Unter uns

Junge Ärzte aufs Land zwingen – warum eigentlich nicht?

Ärztemangel im Landkreis Heidenheim ist bereits jetzt eine Tatsache. Die Situation wird sich in den nächsten Jahren zudem noch verschärfen. Kommunen und der Landkreis suchen nach Lösungen. Ohne Hilfe von außen aber werden sie sich schwertun, die Versorgung zu sichern. Es braucht vielmehr größere und möglicherweise unpopuläre Hebel, um wieder mehr Ärzte aufs Land zu holen, findet Catrin Weykopf.

Man stelle sich vor, man liegt im Krankenhaus und es ist Visite. Herein kommt eine Pflegekraft und stellt einem einen Laptop ans Bett. Auf dem Bildschirm per Videoanruf zu sehen: der Arzt. Im Homeoffice.

Was klingt wie ein Witz, ist tatsächlich so passiert. Und zwar meinem Vater, vergangene Woche. Das war nicht in Heidenheim, sondern im benachbarten Bayern. Davon abgesehen: Die Szene zeigt, wie sich das Gesundheitssystem bereits verändert hat und in Zukunft weiter verändern wird.

Im Landkreis Heidenheim ist die ambulante Versorgung schon jetzt mancherorts schwierig und droht, in den nächsten Jahren noch schlechter zu werden. Seit Langem ist das absehbar und seit Langem versucht man mit Analysen, Arbeitsgruppen und konkreten Handlungen, dem entgegenzuwirken. Das ist gut und notwendig. Allein: Das reicht nicht. Das beste Konzept geht nämlich nur dann auf, wenn auch neue, zusätzliche Ärzte gewonnen werden. Denn selbst die Telemedizin, die vielfach als Lösungsansatz angesehen wird und dies in vielen Fällen sicher auch sein kann, funktioniert nur, wenn auf dem Bildschirm auch ein Arzt erscheint. Und spätestens, wenn der Bildschirm-Arzt zu dem Schluss kommt, der Patient muss körperlich untersucht werden, reicht der Doc per Screen nicht mehr. Wohin dann?

Das Grundproblem bleibt: Auf dem Land fehlen niedergelassene Ärzte. Dieses Problem lösen weder Kommunen noch Landkreise allein. Um es übergeordnet anzugehen, müssten neue Hebel her. Vielleicht auch unpopuläre.  

So wie der Vorschlag eines AOK-Bundesfunktionärs, der 2005 gefordert hatte, junge Ärzte für ein Pflichtjahr aufs Land zu schicken. Die Entrüstung, nicht nur aus der Ärzteschaft, die ihm damals entgegenschlug, hatte es in sich. Das sei ein Eingriff in die Berufsfreiheit, hieß es. Man müsse stattdessen finanzielle Anreize schaffen und bessere Rahmenbedingungen.

Ich erinnere, dass Kommunen aber genau das auch schon versucht haben und quasi bezugsfertige Praxen zu geringer Miete anbieten wollten, die ein Arzt belegen möge. Doch meistens kam keiner.

In einem Land, in dem die Wiedereinführung der Wehrpflicht inzwischen kein Tabu mehr ist, weil auch hier eine Notwendigkeit offenbar geworden ist, könnte man durchaus über einen Vorschlag wie den des AOK-Mannes von 2005 zumindest mal wieder nachdenken, finde ich. Schönes Wochenende!  

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