Haushalt 2026

Investieren oder sparen? So sehr gehen die Meinungen an der Heidenheimer Verwaltungsspitze auseinander

Für Oberbürgermeister Michael Salomo sind Investitionen das richtige Mittel, um handlungsfähig zu bleiben. Sein Kämmerer Guido Ochs mahnt hingegen dringend an, alle Investitionen zu überprüfen. Bei der Haushaltseinbringung für 2026 wurde der Dissens deutlich:

In der Gemeinderatssitzung am Donnerstag brachte die Stadtverwaltung den Haushaltsplan für das Jahr 2026 ein. Oberbürgermeister Michael Salomo und Stadtkämmerer Guido Ochs nahmen zu dem Zahlenwerk Stellung und ordneten die finanzielle Situation der Stadt Heidenheim ein. Die Reden der beiden hochrangigen Verwaltungsvertreter fielen dabei aber fundamental gegensätzlich aus: Während Kämmerer Ochs eindringlich und zum wiederholten Mal Einsparungen anmahnte und auf das Risiko hinwies, die Gestaltungshoheit ans Regierungspräsidium zu verlieren, betonte Oberbürgermeister Salomo die Bedeutung von Investitionen. Abnehmende Liquidität und zunehmende Verschuldung seien die Folge geplanter Investitionen in Bildung, Stadtentwicklung und Klimaschutz. „Diese Mittel fließen in bleibende Werte, in Substanz und Lebensqualität“, so Salomo.

Abhängig von Zuweisungen

Guido Ochs fasste die Situation zunächst mit der Umschreibung zusammen, die Stadt Heidenheim sitze finanziell „in der Zange“. Die Stadt sei „abhängig von Zuweisungen Dritter“, habe keine ausreichende Finanzkraft, um Investitionen mit einem angemessenen Anteil mitzufinanzieren und sei „noch nicht einmal in der Lage, die Abschreibungen zu erwirtschaften.“

Im Gegensatz zu vielen anderen Städten, deren finanzielle Situation noch prekärer ausfällt, konnte Heidenheim in den Jahren 2024 und 2025 von starken Gewerbesteuereinnahmen profitieren, sodass die Liquidität hoch ist. Diese Lage sei aber auch dadurch entstanden, dass sich die Ausgaben für größere Investitionsmaßnahmen verzögert hätten, so Ochs. Zudem werden sich die hohen Steuereinnahmen auf künftige Haushalte der Stadt negativ auswirken, da sie zu hohen Umlagen und niedrigeren Zuweisungen führen. 2027 rechnet der Kämmerer mit einem Haushaltsdefizit von 39,1 Millionen Euro.

Generationengerechtigkeit fehlt

Im Ergebnishaushalt der Stadt werden geplanten Aufwendungen und Erträge gegeneinander aufgerechnet, ähnlich wie bei einer kaufmännischen Gewinn- und Verlustrechnung. Hier rechnet Kämmerer Ochs für 2026 mit Gesamterträgen von 177,6 Millionen Euro und Aufwendungen von 213,2 Millionen Euro. Das Ergebnis ist also ein Fehlbetrag von 35,6 Millionen Euro. Die Abschreibungen, also der Wertverlust des Anlagevermögens, trägt mit 14,3 Millionen Euro zu den Aufwendungen bei.
„Wir leben 2026 erheblich von der Substanz und von der Liquidität, die wir angesichts langsamer abfließender Mittel im Finanzhaushalt und guter Gewerbesteuerergebnisse aus Vorjahren vor uns herschieben“, so der Kammerer. Die Forderung der Generationengerechtigkeit – also das Ziel, nachhaltig zu wirtschaften und die Ressourcen künftiger Generationen nicht aufzubrauchen – finde im Haushalt nicht statt, so Ochs.

Kann zum wiederholten Mal keine guten Zahlen präsentieren: Der Heidenheimer Kämmerer Guido Ochs mahnt dringend an, zu sparen. Rudi Penk

Seine Forderungen sind gleichermaßen dringlich wie unbequem: „Herabsetzung von Standards und Kürzungen bei den Aufwendungen sind unausweichlich“, sagte der Kämmerer. Ein Rekordwert bei den Aufwendungen der Stadt stellt die Kreisumlage dar, die die Stadt an den Landkreis weitergeben muss. Diese habe sich innerhalb von zwei Jahren um 33 Prozent gesteigert und liege bei 41 Millionen Euro.
Noch mehr Geld muss die Stadt für Personal ausgeben: 60,85 Millionen Euro werden dafür aufgewendet, 2,3 Millionen Euro mehr als im Vorjahr. Die höheren Personalkosten führte Ochs auf Tarifsteigerungen und etwas mehr Stellen aufgrund von neuen Aufgaben zurück. Allerdings würden auch 2,1 Millionen Euro erstattet werden. Darüber hinaus fließt das Geld in die Bereiche Familie, Bildung und Sport (36,4 Millionen Euro), Bauen (14,15 Millionen Euro), Bürgerservice (9,35 Millionen Euro) und Kultur (7,5 Millionen Euro).

