.
Dreimal Grund zum Feiern am Samstag
Enthüllt wird das neue Kunstwerk vor dem Museum, „What a Day“, am Samstag, 25. Oktober, ab 16.30 Uhr. Ebenfalls an diesem Tag kann erstmals das künstlerische Möbel „Wave“ im Foyer erprobt werden. Und damit nicht genug: Ab 18 Uhr findet darüber hinaus die Vernissage der neuen Ausstellung „Flow“ statt.