Eine richtungsweisende Entscheidung in Sachen Biomüll hat der Kreistag in der letzten Sitzung des Jahres getroffen: Er stimmte der Kooperationsvereinbarung zur Gründung eines Zweckverbandes für die interkommunale Bioabfallvergärung zu. Damit neigt sich die Zeit der lokalen Kompostierung im Entsorgungszentrum Mergelstetten dem Ende zu – und mit ihr wohl auch eine häufige Beschwerde: ein gewisses Düftchen, das der Biomüll bisweilen bei seiner Zersetzung je nach Windrichtung mit sich bringt.
Fast 30 Jahre lang war die Kompostierungsanlage Mergelstetten das Herzstück der Abfallverwertung im Kreis. Doch die Zeit hat das Verfahren, das noch auf der damals modernen Wendelin-Technologie basierte, überholt. Landrat Peter Polta machte in der Kreistagssitzung deutlich, dass das Handeln unumgänglich sei. „Das Thema Bioabfall muss zukunftsfähig und langfristig gelöst werden“, betonte er. Die vorhandene Anlage in Mergelstetten ist mittlerweile 30 Jahre alt und erreicht das Ende ihrer Lebensdauer. Zwar tue das Personal alles, um den Betrieb aufrechtzuerhalten, doch die Ersatzteilbeschaffung gestalte sich zunehmend schwierig und Ausfälle häuften sich.
Bis 2031 muss die alte Technik noch durchhalten, erst dann ist eine neue Lösung in Sicht. Eine einfache Modernisierung vor Ort kommt jedoch nicht infrage: „Es geht nicht: alte Technik raus, neue rein und einfach weiter machen“, so Polta. Die reine Kompostierung gilt nicht mehr als Stand der Technik und findet im Abfallwirtschaftsplan des Landes Baden-Württemberg künftig keine Berücksichtigung mehr.
Standortentscheidung für Vöhringen
Da der Landkreis Heidenheim für den wirtschaftlichen Betrieb einer eigenen Vergärungsanlage zu geringe Mengen produziert, suchte man bereits seit 2020 nach Partnern für eine kommunale Lösung und fand sie auch in den südlich angrenzenden Landkreisen. Gemeinsam startete man eine Machbarkeitsstudie. Während Standorte wie das Industriegebiet Ulm-Donautal nicht verfügbar waren und das eigene Gelände in Mergelstetten als zu klein bewertet wurde, fiel die Wahl schließlich auf den Standort Vöhringen (Weißenhorn). Hier konnte bereits Einigkeit über ein Erbbaurecht mit dem Grundstückseigentümer erzielt werden.
In energetischer Hinsicht kann eine Bioabfallvergärungsanlage einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten, heißt es in den Ausführungen der Verwaltung. Bei der geplanten Anlagenkapazität könne Biogas mit einer Brennstoffleistung von circa 40 Millionen Kilowattstunden (kWh) erzeugt werden. Wird das Biogas am Standort verstromt, können nach Abzug des Eigenbedarfs der Anlage mit dem erzeugten Strom rechnerisch rund 3000 Vierpersonen-Haushalte ganzjährig versorgt werden. Wird die Abwärme in ein Wärmenetz eingespeist, könnten rechnerisch rund 400 Haushalte zusätzlich mit Wärme versorgt werden.
Mergelstetten bleibt Umschlagplatz
Trotz des Umzugs der Hauptverarbeitung bleibt der Standort Mergelstetten für die lokale Logistik erhalten. Werner Häcker (Freie Wähler) mahnte in der Debatte an, die vorhandene Infrastruktur nicht brachliegen zu lassen: „Wir haben in Mergelstetten Hallen, teils aus Edelstahl. Ich erwarte, dass wir uns zeitnah Gedanken machen, was damit passiert.“
Dr. Sebastian Meier, Leiter des Kreisabfallwirtschaftsbetriebs, versicherte, dass ein entsprechendes Konzept bereits in Arbeit sei: „Wir beabsichtigen, die Halle weiterzunutzen. Sie soll als Umschlagplatz dienen.“ Der Bioabfall wird dort künftig gesammelt und für den Weitertransport nach Vöhringen umgeladen. Zudem soll holziger Grünabfall auch weiterhin direkt in Mergelstetten zerkleinert und kompostiert werden.
Biomüll-Verarbeitung wird doppelt so teuer
Die neue Lösung könnte für die Bürger jedoch auch eine höhere Müllgebühr bedeuten. Die Zweckverbandsumlage für den Landkreis Heidenheim soll bei 108,85 Euro pro Tonne liegen, was deutlich über dem aktuellen Wert von 58 Euro an Kosten für eine Tonne Biomüllentsorgung liegt. Polta bezeichnete dies als marktüblich, und fügt an, dass man mit dieser kommunalen Lösung die Abhängigkeit von privaten Entsorgungsunternehmen und potenziellen Preisdiktaten vermeide.
Der Preis wird steigen, aber umsonst wird es nicht gehen.
Bernhard Ilg, Vorsitzender CDU/FDP-Fraktion
Bernhard Ilg (CDU/FDP-Fraktion) stützte diesen Kurs: „Wir sind der Meinung, dass der Weg richtig ist, weil der Druck bei uns da ist.“ Solche Anlagen funktionierten nur ab einer gewissen Größe effizient. „Der Preis wird steigen, aber umsonst wird es nicht gehen“, so Ilg.
Ein wichtiges Anliegen der Grünen-Fraktion brachte Christoph Bosch vor. Er begrüßte die energetische Verwertung, mahnte aber: „Wir müssen gucken, dass die Nährstoffe wieder in den Landkreis Heidenheim zurückkommen und nicht nur an die Landwirte in Weißenhorn gehen.“ Dr. Meier konnte hier beruhigen: Die Rückführung des fertigen Komposts in den Landkreis Heidenheim sei bereits vertraglich geregelt.
Einstimmiges Signal des Heidenheimer Kreistags
Nach der einstimmigen Entscheidung des Kreistags folgen nun die formalen Schritte: Die Gründung des Zweckverbandes, der Abschluss der Erbbaurechtsverträge sowie das komplexe Genehmigungsverfahren, das aufgrund der Lage in Vöhringen über zwei Bundesländer hinweg koordiniert werden muss. Das anteilige Stammkapital des Landkreises Heidenheim beträgt 250.000 Euro.
Das sind die künftigen Biomüll-Partner
Die interkommunale Bioabfallvergärung „Donau-Iller-Oberschwaben“ wird von einem breiten Bündnis getragen. Neun regionale Partner haben sich zusammengeschlossen, um die Entsorgung ökologisch und wirtschaftlich neu aufzustellen. Die Kooperationspartner sind die Landkreise Heidenheim, Neu-Ulm, Alb-Donau-Kreis, Biberach, Günzburg, Sigmaringen und Unterallgäu sowie die Städte Ulm und Memmingen.
Der Verband wird seinen Sitz in Weißenhorn (Bayern) haben; es gilt bayerisches Landesrecht. In der Verbandsversammlung soll jedes Mitglied die gleiche Anzahl an Sitzen (geplant sind drei) erhalten, um unabhängig von der Größe der Kommune gleichberechtigt mitentscheiden zu können. Neben einer Geschäftsleitung für das operative Geschäft ist ein Beirat vorgesehen, der Stakeholder wie Anlieger und Abnehmer der Energie- und Düngerprodukte einbindet.