Wiederholter Appell zur Konsolidierung

„Wir liegen mit diesen Werten über unseren finanziellen Möglichkeiten, und dies seit Jahren“, so Ochs. Er appellierte an den Gemeinderat, die bereits im vorigen Jahr angesprochene Haushaltskonsolidierung endlich vorzunehmen. Man habe Glück gehabt, dass die Gewerbesteuer höher als geplant ausgefallen sei. „Die Frage stellt sich nun aber mehr und mehr, ob wir sehenden Auges die vielen freiwilligen Aufgaben mit hohem Ressourcenverbrauch weiter betreiben und im Pflichtaufgabenbereich dafür Einschränkungen akzeptieren wollen“, sagte der Kämmerer. Angesicht der Daten des Haushaltsentwurfs müsse man eine Aufgabenkritik tatsächlich angehen und nicht nur präsentieren, vorstellen und andiskutieren. „Die Übernahme von neuen freiwilligen Aufgaben scheidet aus Sicht der Stadtkämmerei daher aus.“

14,9 Millionen Kreditaufnahme

Im Finanzhaushalt, der die Investitionen der Stadt abbildet, sind 59,5 Millionen Euro an Ausgaben vorgesehen. Davon würden 49,4 Millionen Euro für Baumaßnahmen ausgegeben. 14,9 Millionen Euro plant die Stadt als Netto-Kreditaufnahme, womit die Zinsbelastung der Stadt insgesamt bei 1,8 Millionen Euro liege. Die liquiden Mittel der Stadt schätzt Ochs am Ende des Jahres 2026 auf 57,4 Millionen Euro, die Schulden auf 67,4 Millionen Euro.

Bei den Investitionen fließen auch in den kommenden Jahren die größten Summen in die bereits begonnenen Projekte Rathaussanierung, Kläranlage und Elmar-Doch-Haus. Diese Aufgaben würden auch innerhalb der Verwaltung erhebliche personelle Ressourcen binden, so Ochs. „Neue Themen können bei der jetzigen Situation nicht in die Planung kommen“, sagte der Kämmerer.

Alarmierend sind die Zahlen der mittelfristigen Finanzplanung für die Jahre 2027 bis 2029. Die Abschreibungen steigen in diesem Zeitraum auf 17,5 Millionen Euro, die Ausgaben für Baumaßnahmen werden auf 72,2 Millionen Euro beziffert. 2029 rechnet Ochs mit einem negativen Gesamtergebnis von 12 Millionen Euro. „Wenn die hohen laufenden Defizite im Ergebnishaushalt nicht beseitigt werden können, werden wir wieder mit sehr ernstzunehmenden Hinweisen im Haushaltsgenehmigungsverfahren rechnen müssen“, so Ochs. Wohin dies im Extremfall führen kann, hatte man 2010 in Giengen erlebt: Die Stadt wurde als Haushaltssicherungsgemeinde eingestuft, vier Jahre lang wurde in Stuttgart über die Umsetzung von Vorhaben in Giengen entschieden.

Handlungsfähigkeit durch Investitionen

Von all diesen Risiken war in der Haushaltsansprache von OB Michael Salomo nicht die Rede. „Die Zahlen sind angespannt“, konstatierte er. Dies liege aber nicht an mangelnder Haushaltsdisziplin, sondern an den gewaltigen Herausforderungen, vor denen alle Kommunen in Deutschland stehen würden: Inflation, höhere Tarifabschlüsse, sinkende Förderquoten und neue gesetzliche Aufgaben, die nicht ausreichend finanziert würden. Trotzdem gelte: „Heidenheim handelt!“ Salomo bekräftigte: „Wir investieren – gezielt, zukunftsorientiert und verantwortungsvoll.“

Auch in schwierigen Zeiten zu investieren, ist das Credo von Oberbürgermeister Michael Salomo. Rudi Penk

Um diese Ausgabe zu untermalen, zählte der Oberbürgermeister 33 große, im Finanzhaushalt enthaltene Investitionen einzeln auf. Die größten Einzelsummen entfallen auf die Optimierung der Stickstoffelimination in der Kläranlage Mergelstetten mit 11,5 Millionen Euro, die Rathaussanierung mit 8,2 Millionen Euro, die Abdichtung der Rathaustiefgarage mit 4 Millionen Euro und die Sanierung der Karl-Rau-Halle mit 4,2 Millionen Euro. „Wir stehen zu unseren Aufgaben“, so Salomo. Heidenheim sei eine Stadt, die gestalte, nicht nur verwalte. „Wir investieren auch in schwierigen Zeiten, weil wir überzeugt sind: Wer heute aufhört zu gestalten, der gefährdet morgen seine Handlungsfähigkeit.“

So geht es weiter mit der Haushaltsplanung

Nachdem die Stadtverwaltung ihren Haushaltsplanentwurf vorgestellt hat, folgt in der nächsten Gemeinderatssitzung am Donnerstag, 6. November, die Stellungnahme der Fraktionen des Gemeinderats. Anschließend wird in den Ausschüssen beraten. Verabschiedet werden kann der Haushalt frühestens in der Sitzung am Dienstag, 16. Dezember.

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