Wenn der erste Sprung vom Beckenrand geschafft ist, helles Kinderlachen über das Wasser schallt und kleine Arme eifrig Kraulbewegungen üben, ist klar: Es ist wieder Zeit für den Sommerschwimmkurs der TSG Giengen. Von Mittwoch, 30. Juli, bis Donnerstag, 7. August, wurde im Bergbad geplanscht, geübt und geschwommen – mit mehr Teilnehmern denn je. Insgesamt 46 Kinder zwischen fünfeinhalb und elf Jahren waren in diesem Jahr dabei.
Die Bandbreite unter den kleinen Schwimmerinnen und Schwimmern war groß: Manche standen das erste Mal in einem Schwimmbecken, andere konnten ihr Seepferdchen machen – oder sogar das Bronzeabzeichen. In insgesamt sieben Gruppen, individuell angepasst an die Vorkenntnisse der Kinder, wurde acht Tage lang geübt, geplanscht und geschwommen. Das wichtigste Ziel eines solchen Sommerschwimmkurses ist dabei gar nicht das Abzeichen, sagt Gaby Häußler, die Leiterin des Kurses: „Wir wollen, dass die Kinder ein Gefühl für Wasser bekommen. Dass sie sich wohlfühlen und wissen, wie sich Wasser anfühlt und wirkt – auf der Haut, im Gesicht, in den Ohren.“ Die Gewöhnung an Wasserspritzer, das angstfreie Springen, das Tauchen nach einem Gegenstand – all das gehöre dazu.
Ehrenamtliches Engagement
Möglich wird ein solcher Kurs erst durch den Einsatz eines rund zehnköpfigen Teams aus Ehrenamtlichen, dem sowohl erfahrene Schwimmlehrer als auch Nachwuchskräfte angehören. Einige der Helferinnen und Helfer nehmen sich für die Kurszeit extra Urlaub, andere kommen in ihrer Mittagspause vorbei. Die Organisation im Hintergrund – von der Anmeldungsabwicklung bis hin zum Urkundendruck – läuft über Homeoffice und findet ebenso ehrenamtlich statt. „Ich bin wirklich stolz auf dieses Team“, sagt Häußler. „Das ist nicht selbstverständlich. Viele richten in dieser Zeit ihren gesamten Tagesablauf nach dem Kurs. Und nur so können wir den Kindern die nötige Aufmerksamkeit geben.“
Die Kinder werden täglich akribisch von der Kursleiterin selbst beobachtet – wie sie sich im Wasser bewegen, wie sicher sie schwimmen, ob sie in der richtigen Gruppe sind. Manchmal sei der Wechsel in eine andere Gruppe sinnvoll, um neue Lernschritte ermöglichen zu können. „Jedes Kind wird dort abgeholt, wo es steht“, sagt Häußler.
Tradition und besondere Gäste
Der Sommerschwimmkurs hat in Giengen längst Tradition – seit 40 bis 50 Jahren existiere er nach Schätzung von Häußler bereits. „Ich war selbst als Kind schon hier“, erinnert sie sich. Selbst in Pandemiezeiten fand der Kurs unter besonderen Auflagen statt. „Und wir ziehen den Unterricht auch bei schlechterem Wetter hier im Bergbad durch“, merkt die Schwimmtrainerin an. Da das Hallenbad aufgrund von Sanierungsarbeiten momentan geschlossen ist, fand der Kurs in diesem Jahr komplett unter freiem Himmel statt. Mit dabei war dieses Mal auch ein besonderer Gast: Die Giengenerin Helga Reiser, amtierende Masters-Europameisterin im Schwimmen, unterstützte das Team, bis sie am Sonntag nach Singapur flog, um dort bei den Masters-Weltmeisterschaften anzutreten. „Dass sie sich dafür noch die Zeit nimmt, hier mitzumachen, ist wirklich bemerkenswert“, sagt Häußler.
Auch wenn viele Kinder am Ende des Kurses ein Seepferdchen oder Bronzeabzeichen mit nach Hause nehmen – für die Organisatoren steht vor allem eines im Vordergrund: die Sicherheit und der Spaß. „Es geht darum, dass sich die Kinder über Wasser halten können. Das kann Leben retten“, sagt Häußler. „Und es geht darum, Spaß zu haben, Selbstvertrauen zu gewinnen, das Wasser als Freund zu erleben.“ Weiter geht es mit den Schwimmkursen der TSG Giengen bei einem Bronze-Kurs ab Herbst in Herbrechtingen.
Zahl der Nichtschwimmer-Kinder steigt
Nach Angaben der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kann mittlerweile jedes fünfte Grundschulkind in Deutschland nicht schwimmen – das entspricht rund 20 Prozent der Sechs- bis Zehnjährigen. Im Vergleich zu 2017 hat sich dieser Anteil damit verdoppelt. Besorgniserregend ist aus Sicht der DLRG auch, dass 58 Prozent der Kinder am Ende der Grundschule keine sicheren Schwimmer sind. Viele von ihnen besitzen zwar das Seepferdchen-Abzeichen, das jedoch keine ausreichende Sicherheit im Wasser garantiert. Erst mit dem Bronzeabzeichen, dem sogenannten Freischwimmer, gelten Kinder als sichere Schwimmer.
Als Ursachen für die negative Entwicklung nennt die DLRG unter anderem die abnehmende Zahl an Schwimmbädern, den fehlenden Schwimmunterricht an vielen Schulen sowie soziale Unterschiede – denn besonders häufig betroffen sind Kinder aus einkommensschwachen Familien. Um gegenzusteuern, fordert die Organisation flächendeckenden Schwimmunterricht an Schulen und eine bundesweite Analyse, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln.