Festival

Frühlingsträume und beflügelnde Volkslieder: So startete der Heidenheimer Liederfühling

An den ersten beiden Abenden des Liederfrühlings wurden in Heidenheim „Lieder, die beflügeln“ vorgetragen: Es ging um Zugvögel und Nachtigallen, um Sehnsucht und Frühlingsträume. Das Ensemble um Sopranistin Theresa Maria Romes zog alle Register und begeisterte das Publikum.

Der erste Abend des dreitägigen Festivals Liederfrühling trug den verheißungsvollen Titel: „Paradiesvogel und Goldkehlchen“. Das Publikum wurde mitten hineingezogen in einen romantischen Abend voller Sehnsucht und Leichtigkeit. Der südafrikanische Tenor Dr. Musa Nkuna bot einen umwerfenden Vortrag von Felix Mendelssohns „Auf den Flügeln des Gesanges“. Wunderschön begleitet von Pianistin Jieun Baek war das Publikum von Beginn an verzaubert. Auch das „Abschiedslied der Zugvögel“ oder die Nachtigall, die Krähe oder die Taube von Franz Schubert entführten die Gäste in luftige Höhen.

Das Ensemble um Sopranistin Theresa Maria Romes war hochkarätig und jede Musikerin, jeder Musiker zeigte ein Können, dass das Publikum immer wieder in jubelnden Applaus verfiel. Im Gesang trat neben Nkuna als Tenor und Romes als Sopranistin auch die ukrainische Mezzosopranistin Anna Bychkova hervor. Auch Martin Dressler an der Gitarre, Julia Berg an drei verschiedenen Klarinetten neben Baek am Klavier zeigten eine bewegende Hingabe und Meisterschaft.

Zwischen Schwermut und Humor

Zwischen den teils schwermütig romantischen, wie auch immer wieder witzig-lebensfrohen Liedern führte Moderatorin Birgit Sehon die Zuschauer mit herrlichen Anekdoten durch den Abend. Bei dem „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns sorgte sie mit den berühmten Zeilen des Humoristen Loriot „Kommt jetzt der Schwan?“ für großes Gelächter.

Sehon erzählte von der französischen Komponistin Mel (Mélanie Hélène) Bonis, die trotz ihrer großen musikalischen Begabung zeit ihres Lebens verkannt wurde. Die Vorträge ihrer Werke „Gai Printemps“ („Fröhlicher Frühling“) am Flügel und „Élève toi mon âme“ („Erhebe dich, meine Seele“) durch Nkuna und Berg, Gesang und Klarinette klagend emporsteigend, waren atemberaubend. Nach der schwungvollen Zugabe „So sei gegrüßt vieltausendmal, holder Frühling“ von Robert Schumann, arrangiert für alle Mitglieder des diesjährigen Festivals, ging das Publikum beflügelt nach Hause.

Das Wandelkonzert am Samstagabend begann im Römerbadmuseum. Foto: Markus Brandhuber

Am zweiten Abend erwartete die Zuschauer das ganz besondere Wandelkonzert. Die Musikerinnen und Musiker empfingen die Gäste zunächst an verschiedenen Stationen im Römerbadmuseum, und diese Atmosphäre, die Nähe und fast direkte Zwiesprache der Muszierenden mit dem Publikum mitten in den Ruinen der antiken römischen Siedlung waren einzigartig.

Von Beginn an verzauberten die wundervollen Volkslieder, vorgetragen in den vier Sprachen der Musiker. Nkuna begann mit südafrikanischen Wiegen- und Liebesliedern, und die atemlose Stille des Publikums während des Vortrags sagte alles. Eine unglaublich berührende Darbietung. Sehnsuchtsvoll und stark vorgetragen ging es weiter mit Volksliedern aus Lateinamerika, gespielt von dem deutsch-mexikanischen Gitarristen Dressler und fantastisch auf Spanisch gesungen von Romes. Ausdrucksvoll und mitreißend, besonders herrlich das Lied „Cucurrucucu“.

Nach den deutschen Volksliedern, sehr schön an Gitarre und Klarinette vorgetragen, trug noch Bychkova, in strahlend roter Tracht, mit großer Präsenz, Witz und schauspielerischem Können ukrainische Lebensfreude vor. Man musste kein Wort verstehen, um genau zu wissen, worum es bei „Oh, im Kirschgarten“ ging. Die Gäste strahlten.

Zum Abschluss bedrückende Lieder

In der Stadtbibliothek, dem Veranstaltungsort nach der Pause, erwartete das Publikum auch musikalisch einen großen Wandel. Sehr spannend waren die „Stimmungen eines Fauns“ der modernen Komponistin Ilse Fromm-Michaels, in denen sie die Stimmungsschwankungen und Depressionen einer Freundin vertonte, herausragend gespielt von Berg.

Leider kam es nicht zu den angekündigten Kompositionen von Nkuna. Romes sang stattdessen, wie schon einmal zu Beginn des Jahres, einige „Vedem Songs“ von Lori Laitmann, in denen die US-amerikanische Komponistin Texte aus dem Konzentrationslager Theresienstadt vertonte. Der Vortrag von Romes, Baek und Berg war beeindruckend und nachhallend, keine Frage. Trotzdem entsprach diese niederdrückende Schwere nicht dem, was man sich unter „Lieder, die beflügeln“ vorgestellt und gewünscht hätte.

Die Leichtigkeit und Freude des ersten Teils waren, zumindest an diesem Abend, nicht mehr gegeben. Hier wäre eine andere Auswahl, bei der auch noch einmal alle Musikerinnen und Musiker hätten auftreten können, schöner gewesen. Beim dritten und letzten Konzert des Festivals sollten dann aber noch einmal „Lieder, die beflügeln“ zu erleben sein.

Festival des Kunstlieds

Der Liederfrühling ist ein 2019 ins Leben gerufenes Festival, das an drei Tagen im Frühling sowie bei einem Sommer-Open-Air dem Kunstlied gewidmet ist. Ein Ensemble aus hochkarätigen Musikerinnen und Musiker trägt dabei Lieder vor, die von Komponisten verschiedenster Epochen meist zu Gedichten vertont wurden. Viele Kunstlieder sind in der Zeit der Romantik entstanden (grob von 1800 bis etwa 1900) und bringen eine enge Verbindung von Text und Musik, von Gefühl und Stimmung, Natur und Menschsein zum Ausdruck. Das Sommer-Open-Air des Liederfrühlings wird am 13. September im Heimatmuseum Herbrechtingen zu erleben sein.

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