Vier Laptops liegen gerade vor Kurt Neumeister, als er das Interview führt. Sie wurden von Privatleuten ausrangiert, doch der IT-Spezialist bringt sie wieder auf neuen Stand. Refurbished nennt man das auf Neudeutsch. Für diese gebrauchten, aber voll funktionsfähigen Geräte gibt es einen immer größer werden Markt. Doch bei Neumeister ist kein kommerzieller Gedanke dahinter. Die Geräte sind für soziale Zwecke bestimmt. Überarbeitet werden sie ehrenamtlich.
Herr Neumeister, Sie haben kürzlich das 1000. Gerät übergeben. Wer hat es bekommen?
Das war ein Paket von rund 60 Laptops, das wir an Yasemin Yelen, die Integrationsbeauftragte des Landkreises Heidenheim, übergeben haben. Viele Geräte gehen aber auch über die Integrationsmanagerin der Stadt an Geflüchtete und Bedürftige weiter – darunter auch viele Ukrainer.
Wie funktioniert die Verteilung der Geräte?
Wir geben die Geräte ausschließlich über soziale Einrichtungen weiter, nicht an Privatpersonen. So können wir sicherstellen, dass sie wirklich bei Bedürftigen landen. Neben der Stadt und dem Landkreis gehört auch die Eva Heidenheim zu unseren Hauptabnehmern – sie betreut über 400 Klientinnen und Klienten. Allein im September bekommt sie 30 neue Auszubildende aus sozial schwachen Familien. Wir rechnen damit, dass mindestens 20 davon einen Laptop benötigen. Auch mit der Diakonie und anderen sozialen Einrichtungen sind wir immer wieder im Austausch. Wir sind aber mittlerweile auch international aufgestellt. Als wir zum Beispiel das 500. Gerät übergeben haben, gingen 20 Computer an ein Blutspendezentrum in Charkiw in der Ukraine – vermittelt über den Verein „Heidenheim für Ukraine“. Dieser steht im Austausch mit Partnern vor Ort und leitet die Geräte an Schulen, Gemeinden und Einrichtungen weiter.
International aufgestellt, sagten Sie. Gibt es auch Hilfen außerhalb der Ukraine?
Ja. Vier Laptops gehen demnächst nach Ghana – für ein Brunnen- und Landwirtschaftsprojekt, das vom Rotary-Club Heidenheim-Giengen, unserem Sponsor, unterstützt wird. Der Missionar Pfarrer Michael Cobb ist gerade zu Besuch in Heidenheim und nimmt die Geräte mit. Die Software ist multilingual eingerichtet – in Deutsch und Englisch. In die Ukraine liefern wir die Geräte oft „nackt“ aus, also ohne vorinstalliertes System, da wir keine kyrillische Installation anbieten können.
Der Spender bekommt die Sicherheit, dass seine Daten nicht in fremde Hände geraten.
Kurt Neumeister, IT-Fachmann
Was passiert mit den gespendeten Geräten, wenn sie bei Ihnen ankommen?
Zunächst prüfen wir, ob das Gerät überhaupt noch verwendbar ist. Wenn ja, installieren wir ein neues Betriebssystem und rüsten es technisch auf. Wenn nicht, entsorgen wir es fachgerecht. Der Spender bekommt die Sicherheit, dass seine Daten nicht in fremde Hände geraten – entweder wird die Festplatte dreifach überschrieben oder mechanisch zerstört – mit Hammer und Meißel.

Woher bekommen Sie die Geräte?
Von Privatleuten, aber auch von Firmen. Die größte Menge spendet Hensoldt in Oberkochen – über 600 Geräte haben wir von dort bekommen. Auch aus Augsburg haben wir kürzlich 50 Laptops erhalten. Oft bauen Firmen die Festplatten vorher selbst aus, weil sie sensible Daten enthalten. Das ist verständlich – der Datenschutz steht bei uns an erster Stelle.
Was installieren Sie auf den Geräten?
