Insolvenz verschleppt

Bewährungsstrafe für Ex-Geschäftsführer: Spätes Nachspiel einer Firmenpleite

Zu acht Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, wurde der frühere Chef eines Heidenheimer Dienstleistungsunternehmens verurteilt. Er hatte seine Firma weiterlaufen lassen, obwohl sie längst überschuldet war.

Es ist für einen ehemaligen Unternehmer sicherlich nicht schön, wenn seine untergegangene Firma öffentlich als „Saftladen“ bezeichnet wird. So geschehen vor dem Heidenheimer Amtsgericht, wo sich ein gebürtiger Ulmer wegen Insolvenzverschleppung und Bankrotts verantworten musste. Mitten in der Beweisaufnahme seufzte der Angeklagte, er strebe bestimmt keine weitere Selbständigkeit an.

Es war einiges zusammengekommen: Zu Beginn der Corona-Pandemie arbeitete der 58-Jährige in einem Heidenheimer Unternehmen, das vielerlei Dienstleistungen anbot. Der damalige Geschäftsführer musste seine Position nach einer strafrechtlichen Verurteilung räumen, also sprang der nun Angeklagte ein. Faktisch teilten sie sich die Führung. Offenbar war er damit aber überfordert. In den Wirren der ersten Corona-Wellen stornierten Kunden ihre Aufträge, der Betrieb geriet mehr und mehr in Schieflage.

Kurzarbeitergeld nicht ausbezahlt

Die beiden Männer unternahmen einen Rettungsversuch, indem sie Teile der Belegschaft bei der Arbeitsagentur zur Kurzarbeit anmeldeten. Dabei kam es offenbar zu Verstößen: Manche der Beschäftigten bekamen das Kurzarbeitergeld, das als Teilersatz für den Lohnausfall dienen soll, nicht ausbezahlt, andere erhielten die Ersatzleistung, obwohl sie Vollzeit arbeiteten. Laut Anklage sollen auch Personen als kurzarbeitend gemeldet worden sein, die gar nicht im Unternehmen angestellt waren.

Darüber, wer nun die mutmaßlich betrügerischen Anträge unterschrieben und das Geld missbräuchlich verwendet hatte, machten die Männer, die zunächst beide angeklagt waren, sehr unterschiedliche Aussagen. Es war spürbar, dass die einstigen Freunde sich längst entzweit haben. Weil einerseits der Schaden durch den Betrug überschaubar war und der frühere Geschäftsführer bereits in einem anderen Strafverfahren verurteilt worden war, stellte Richter Dr. Christoph Edler das Verfahren hinsichtlich dieser Vergehen ein. Der jüngere der beiden Angeklagten konnte den Gerichtssaal bei laufender Verhandlung verlassen.

Firma versank im Chaos

Der 58-Jährige war allerdings auch wegen Insolvenzverschleppung und Bankrotts angeklagt. Im Laufe des Jahres 2021 war das Unternehmen, das er zu diesem Zeitpunkt zumindest auf dem Papier allein verantwortete, kaum mehr zahlungsfähig. Rechnungen wurden nicht mehr beglichen. Offenbar wurde aber auch für geleistete Arbeiten keine Rechnungen mehr gestellt.

Der Angeklagte erklärte, er sei damals schwer erkrankt und über Monate praktisch nicht in der Firma gewesen. Das Unternehmen versank zunehmend im Chaos, und als Geschäftsführer versäumte er es, rechtzeitig den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen. Dadurch liefen immer weitere Außenstände auf. Weil der Mann diesen Vorwurf nach Beratung mit seinem Verteidiger einräumte, gingen Ankläger und Gericht im weiteren Verlauf nur noch von einer fahrlässigen Insolvenzverschleppung aus.

Bestehen blieb jedoch der Vorwurf des Bankrotts: Die Firma hatte über Jahre hinweg keine Bilanzen mehr erstellen lassen. Die Begründung: Nachdem ein Steuerberater sein Mandat niedergelegt hatte, habe man keinen neuen Fachmann finden können. Die Bilanzen selbst zu erstellen, traute sich wohl niemand zu. Dadurch blieben Gläubiger des Unternehmens in der Annahme, dass alles in Ordnung war.

„Es war ein komplexes Geflecht in diesem Saftladen“, stellte der Vertreter der Staatsanwaltschaft in seinem Plädoyer fest. Bereits im Frühjahr 2021 hätte seiner Ansicht nach ein Insolvenzantrag gestellt werden müssen. Stattdessen sei der Karren „immer weiter in den Dreck gefahren“ worden. Zugutehalten wollte der Ankläger dem Mann, dass er bislang vollkommen unbescholten und zudem gesundheitlich eingeschränkt war. Außerdem lägen die Taten bereits sehr lange zurück, ohne dass es seither zu neuen Delikten kam. Der Staatsanwalt hielt eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von neun Monaten samt einer Geldauflage in Höhe von 3000 Euro für angemessen.

Der Verteidiger hielt sieben Monate für ausreichend und plädierte für einen Verzicht auf eine Geldauflage, da sein Mandant auch noch Verbindlichkeiten aus der Insolvenz begleichen müsse.

Richter Edler verurteilte den 58-Jährigen zu acht Monaten Haft, ausgesetzt zur Bewährung, und einer Geldauflage von 2000 Euro.

Bankrott kann eine Straftat sein

Im Volksmund wird Bankrott im Allgemeinen mit einer „Pleite“ gleichgesetzt. Das Strafgesetzbuch kennt allerdings auch den Straftatbestand des Bankrotts, der beispielsweise vorliegt, wenn Verantwortliche eines Unternehmens ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Aufstellen von Bilanzen nicht nachkommen und dadurch die Übersicht über ihren Vermögensstand erschweren oder die tatsächlichen geschäftlichen Verhältnisse verheimlichen.

Der Begriff Bankrott wird vom italienischen „banca rotta“ („zerbrochene Bank“) abgeleitet und steht im wirtschaftlichen Zusammenhang für die Zahlungsunfähigkeit eines Unternehmens.

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