Leserbrief

Künstlerischer Nachwuchs hätte in Heidenheim größeres Publikum verdient

Leserbrief zu einem Konzert des Städtischen Blasorchesters Heidenheim und der Musikschule in der Waldorfschule:

Offensichtlich gehören wir, meine Frau und ich, zu der im Heidenheimer Kulturbetrieb äußerst raren Spezies derjenigen, die von Profis auf Exzellenzniveau (Oper) und auf Höchstniveau (Konzerte) Zelebriertes gleichermaßen schätzen und genießen wie von Amateuren Dargebotenes. Mit Bedauern erlebten wir am 4. Advent in der Waldorfschule, dass die Besucherzahl – Eltern und Verwandte der Musizierenden abgerechnet – erbärmlich gering war. Das Städtische Blasorchester hatte sich auf die zweite Hälfte des Konzerts zurückgenommen, um den Nachwuchsformationen der Musikschule Heidenheim eine Plattform zu geben.

Es ist in der Musik wie im Sport: Nachwuchsarbeit entdeckt Talente und entwickelt Könner. Alle, die auf der Bühne waren, durften sich mit Recht als Könner fühlen. Geduldiges, gekonntes Fördern hat jungen Menschen ganz unterschiedlicher Qualifikation letztlich dadurch Selbstvertrauen und Freude gegeben, dass sie als Lohn für ihre Anstrengungen anderen zeigen durften, wie gut sie sind. Und sie sind bewundernswert gut, haben Lehrer und Dirigenten, die mit Leidenschaft und Vorbildcharakter vor und hinter ihnen stehen. Das versprüht so wunderbar viel Zuversicht, lässt einen am Ende mit Gänsehaut zurück, wenn die Bühne aus allen Nähten platzt, weil alle Musikschüler zusammen mit dem souverän agierenden Blasorchester „Tochter Zion“ intonieren, und das Publikum ergriffen mitsingt.

Schade, dass dafür nur so wenige ein Ohr haben – vielleicht weil es nicht elitär, sondern sehr bodenständig ist. Die Motivation der Könner von morgen ist die Anerkennung, die sie auf dem steinigen Weg zur Perfektion erfahren. Kern weihnachtlicher Tradition ist das Menschen Verbindende. Da wäre es doch ein angemessener Schritt, dass sich von den vielen, die viel Geld für Profiaufführungen ausgeben, ein paar mehr auf das bodenständige Niveau – übrigens mit äußerst phantasiereich von freiwilligen Helfern gestalteter Pausenverpflegung – derer begeben, denen das Glück des Dabeiseins aus allen Poren quillt, und die weihnachtliche Botschaft mit dem Herzen zu erleben.

Guido Lange, Heidenheim