Brücken in alle Welt

„Eat, Dive, Sleep, Repeat“ – Evelyn Habmann aus Heidenheim lebt dort, wo andere Urlaub machen

Evelyn Habmann aus Heidenheim lebt auf den Malediven. Was sie dort macht und wie sie zu diesem Inselleben kam:

Dort leben, wo andere Urlaub machen – wer hat diesen Spruch nicht schon mal gehört? Doch während sich beispielsweise Rosenheim damit brüstet, dass man „studieren kann, wo andere Urlaub machen“, nahm ich diesen Spruch ein wenig wörtlicher und lebe in einem Resort auf den Malediven und lebe tatsächlich im wahrsten Sinne des Wortes dort, wo andere ihren Urlaub verbringen!

Nach meinem Abitur zog es mich erst fürs Studium nach Bayern, später für die Arbeit nach Hamburg und danach lange Jahre nach Köln, aber irgendwann wurde mir Deutschland zu eng und der Wunsch nach „mehr“ kam auf. Mehr Reisen, mehr Erleben, freier sein. Als ich 2015 aufgrund zu hoher Arbeitsbelastung meinen Job im Baumanagement kündigte, stellte ich schnell fest, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben beides hatte: Zeit und Geld.

Weißer Sand, blaues Wasser und viele Palmen. Evelyn Habmann

Statt also in einem neuen Job wieder an meine Belastungsgrenze zu gelangen, entschloss ich mich, ein Jahr Auszeit zu nehmen und auf Weltreise zu gehen. In etwas mehr als einem Jahr bereiste ich dann einen Großteil von Asien, Ozeanien mit Australien, Neuseeland und Fiji, sowie die Westküste von Afrika von Marokko bis nach Gambia. Nach monatelangen Anpassungsschwierigkeiten an das süße Nichtstun gelang es mir endlich, den Kopf frei und die Gedanken weg von der Arbeit zu bekommen und der Wunsch, diese Leichtigkeit festzuhalten, wuchs stetig. Schnell war klar, dass das Corporate Leben nicht meins werden würde, sodass ich nach meiner Weltreise meinen Managementjob hauptsächlich dazu nutzte, Geld anzusparen. Jeder Cent, der sich umdrehen ließ, blieb auf dem Konto – ganz der Schwabe halt.

Die große Frage blieb nur: was dann? Eine zweite Weltreise? Nur diesmal länger? Und dann wieder zurück ins 9–5 Arbeitsleben? Oder länger weg, und wegbleiben? Da ich den Lifestyle meiner Tauchlehrerin in Thailand ziemlich spannend fand, reiften andere Überlegungen. Tauchen – wäre das was für mich? Auch beruflich? Auch dann, wenn es regnet, das Wasser kalt und die Gäste anstrengend sind? Keine dieser Fragen konnte ich damals klar beantworten, war aber erpicht darauf, es herauszufinden. Ich kaufte mit einem Teil meines Ersparten meine erste eigene Tauchausrüstung, fand eine Tauchbasis auf den Seychellen, die mich innerhalb von sechs Monaten gegen Mitarbeit zum Divemaster (erste professionelle Stufe) ausbilden wollte und los ging es.

Luft anhalten und abtauchen. Evelyn Habmann

Wieder einmal wurde der Job gekündigt, die Wohnung untervermietet, mein Leben in Kartons verstaut und eingemottet. Was zuerst auf ein halbes Jahr begrenzt war, wurden später fast 1,5 Jahre, in denen ich meinen Tauchlehrerschein machte und mit einem Abstecher zum Arbeiten auf die Philippinen das erste Mal 2019 auf den Malediven landete. Was sich traumhaft anhörte, war es auch, bis im März 2020 COVID auch dieses Paradies in die Knie zwang und ich nach mehreren Monaten Inselkoller zurück nach Europa kam.

