Erneuerbare Energien

PV-Anlagen: Darum sind einige große Dächer im Industriepark bei Giengen noch leer

Warum haben viele Hallen im Industriepark an der Autobahn bei Giengen keine großflächigen PV-Anlagen auf dem Dach? Die Antwort darauf ist keine einfache.

Große Hallen mit großflächigen Dächern: die finden sich im Giengener Industriepark im Dreieck zwischen Autobahn und Bundesstraße. Eigentlich würden sich die Dächer wunderbar für Photovoltaik eignen. Und weil das so ist, gibt es seit Fertigstellung der ersten Gebäude eine Diskussion darüber – nicht nur im Gemeinderat der Stadt, wie in der zurückliegenden Sitzung. Was dabei bisweilen nicht bekannt ist, ist die sich verändernde Lage bei Gesetzen und Vorschriften.

Zur Aufstellung des Bebauungsplans Ende der 2010er-Jahre sei der Stadt Giengen, so Bürgermeister Alexander Fuchs, die Ökologie mit der Begrünung der Dächer wegen der großen Versiegelung sehr wichtig gewesen. „Diese war gesetzlich nicht Pflicht, deshalb haben wir diese verpflichtend in den Plan mit aufgenommen. Photovoltaik haben wir damals als Option zusätzlich zu den Gründächern mit aufgenommen“, sagt der Bürgermeister.

Die gesetzliche Pflicht zur Belegung der Dächer mit PV-Anlagen kam erst nach dem Beschluss zum Bebauungsplan: Maßgeblich ist, so die Leiterin des Baurechts- und Planungsamtes bei der Stadt Giengen, Claudia Schnürle, das „Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW)“. Das ist zum Januar 2022 in Kraft getreten und schreibt die Verpflichtung vor, auf neu zu errichtenden Nichtwohngebäuden und offenen Parkplatzflächen Photovoltaikanlagen zu installieren. Seit Mai 2022 gilt die Verpflichtung zudem für den Neubau von Wohngebäuden und seit Januar 2023 für die grundlegende Dachsanierung.

Stichtag für Neubauvorhaben sei der Eingang des Antrags auf Baugenehmigung bei der zuständigen Behörde. Schnürle zufolge haben im Giengener Industriepark Firmen für folgende Gebäude vor dem 1. Januar 2022 einen Bauantrag gestellt und sind somit nicht PV-pflichtig: Noerpel, Amazon/Garbe und Logproject.

Keine Einspeisung ins Netz möglich

Auf allen anderen Gebäuden müsste sich also eine PV-Anlage befinden. „Für heutige Bauanfragen gilt die Pflicht zu den Gründächern und die Pflicht zur PV-Belegung“, sagt Fuchs. In der Praxis ist das allerdings nicht so. Weil: es ist – im Unterschied zur Freiflächenanlage an der Autobahn – keine oder nur eine geringe Einspeisung ins Netz möglich.

Eben weil keine ausreichende Leitung vorhanden ist, werden, so erklärt Schnürle, befristete Befreiungen ausgesprochen – jeweils für die Dauer von einem Jahr. So lange nachgewiesen wird, dass keine Einspeisung möglich ist, werde die Befreiung jeweils um ein weiteres Jahr verlängert.

Die Befreiung erstrecke sich jedoch nur auf den Teil, der nicht eingespeist werden kann – der Rest muss laut Schnürle hergestellt werden. Heißt also: PV für den Eigenverbrauch muss installiert werden.

Zur Frage, ob zeitlich absehbar sei, wann es eine ausreichend starke Leitung zur Einspeisung gibt, sodass die Befreiungen nicht mehr ausgesprochen werden müssen, sagt Bürgermeister Fuchs: „Hierbei soll natürlich eine vollflächige Ertüchtigung der Stromnetzleitungen im gesamten Gemarkungsgebiet erfolgen, da sowohl die Umstellung von dezentralen PV-Dachanlagen, der dezentralen Wärmeerzeugung als auch im Mobilitätsbereich eine vollflächige Ertüchtigung der Stromleitungen erfordern. Diese Ertüchtigung wird sicher noch mindestens die kommenden zehn Jahre in Anspruch nehmen.“ Über den zeitlichen beziehungsweise den örtlichen Ausbauplan lägen allerdings noch keine Detailinformationen vor. Deshalb könne, Stand heute, noch nicht konkret gesagt werden, wie lange Befreiungen in den jeweiligen Gebieten ausgesprochen werden müssen.

Der Bau des Pavillons an der Bühlschule geht voran. Nach Fertigstellung wird es erstmal eine Befreiung für eine PV-Anlage geben. Luftbild-Geyer

Derlei Befreiungen greifen allerdings nicht nur im Industriepark, sondern auch bei anderen Gebäuden im Stadtgebiet: In der Südstadt wird derzeit ein Pavillon gebaut. Gemäß Gesetz unterliegt er einer PV-Pflicht. Auch hier, so Schnürle, werde die Regelung der Befreiung greifen – weil offenbar keine Einspeisung möglich ist.