Viel Bürgerbeteiligung

Stadtentwicklungsplan Giengen: Auf 111 Seiten in die Zukunft

Dutzende Einzelmaßnahmen sollen Giengen und die Teilorte lebenswerter und bürgerfreundlicher machen. Dafür braucht es Geduld: Die Verantwortlichen rechnen mit 15 bis 20 Jahren für die Umsetzung.

Genau 111 Seiten umfasst der Stadtentwicklungsplan „StrateGIENGEN“, den die Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Projektpartner Wüstenrot nun vorgelegt hat. In mehreren Runden und Formaten wurden die Giengener Bürgerinnen und Bürger daran beteiligt. Daher liest sich das Planwerk über weite Strecken auch wie eine Wunschliste der Bürgerschaft. Während jedoch eine kindliche Wunschliste pünktlich zu Weihnachten von den Eltern abgearbeitet sein sollte, ist in Giengen klar: Für vieles wird es einen langen Atem brauchen. Der Gemeinderat segnete den Plan einstimmig ab.

Es handelt sich beim Giengener Stadtentwicklungsplan nicht um einen kleinteiligen Maßnahmenkatalog. Vielmehr wurden über Monate hinweg Handlungsfelder abgesteckt, die jetzt einen Rahmen für die kommenden Jahre bilden. „Er dient sowohl Oberbürgermeister und Verwaltung als auch dem Gemeinderat als Arbeitspapier“, heißt es im Text. Zudem haben die Autoren empfohlen, die auf dem bisherigen Weg gepflegte Bürgerbeteiligung fortzuführen und die Einwohnerinnen und Einwohner zumindest regelmäßig über die Entwicklungen der Stadt zu informieren. Nicht zuletzt könne Beteiligung eine hohe Akzeptanz für einzelne Maßnahmen schaffen.

StrateGIENGEN: Umsetzung binnen 15 bis 20 Jahren

Auf kurzfristige Umsetzung ist dabei nur ein Teil der Maßnahmen angelegt. Der Zeitrahmen liegt laut Wüstenrot-Projektleiterin Sophie Ungerer bei 15 bis 20 Jahren. Das Ziel sei eine „alltägliche Innenstadt“, die für Bürgerinnen und Bürger zur selbstverständlichen Anlaufstelle wird.

Ein Metzger in der Giengener Innenstadt gehört zu den Zielen des Stadtentwicklungsplans. Der Raum dafür steht längst bereit. Rudi Penk

Dabei sind nicht alle der in langen Tabellen versammelten Maßnahmen wirklich neu. Unter dem Stichwort der städtebaulichen Gestaltung und Anpassung an den Klimawandel ist beispielsweise von der Pflege bestehender Grünflächen und dem Ausbau des städtischen Grüns die Rede – ohnehin eine Daueraufgabe einer Kommune. Aber es geht auch um die „Revitalisierung von Gebieten mit schlechter Bausubstanz“ oder um die Sicherstellung der Trinkwasserqualität. Andere Punkte wie die Förderung von barrierefreiem Wohnraum sind bereits in der Umsetzung.

Das Handlungsfeld „Bildung, Betreuung und gesundheitliche Versorgung“ ist zum Teil ebenfalls geprägt von Themen, die in der Kommunalpolitik der vergangenen Jahre immer wieder auftauchten. So wird der Sanierungsstau an den Giengener Schulen als Daueraufgabe gewertet, während etwa die Eröffnung einer barrierefreien Apotheke in der Südstadt noch Zukunftsmusik ist. Als kurzfristig lösbares Problem ist notiert, für den Mensabereich des Margarete-Steiff-Gymnasiums größere Mülltonnen anzuschaffen. Dies war im Zuge der Jugendbeteiligung von Schülerinnen und Schülern an die Stadtverwaltung herangetragen worden.

Bahnhofsareal soll ansprechend werden

Ein Thema, das nicht zuletzt die jungen Menschen in Giengen bewegt, ist ein attraktives Einkaufsangebot abseits von Lebensmitteln. Niederschlag fand dies im dritten Handlungsfeld „Einzelhandel, Gastronomie und Gewerbe“. Dort findet sich auch die Ansiedlung einer Metzgerei in der Innenstadt. Der für Giengen gesuchte „Super-Metzger“ hat sich allerdings trotz vieler Bemühungen noch nicht finden lassen. Aufgelistet sind zudem die „Verbesserung der Nahversorgung in Burgberg“, die Stärkung des Wochenmarkts oder die Umsetzung einer „Giengener Treuepunkte-App“, die im Stadtentwicklungsplan als „nette Idee“ gewertet wird.

Wie die Innenstadt das ganze Jahr über belebt werden könnte, ist ebenfalls eine Aufgabe aus dem Stadtentwicklungsplan Rudi Penk

Unter dem Punkt „Mobilität und Erreichbarkeit“ will man zum Beispiel das Bahnhofsareal optisch und funktional aufbessern, um das Bahnfahren attraktiver zu machen. Auch die innenstadtnahen Parkmöglichkeiten sollen erhöht werden, zudem sollen die Busrouten analysiert und bei Bedarf angepasst werden.

Das fünfte Handlungsfeld „Freizeit, Tourismus und Naherholung“ soll dazu beitragen, dass Natur- und Erholungsräume geschaffen und gepflegt werden. Bereits bestehende Veranstaltungen sollen mithilfe von Sponsoren dauerhaft gesichert werden. Zu diesem Bereich gehört aber auch „die Förderung eines guten, multikulturellen Zusammenhalts unter Jugendlichen“, um den Austausch und das Verständnis zwischen verschiedenen Kulturen zu stärken. Auf der Wunschliste steht beispielsweise auch die Einrichtung eines Gemeinschaftszentrums für Vereine.

Bürger sollen regelmäßig informiert werden.

„Das sind viele dicke Bretter“, sagte Martin Herrmann vom CDU-Wählerblock zusammenfassend. Der Stadt würden aber auch „die Grenzen aufgezeigt“: Viele Themen seien nicht allein von der Kommune umzusetzen, sondern bräuchten „viele Akteure, die sich bestenfalls mit engagieren und mitfinanzieren“. Wichtig sei, turnusmäßig über den Stand der Umsetzung zu informieren.

„Wir sind ja eigentlich schon in der Spur“, befand Wilhelm Oszfolk (SPD), Giengen sei auf vielen Feldern aktiv. Eines der großen Projekte seien die Burgwiesen, anderes könne schneller umgesetzt werden. Den Begriff der „alltäglichen Innenstadt“ fand Ute Goppelt (SPD) zentral. Aktionen wie die Konzertreihe „Halb 8“ seien zwar wichtig, könnten die Innenstadt aber nicht dauerhaft beleben. „Wir müssen überlegen, was wir in die Innenstadt bekommen können“, so Goppelt.

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