Als 2021 die Malediven langsam wieder Tür und Tor öffneten, war schnell klar, wohin es gehen sollte – zurück ins Warme. Mit meinem Lebensgefährten, den ich im Job auf den Malediven kennengelernt hatte, ging es zurück ins Paradies, wo wir nach einem kurzen Inselwechsel inzwischen seit vier Jahren die Resortinsel Rannalhi im Süd-Malé-Atoll unser „Zuhause“ nennen. Dort leiten wir gemeinsam die Tauchbasis „DivePoint Rannalhi“, ein kleines, familiär geführtes Tauchcenter innerhalb einer größeren Firmenkette. Das Leben hier gestaltet sich recht einfach und übersichtlich: „Eat, Dive, Sleep, Repeat“.

Je nach Lust und Laune der Gäste tauchen wir bis zu fünfmal am Tag, von ganz früh zum Sonnenaufgang bis hin zu Nachttauchgängen. Wir bilden sämtliche Tauchstufen bis in den professionellen Bereich aus und haben eine große Anzahl an tauchneugierigen Anfängern ohne Tauchschein, mit denen wir in einem Schnuppertauchgang unsere Begeisterung und Liebe für die Unterwasserwelt teilen.

Unsere Insel ist ca. 350 × 120 Meter klein, innerhalb weniger Minuten ist man einmal drum rumgelaufen und die knapp über 250 Gäste genießen hier das warme Wasser, unsere azurblauen Lagunen und traumhafte Sonnenuntergänge – und die Taucher natürlich unsere atemberaubende Unterwasserwelt.

Eine kleine Insel, mitten im Meer. Evelyn Habmann

Das Inselleben ist recht vorhersehbar – wenig Privatsphäre, noch weniger Möglichkeiten der Freizeitgestaltung, Essen nach Wochenplan zu festgelegten Uhrzeiten – was für viele im Urlaub zum Detoxen dazu gehört, die Ruhe, die Abgeschiedenheit, ist unser normaler Alltag. Ein privates Zimmer für zwei auf 12 Quadratmeter, mehr Rückzugsfläche ist für Angestellte nicht vorgesehen. Dank des meist sonnigen Wetters halten wir uns aber auch hauptsächlich draußen auf und verbringen Zeit miteinander, unserem Team und natürlich auch mit den Gästen.

Auf einer Resortinsel lebt es sich ein bisschen wie in einer Blase weit weg der Realität: Man bekommt wenig von der lokalen Bevölkerung mit, Nachrichten können gezielt abgerufen oder vermieden werden und wer Taylor Swift ist, haben wir vor Kurzem googeln müssen. Die Abgeschiedenheit macht einen etwas weniger tolerant großen Menschenansammlungen gegenüber, Großstädte versuchen wir daher auch beim Reisen so gut es geht zu vermeiden und suchen lieber die Abgeschiedenheit. Bestimmt nicht ein Lebensmodell für jedermann, vielleicht auch nicht von unendlicher Dauer, aber solange Gesundheit und Freude uns durchs Leben begleiten, können wir uns derzeit nichts Schöneres vorstellen.

Weihnachten verpassen wir hier größtenteils, da es im Hotelbetrieb einfach nur ein normaler Arbeitstag mit größer angelegtem Galabuffet ist. Die Insel wird hell und farbenfroh dekoriert, es blinkt und leuchtet an allen Ecken und Enden und wenn ab Ende November die erste Weihnachts-Playlist gespielt wird, rollen wir hier genauso mit den Augen wie im deutschen Supermarkt. Was uns aber nicht davon abhält, mit unseren Tauchern abends gemeinsam auf einen selbstgemischten Glühwein zusammenzusitzen, Bredla zu essen und mit Nikolausmützen tauchen zu gehen.

In diesem Sinne ein „Frohes Weihnachten“ zurück ins Ländle, ein frohes Fest und ein bezauberndes neues Jahr 2026. Viele Grüße von den Malediven!