Sehr geehrte Frau Köpf, in ihrem Leserbrief finden Sie es empörend, dass die Stadt Heidenheim über OB Salomo und Herrn Becker den Lokschuppen der gesichert rechtsextremen AfD vermiete. Ich nehme an, dass die Verwaltung gerne auf die Vermietung verzichtet hätte, dass ihr aber unter Kenntnis der Rechtslage die Hände gebunden sind und sie einen Rechtsstreit spätestens bei einer Revisionsverhandlung zu Lasten der Stadtkasse verloren hätte. Die gewählte Exekutive und Behörden handeln verantwortungsbewusst, wenn sie ihre vom Recht gesetzten Grenzen respektieren und die ideologischen Auseinandersetzungen den Parteien und politischen Vereinigungen und Medien, die rechtliche den Gerichten überlassen.
Die Bezeichnung der AfD als gesichert rechtsextrem beruht aktuell hauptsächlich auf der von der ehemaligen Innenministerin am 2. Mai veranstalteten Pressekonferenz über den Inhalt des Verfassungsschutzgutachtens. Diese als vertraulich deklarierte Auftragsarbeit für das Innenministerium lag zuerst nur wenigen Medien vor und war nicht einmal der AfD zugänglich gemacht worden. Heute ist sie im Internet frei verfügbar. Da sie auf öffentlichen Äußerungen von AfD-Mitgliedern gründet und nicht auf geheimdienstliche Quellen verweist, gibt es auch keinen Grund zu Geheimhaltung. Renommierte Verfassungsrechtler erklärten bereits, dass zwar Provokantes, auch Derbheiten und Falschaussagen, von einigen Personen strafrechtlich Diskutables im Bericht stehen, es aber für den Beweis eines Angriffs auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung niemals reichen dürfte.
Der Verfassungsschutz hat als regierungsabhängige Behörde gar nicht die Kompetenz für eine abschließende Einordnung, räumt aber ein, es „lässt sich keine die Partei insgesamt prägende positive Positionierung zum historischen Nationalsozialismus feststellen“, was uns doch alle etwas entspannter machen müsste. Was aber nervös werden lässt, ist, dass in Deutschland viel zu wenig konstruktiver politischer Wettstreit zwischen den Lagern stattfindet, sondern ein Gut-Böse-Lagerdenken wie festbetoniert erscheint, und sich bei der Wahl der Kampfmethoden eine Eskalation der Ausgrenzung herausbildet. Man fühlt sich an einem Scheidepunkt, ob unsere Demokratie noch die Kraft hat für Integration und Teilhabe diverser gesellschaftlicher Strömungen. Gelingt das nicht, müssen wir uns an ein anderes Demokratiebild gewöhnen, in welchem größere Bevölkerungsteile sich politisch nicht mehr vertreten sehen. Es werden Grundrechte erodieren, und der Staat wird durch Delegitimierung seiner Institutionen und Leistungsentzug oder gleich Wegzug wirtschaftlich bedeutender Bevölkerungsgruppen geschädigt. Diese existentielle Gefahr sollte uns innehalten lassen und motivieren zur Wertschätzung einer möglichst vielfältigen und inklusiven Demokratie.
Ralph Michael Metzger, Heidenheim