Einblicke in die Produktion von Ziegler

Warum beim Bau von Feuerwehrfahrzeugen in Giengen jeden Tag eine Hochzeit gefeiert wird

Die Freiwillige Feuerwehr der Gemeinde Sontheim/Brenz holt voraussichtlich im Mai ihr nagelneues Löschgruppenfahrzeug bei der Firma Ziegler in Giengen ab. Der Weg bis zu diesem Tag dauert rund zwei Jahre. Ziegler-Vertriebsleiter Hans Mayr erklärt, was alles zu tun ist, welche Produktionsschritte es gibt und warum die Hochzeit einer davon ist.

Wenn Sportlerinnen und Sportler aus Altersgründen nicht mehr mithalten können und ersetzt werden, ist das für sie oft sehr hart. Feuerwehrautos können zwar vermutlich nicht fühlen, sie ereilt aber dennoch früher oder später das gleiche Schicksal. So geschehen beim Löschgruppenfahrzeug (LF) 16/12 der Sontheimer Feuerwehr. Der örtliche Gemeinderat beschloss, es zu ersetzen, und musste das neue Fahrzeug europaweit ausschreiben.

Hier kamen die Albert Ziegler GmbH und Hans Mayr ins Spiel. Das Giengener Unternehmen hat die Ausschreibung gewonnen, die Sontheimer Feuerwehr erhält nun ein LF 20. Das kostet die Gemeinde mehr als 500.000 Euro, bei deren Zahlung sie jedoch mit einem Beschaffungszuschuss des Landes Baden-Württemberg in Höhe von 92.000 Euro unterstützt wird. Auf die Vergabe an Ziegler folgte ein Auftragsklärungsgespräch, in dem die Details des Löschgruppenfahrzeugs besprochen und die Meilensteine auf dem Weg bis zur Übergabe festgelegt wurden. Anschließend erstellte Ziegler einen genauen Plan für die Verlastung der Beladung im Fahrzeug, den die Gemeinde prüfte und freigab.

Circa drei Monate reine Bauzeit

Bis zum Start der tatsächlichen Bauzeit sollte es allerdings noch dauern. Ziegler ist für den Bau seiner Feuerwehrfahrzeuge natürlich auch auf Lieferanten angewiesen. „Vor Corona waren die Lieferzeiten bei rund vier bis sechs Monaten, inzwischen liegen sie immerhin wieder unter zwölf Monaten“, berichtet Mayr. Ziegler baut hauptsächlich auf MAN- und Daimler-Fahrgestellen auf. Beim Ausschreibungsverfahren von Sontheim gewann Daimler, sodass im Januar nun ein Atego Allrad 1630 mit 4.160 Millimetern Radstand am Werksgelände ankam.

Das Daimler-Fahrgestell für das Sontheimer LF 20 kam im Januar in Giengen an. Der Sonderwunsch: ein roter Kühlergrill. Ziegler

Inzwischen steht es in einer der Fertigungshallen und wird für die weitere Produktion vorbereitet. „Es ist wie ein großer Lego-Baukasten“, sagt Hans Mayr, der über das 18.000 Quadratmeter große Ziegler-Gelände führt, die Taktstraßen präsentiert und Schritt für Schritt erklärt, wie in Giengen aus einem Fahrgestell ein fertiges Feuerwehrfahrzeug wird.

1. Vorfertigung und Lackierung

Die gesamte Produktion von Fahrgestelleingang bis hin zur Abnahme dauert vier bis fünf Monate, die Vorfertigung beginnt allerdings schon früher. So stellt Ziegler etwa selber Schläuche her, schneidet mithilfe einer Lasermaschine die benötigten Metallteile aus und leistet in der eigenen Dreherei und Fräserei Vorarbeit für die Herstellung der Pumpe. In der Lackierhalle werden verschiedene Bauteile mit dem typischen „Feuerwehrrot“ lackiert. Auch die Folierung nach Kundenwunsch und zum Schluss der Unterbodenschutz erfolgen in der Lackierhalle.

Hans Mayr ist Vertriebsleiter Süd bei Ziegler und führt durch die Produktionshallen. Rudi Penk

2. Löschtechnik, Kabine und Koffer

Der zweite Schritt besteht eigentlich aus drei Schritten, die parallel ablaufen. Einer davon ist die Fertigung der Pumpe, Mayr zufolge das „Herzstück eines Feuerwehrfahrzeugs“. Das Sontheimer LF 20 wird über 2.000 Liter pro Minute fördern können. Der Wassertank wird 2.500 Liter Wasser fassen können.

