Leserbrief

Heidenheim erlebte stilistische Vielfalt

Leserbrief zur Berichterstattung über das Jubiläumskonzert des Neuen Kammerchors im Heidenheimer Congress Centrum:

Mit großem Interesse, aber auch mit Unverständnis habe ich den Artikel gelesen. Was als Würdigung eines besonderen musikalischen Abends angekündigt wird, lässt aus meiner Sicht einen entscheidenden Aspekt nahezu vollständig außer Acht: die beeindruckende Leistung und das enorme Engagement der jugendlichen Sängerinnen und Sänger des Neuen Kammerchors. Hier geht es nicht um einen Wettbewerb professioneller Ensembles, sondern um Jugendliche, die neben Schule, Ausbildung und Studium mit außergewöhnlicher Disziplin, Ehrgeiz und Leidenschaft musikalische Höchstleistungen erbringen. Diese Leistung wird im Artikel weder angemessen benannt noch gewürdigt – ein Umstand, den ich als sehr schade und dem Anlass nicht gerecht werdend empfinde.

Ebenso kritisch sehe ich den vorgenommenen Vergleich zwischen südafrikanischer Chortradition und der Arbeit des deutschen Kammerchors. Eine solche Gegenüberstellung greift deutlich zu kurz. Südafrikanische Chormusik ist historisch, kulturell und musikalisch ganz anders verwurzelt und lebt selbstverständlich stärker von Rhythmus, Bewegung und Tanz. Deutsche Chorliteratur ist hingegen nicht dafür gedacht, mit Tanzelementen aufgeführt zu werden. Dies als Maßstab heranzuziehen, führt zwangsläufig zu einem schiefen Vergleich. Gerade weil an diesem Abend eine große stilistische Vielfalt geboten wurde, von geistlicher Chormusik über internationale Werke bis hin zu traditionellen afrikanischen Stücken mit Bewegung und Rhythmus, erscheint mir ein derart vereinfachender Vergleich absolut unpassend.

Besonders befremdlich empfand ich die Darstellung des Chorleiters. Seine über viele Jahre hinweg außergewöhnlich engagierte, fachlich hochkompetente und zugleich warmherzige Art prägt diesen Chor maßgeblich und wird von den jungen Sängerinnen und Sängern ebenso wie von ihrem Umfeld sehr geschätzt. Die gewählte Darstellung wird dieser Persönlichkeit in keiner Weise gerecht. Seine unermüdliche Bereitschaft, Wochenende um Wochenende in die Jugendlichen zu investieren, sucht seinesgleichen.

Das Jubiläumskonzert war für viele Beteiligte auf und vor der Bühne ein bewegendes Ereignis. Umso mehr hätte ich mir einen Artikel gewünscht, der die Leistung der Jugendlichen, den kulturellen Austausch und den großen gemeinschaftlichen Einsatz aller Mitwirkenden stärker in den Mittelpunkt stellt.

Rebekka Winkemann, Heidenheim