Wenn sich am Silvesterabend ein Professor, eine Geldhexe und zwei ebenso mutige wie chaotische Spione ein Wettrennen gegen die Zeit liefern, dann ist klar: Michael Endes Werk „Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch“ hat im Konzerthaus Premiere gefeiert. Die Naturtheater-Inszenierung von Carolin Bader und Christoph Valentin zeigt eindrucksvoll, wie viel Magie, Witz und Schwarzlicht in einem zweistündigen Familienwinterstück stecken kann.
Druck aus der Hölle
Professor Beelzebub Irrwitzer (Günther Herzog) hat ein Problem, und zwar ein höllengroßes. Sein Vertrag verlangt von ihm jedes Jahr eine lange Liste an Untaten: Er muss zehn Tierarten ausrotten, fünf Flüsse vergiften, 10.000 Bäume sterben lassen, mindestens eine Seuche verbreiten und das Klima durcheinanderbringen. Doch am Silvesterabend, Punkt 17 Uhr, wird klar: Er hat erst die Hälfte geschafft.
Denn zu diesem denkbar schlechtesten und sehr spontanen Zeitpunkt erscheint Maledictus Made (Jürgen Stern), ein Beamter aus der Hölle und verkündet unmissverständlich: Wird das Soll bis Mitternacht nicht erfüllt, wird der Professor gepfändet und das gnadenlos.
Tierisches Duo als Hilfe
Mitten in diese Verzweiflung wacht plötzlich der Kater Maurizio di Mauro (Oliver Cloos) auf, der bereits vor Stückbeginn auf der Bühne in seinem neonpinkfarbenen Sitzsack geschlafen hatte. Maurizio, oder wie es sich später herausstellt, Moritz ist ein sehr sensibler Kater, der früher einmal ein gefeierter Sänger gewesen sein soll. Niemand ahnt zu Beginn, dass er im Auftrag des Hohen Rats der Tiere als Spion im Haus lebt. Doch schließlich erklärt er es dem Professor und entschuldigt sich.

Kurz darauf klopft es und Rabe Jakob Krakel (Sebastian Hirschberger) stolpert herein. Offiziell ist er der Laufbursche von Irrwitzers Tante. In Wahrheit jedoch: Spion Nummer zwei.
Viel Tara und Humor
Maurizio und Jakob, das ist ein Match, das von Beginn an für Lacher sorgt. Der Kater am Rande der Tränen, der Rabe mit Rückenproblemen – ein Duo, wie es Endes Humor kaum besser treffen könnte. Ihre erste Auseinandersetzung endet in einem komplett unkoordinierten Gerangel auf dem Bühnenboden, das beim Publikum für viel Gelächter sorgte.
Dann rauscht sie herein: Tyrannja Vamperl (Sylvie Heinrich) auch bekannt als Tante des Professors und die Geldhexe. In einem unter Schwarzlicht leuchtenden gold-roten Geldkleid, pompös, laut und geschäftstüchtig. Wie ihr Neffe steckt auch sie tief in der Misere, denn auf ihrer Untatenliste sieht es kaum besser aus.
Wunschpunsch als Retter
Beide erinnern sich an das alte Rezept ihres Großvaters. Jeder besitzt eine Hälfte – gemeinsam soll es den „satanarchäolügenialkohöllischen Wunschpunsch“ ergeben, ein Trank, der jeden Wunsch erfüllt, ihn aber gleichzeitig ins Gegenteil verkehrt: ein gutes Leben? Wird zur Qual. Ein Jahr voller Glück? Wird zum Unglück. Doch all dies muss vor dem ersten Glockenschlag des Silvestergeläutes erfolgen, denn sonst passiert das Gegenteil.

Während die Magier Pläne schmieden, hocken Maurizio und Jakob zwischen Papierfetzen in einer Mülltonne und belauschen jedes Wort. Anschließend wollen sie den Plan, den Wunschpunsch zu brauen, zerstören, indem sie das Rezept verbrennen. Damit beginnt der eigentliche Wettlauf gegen die Uhr – tierisch, tollpatschig und temporeich.
Eine magische Silvesternacht
Das Naturtheater setzt in dieser Winterproduktion stark auf Technik, und das mit beeindruckender Wirkung. Unter dem Lichtdesign von Steffen Vogel und seinem Team entsteht eine Welt, die zugleich unheimlich, verspielt und magisch wirkt: Irrwitzers neonfarbene Augen und seine giftgrünen Knöpfe und Handschule, grell leuchtende Trankzutaten und Kostümdetails schimmern im Schwarzlicht, während Funken und kleine Pyroeffekte den Momenten böser Magie zusätzlichen Nachdruck verleihen. Wenn Irrwitzer braut oder Tyrannja tobt, zischt und knallt es – ohne jemals überladen zu wirken, sondern stets als stimmige Ergänzung zum Stück.
Das Bühnenbild von Christian Horn bleibt reduziert, nutzt aber einzelne starke Akzente – etwa einen Stuhl am Dach oder farbkräftige Elemente. Hardy Keppler und sein Requisitenteam sorgen mit wenigen, aber pointiert eingesetzten Objekten dafür, dass auch visuell nie Langeweile entsteht. Die Kostüme schließlich setzen klare Zeichen: Irrwitzers giftgrüne Leuchtelemente, Tyrannjas funkelndes Geldkleid und die neonfarben-grotesken Accessoires der Bösewichte verleihen der Inszenierung ihren unverwechselbaren Schwarzlicht-Charme – ein Genuss für Kinderaugen und ein atmosphärischer Gewinn für das gesamte Stück.
Neben den Hauptrollen glänzen auch die Nebenfiguren: Marita Kasischke als Statue, Anette und Ulrike Valentin als himmlische Engel – sie alle fügen sich charmant in die verzauberte und verkorkste Welt ein.
Das Naturtheater Heidenheim liefert mit dieser Wunschpunsch-Inszenierung ein energiegeladenes Stück ab, das mit Humor, bunten Momenten und einer kindgerechten Portion Grusel überzeugt. Etwas schade ist allerdings, dass die Inszenierung eher wie ein Silvesterstück wirkt, als wie ein klassisches Weihnachtsstück. Nichtsdestotrotz stehlen Maurizio und Jakob die Herzen des Publikums, Irrwitzer und Tyrannja sorgen für herrlich überzeichnete Bösewicht-Momente – und gelungene Effekte verleihen dem Nachmittag eine ganz eigene Ästhetik.
Infos zum Stück
Das Stück ist für Kinder ab sechs Jahren geeignet und dauert rund zwei Stunden. Gespielt wird vom 22. November bis zum 14. Dezember 2025. Es gibt nur noch wenige Restkarten. Infos unter www.naturtheater.de.