Als Hacker ausgegeben

Heidenheimer erpresst Frau mit intimen Aufnahmen und betrügt sie um 27.600 Euro

Ein 26-jähriger aus Heidenheim hat eine Frau mit einem Fake-Profil über Monate emotional manipuliert, mit intimen Bildern erpresst und um 27.600 Euro betrogen. Wie das Urteil von Richter Dr. Edler ausfiel.

Ein 26-jähriger Mann aus Heidenheim ist am Amtsgericht zu 1 Jahr und 10 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Grund sind zehn Fälle von Betrug. Er soll eine Frau über Monate zu intimen Fotos und Videos gedrängt und sie um 27.600 Euro betrogen haben. Bis zur Urteilsverkündung wusste sie nicht, dass ihr vermeintlicher Freund in Wahrheit ihr Erpresser war.

Kontakt über Facebook-Datingplattform

Laut Anklage lernten sich die beiden im Juli vergangenen Jahres kennen. Sie traten über eine Facebook-Datingplattform in Kontakt und führten das Gespräch später im privaten Chat fort. Die Frau wollte den Austausch noch am selben Tag beenden, doch der Angeklagte drängte sie, ein intimes Foto zu schicken, und bot im Gegenzug ebenfalls eines an. Zudem stellte er ihr unangenehme Fragen, die sie nicht beantworten wollte.

Sie schickte schließlich ein Foto und forderte erneut, Gespräch und Bild zu löschen. Der Angeklagte verweigerte dies und begann, sie zu erpressen: Er verlangte weitere Bilder und Videos und drohte im Anschluss, diese ihrer Familie und ihrem Arbeitgeber zu zeigen, falls sie das Geld nicht liefere.

Vermeintlicher Hackerangriff

Dazu verwendete er eine falsche Identität und behauptete vor Gericht, sein über zehn Jahre alter Facebook-Account sei durch „Account-Sharing“, also dem Teilen von einem Profil mit mehreren Personen, gehackt worden. Ab diesem Zeitpunkt habe der angebliche Hacker der Frau Beleidigungen, Drohungen und Erpressungsnachrichten geschickt.

Nicht er selbst, sondern der Hacker habe die Frau also über mehrere Monate bis in den November hinein dazu gebracht, insgesamt 27.600 Euro in bar zu übergeben. Über Instagram und Facebook habe der er angegeben, wann die Beträge an Treffpunkten abgegeben werden sollten – die Barzahlungen nahm der Angeklagte persönlich entgegen.

Angeklagter selbst erpresst?

Laut der Frau und anhand geprüfter Kontoauszüge handelte es sich bei den Beträgen teilweise um Abhebungen von mehreren Tausend Euro. An den Treffpunkten musste sie Fotos von sich, dem Bargeld und ihrem Auto machen, um deren Echtheit zu beweisen.

Über den Chat erklärte ihr der Angeklagte, dass auch er selbst vom Hacker erpresst werde. So konnte er glaubhaft machen, dass sie ihm in einem Fall 10.000 Euro geben müsse, damit er „nach London fliegen und den Erpresser bei einem Gerichtsprozess besiegen könne“.

Der Mann blieb vor Gericht bei seiner Darstellung. Er erklärte, er wolle ihr nur helfen, den Hacker zu überführen, und es habe keine Geldübergaben gegeben, außer 5000 Euro für eine Autoreparatur. Treffen hätten nur zum Essen oder Reden stattgefunden.

Aussagen, Chatverläufe und Indizien

Die Aussagen der Zeugen, die Chatverläufe und weitere Indizien ergaben laut Gericht eine zu hohe Beweislast, als dass die Darstellung des Angeklagten glaubhaft erschien. In seiner Wohnung wurde zwar kein Bargeld gefunden, jedoch ein zweites Handy.

Laut dem ermittelnden Oberkommissar konnten auf diesem Gerät und dem Hauptsmartphone Chatverläufe und Anmeldungen des Hacker-Profils nachvollzogen werden. Nachrichten und Bilder der Frau deckten sich auf beiden Geräten und „kommunizierten miteinander“.

Das zweite Gerät habe der Angeklagte nach eigener Aussage genutzt, um sich „Zugriff auf das Profil des Hackers zu verschaffen“ und diesen der Polizei mit Beweisen vorzuführen. Für Richter Dr. Edler und das Gericht war dies nicht glaubhaft.

Die Frau war laut der Aussage des Oberkommissars sehr gutgläubig, sie habe nicht, dass der Angeklagte selbst hinter dem Hacker-Profil stecke. Bei ihrer Vernehmung wurde deutlich, dass sie immer noch glaubte, er wolle ihr helfen und sei selbst erpresst. Deshalb habe sie ihm das Geld gegeben. „Sie wäre nicht selbst mit einer Anzeige zur Polizei gegangen“, so der Oberkommissar. Erst als ihr Arbeitgeber bemerkte, dass sie ungewöhnlich betrübt wirkte, begleitete er sie zur Polizei.

Die Staatsanwaltschaft machte deutlich, dass der Angeklagte trotz eindeutiger Beweislast nichts einzugestehen bereit war. Er forderte ihn auf: „Überlegen Sie sich, ob Sie diese Geschichte aufrechterhalten wollen. Gehen Sie fünf Minuten in sich und überlegen Sie, ob Sie den Scheiß, den Sie uns hier vorsetzen, wirklich weitermachen wollen.“ Der Angeklagte blieb jedoch bei seiner Darstellung.

Das Urteil

Die Staatsanwaltschaft forderte 1 Jahr und 10 Monate Haft sowie eine Geldstrafe wegen gewerbsmäßigen Betrugs in zehn Fällen. Der Angeklagte habe eine Droh- und Täuschungskulisse aufgebaut. Zwar sei kein Geld gefunden worden, doch die Kontoaktivitäten zeigten merkwürdige Bewegungen, unter anderem in Zusammenhang mit Zahlungen an Wettbüros.

Richter Dr. Edler folgte in seinem Urteil der Staatsanwaltschaft, bis auf die Geldstrafe. Als Begründung nannte er, dass der Angeklagte im Prozess keinerlei Geständnis, Reue oder Entschuldigung gezeigt und keine Rückzahlung geleistet habe. Dies hätte zu einer Strafminderung oder Bewährung führen können.

„Ich bin überzeugt, dass Sie die Leichtgläubigkeit der Geschädigten ausgenutzt haben“, sagte Edler. Der Angeklagte habe die Verzweiflung der Frau ausgenutzt, um sich eine erhebliche Summe zu verschaffen, und sie dabei „völlig ausgebeutet, bis zur Verschuldung“. Die Aussagen der 28-Jährigen wertete der Richter als absolut glaubwürdig. Sie verstehe immer noch nicht, dass der Angeklagte und der Hacker dieselbe Person sind. Alle Angaben passten zusammen, es gebe keinen Zweifel für das Gericht.

„Sie haben sich am Ende sogar noch als Retter dargestellt, haben sie massiv getäuscht und ihre Angst vor Bloßstellung ausgenutzt“, rügte der Richter. „London, das Essen gehen – alles Quatsch.“