Als weitere Ziegler-Kernkompetenz nennt Mayr die sogenannte „Z-Cab“. Das unternehmenseigene Design des Mannschaftsraums entsteht in einer Taktstraße und ist später in jedem Löschgruppenfahrzeug zu finden. Üblicherweise bietet die Kabine Raum für sieben Feuerwehrleute, sodass zusammen mit dem Fahrer und dem Beifahrer im Fahrerhaus die gesamte neunköpfige Löschgruppe Platz hat.

Anschnallen bitte! Der Mannschaftsraum in den Löschgruppenfahrzeugen von Ziegler bietet Platz für sieben Feuerwehrleute. Rudi Penk

Parallel dazu wird der Koffer gebaut, der später auf das Fahrgestell montiert und dann beladen wird. Dabei vertraut Ziegler auf sein Aluminium-Paneel-System (Alpas), bei dem der Koffer aus einzelnen Modulen verschraubt wird.

3. Die Hochzeit

„Bei uns wird jeden Tag eine Hochzeit gefeiert“, sagt Vertriebsleiter Mayr. Hochzeit wird die Verbindung des Fahrgestells mit der Pumpe, der Kabine und dem Koffer genannt. Der Koffer wird dabei mit einem Deckenkran aufgesetzt. Das Fahrgestell für die Sontheimer Feuerwehr wurde zum Zeitpunkt des HZ-Besuchs Mitte Januar gerade „für die Hochzeit hergerichtet“.

Jeden Tag eine Hochzeit: Ein Ziegler-Mitarbeiter arbeitet im Koffer, der zuvor auf das Fahrgestell aufgesetzt wurde. Rudi Penk

4. Der Innenausbau

Weiter geht es mit dem Innenausbau des Fahrzeugs, für den Ziegler mit jedem Auftraggeber einen individuellen Beladeplan, der rund 200 Beladungsteile beinhaltet, ausarbeitet. Üblich sind etwa ein Stromerzeuger, Feuerlöscher, Schläuche, Brechwerkzeug, Kabeltrommeln, eine Motorsäge, Besen, Schaufeln, einige Werkzeuge, Anschlüsse für Strom, Luft, Wasser und Schaum und sogar eine Hygienewand mit Wasserhahn und Desinfektionsmittel. Generell haben die Fahrzeuge viel Material zur technischen Hilfeleistung geladen. „Die Brandbekämpfung macht je nach Region nur etwa ein Viertel der Einsätze aus“, erklärt Mayr. Der Vertriebsleiter präsentiert außerdem stolz das Bedienkonzept „Z-Control“, mit dem etwa Blaulicht und Martinshorn im Fahrerhaus und die Pumpe am Heck des Fahrzeugs möglichst einfach bedient werden können.

Nach der Hochzeit wird der Koffer mit Material zur technischen Hilfeleistung und Brandbekämpfung beladen. Rudi Penk

5. Rohbauabnahme, Kontrollen und Abholung

In den finalen Schritten kommt der Auftraggeber zunächst zur Rohbauabnahme zu Ziegler. „Beim Sontheimer LF 20 wird das im März oder April sein. Dann ist das Fahrzeug etwa zu 90 Prozent fertig“, sagt Mayr. Nachdem die letzten Details ergänzt wurden, stehen noch einige Kontrollen an, darunter die TÜV-Untersuchung. Rund zwei Jahre nach Auftragseingang dürfen die Sontheimer Feuerwehrleute dann zur feierlichen Abholung ihres neuen Fahrzeugs auf das Ziegler-Gelände kommen.

Das ist die Albert Ziegler GmbH

Die Albert Ziegler GmbH beschäftigt an ihren sieben Standorten in Deutschland, den Niederlanden, Kroatien und Italien insgesamt rund 1300 Menschen, von denen 600 am Stammsitz in Giengen arbeiten. Auf dem 80.000 Quadratmeter großen Gelände werden im Jahr über 200 Feuerwehrfahrzeuge produziert – alle auftragsbezogen.

Das Repertoire reicht von klassischen Löschgruppenfahrzeugen über Fahrzeuge für den Katastrophenschutz bis zu Flugfeld-Löschfahrzeugen für Flughäfen. Zu den Hauptauftraggebern gehört die Bundeswehr, die aktuell rund 500 Fahrzeuge von Ziegler im Einsatz hat. Wie Hans Mayr, Vertriebsleiter Süd, berichtet, sind die Hauptherausforderungen für das Unternehmen die Preissteigerungen in der gesamten Industrie in den letzten zwei Jahren, welche zulasten von Ziegler gingen, da das Unternehmen in der Regel zu Festpreisen anbieten musste, ohne Mehrkosten an die Kunden weitergeben zu können.

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