Wir verwenden Windows 11, das dank vorhandener Lizenzen nichts kostet. Hinzu kommen Open-Source-Programme wie Open Office, Videoabspielprogramme und ein CD-Brenner – damit die Nutzer eine vollständige Ausstattung haben.
Wie hoch ist der finanzielle Aufwand pro Gerät?
Im Schnitt etwa 30 Euro – für neue Festplatten, Netzteile oder fehlende Kabel und Monitore. Bei 1000 Geräten kann man sich ausrechnen, was da zusammenkommt.
30.000 Euro also. Wer übernimmt die Kosten?
Der Rotary-Club Heidenheim-Giengen unterstützt uns seit viereinhalb Jahren. Ohne ihn gäbe es das Projekt in dieser Form nicht. Der Club macht immer wieder Spendenaufrufe und steht hinter uns.

Wie ist das Projekt entstanden?
Die Idee kam mir während der Corona-Zeit. Ich hatte von einem Laptop-Aufruf der Stadt Bayreuth gelesen, da ging es um Homeschooling. Kurz darauf kam über unseren Mentor Peter Hail der Kontakt zum Rotary-Club zustande. Bereits zwei Tage nach der Vorstellung bei Rotary hatten wir grünes Licht.
Wie lange dauert die Aufbereitung eines Geräts?
Das ist unterschiedlich, im Schnitt etwa drei Stunden. Wenn die Geräte in gutem Zustand sind, geht es schneller. Inzwischen sind wir gut eingespielt. Wir treffen uns jeden Mittwoch von 9 bis 16 Uhr. Jeder nimmt sich ein Gerät vor, prüft es, installiert, hakt eine Checkliste ab. Am Ende prüft ein anderer noch mal zur Qualitätssicherung. So haben wir bei über 1000 Geräten bislang nur sieben Reklamationen. Wir schaffen an einem Tag meist sechs bis acht Geräte.
Und was machen Sie mit Geräten, die nicht mehr nutzbar sind?
Die werden fachgerecht entsorgt. Manche Akkus können wir noch gebrauchen, der Rest kommt zum Wertstoffhof nach Mergelstetten. Aber eines ist klar: Was gespendet wird, gehört uns. Ob wir es verwenden oder nicht, entscheiden wir.
Wer gehört zum Team?
Wir sind fast alle Rentner. Neben mir sind das noch meine Frau Ute Neumeister, Verkäuferin, Wolfgang Rummel, Sonderschullehrer, Friedrich Theilacker, Kaufmann, Helmut Petersen, Voith Marketing, und der einzige Nicht-Rentner Oleksii Batrak aus der Ukraine. Ich selbst war lange in der IT-Branche tätig, habe vorher Werkzeugmacher gelernt und habe mit 40 Jahren eine Umschulung zum Netzwerk- und Systemadministrator gemacht. Bis um Renteneintritt habe ich in diesem Bereich in einem öffentlich-rechtlichen Versicherungsunternehmen bundesweit gearbeitet. Wenn Probleme auftreten, besprechen wir sie gemeinsam.
Wer dokumentiert, was mit den Geräten passiert?
Das macht meine Frau. Sie inventarisiert alles – vom Spender über das Gerät bis zum Empfänger. Schließlich müssen wir die Spenden transparent belegen können. Es ist alles nachvollziehbar.
Wie sichern Sie ab, dass die Geräte nicht weiterverkauft werden?
Die Empfänger unterschreiben ein Protokoll, in dem sie sich verpflichten, das Gerät nur privat zu nutzen und mindestens ein Jahr lang nicht weiterzuverkaufen.
So wird aus dem alten Laptop eine Spende
Wer einen ausrangierten Laptop spenden möchte, kann Kontakt mit der Gruppe aufnehmen per E-Mail an Laptopspende.hdh@gmail.com. Die Teammitglieder holen nach Vereinbarung auch die Geräte ab. Neben der Unterstützung von vielen Privatleuten würden sich die Ehrenamtlichen auch über Geräte-Spenden von Firmen aus unserer Region freuen.